16. Februar 2009

„Hirräi“ – SJD-Urzelseminar

Vom 16. bis 18. Januar fand in Weissach bei Leonberg das zweite Urzelseminar der Siebenbürgisch-Sächsischen Jugend in Deutschland (SJD) statt. Im Gegensatz zum ersten Urzelseminar vor rund zehn Jahren, auf dem lediglich Vorträge und der Besuch des Urzellaufs in Sachsenheim als Zaungast auf dem Programm standen, nähten die Teilnehmer dieses Mal ihren eigenen Urzelanzug.
Schon am Freitagabend trafen sich die 13 Teilnehmer im CVJM-Heim in Weissach bei Leonberg. Beim gemeinsamen Abendessen wurden Erfahrungen und Kenntnisse über die Urzeln ausgetauscht und der Bundesjugendleiter Rainer Lehni hielt einen kurzen Vortrag zur Geschichte der Urzeln und zum Ablauf des Urzellaufs. Anschließend wurden mehrere Videos von Urzelläufen in Agnetheln und Sachsenheim vorgeführt. Den Abend ließen die Teilnehmer in einer gemütlichen Runde ausklingen.
Die Teilnehmer des Urzelseminars der SJD nach ...
Die Teilnehmer des Urzelseminars der SJD nach getaner Arbeit. Foto: Karin Nägler
Samstagmorgen ging es direkt nach dem Frühstück an das Nähen der Urzelanzüge. Gwendoline Onghert-Renten, Kassenwart der SJD, übernahm an diesem Wochenende die Leitung des Seminars und erklärte den Teilnehmern zunächst die Vorgehensweise beim Zusammennähen der einzelnen Bestandteile des Urzelanzuges. Dabei wurden zuerst Bahnen schwarzen Lodenstoffs für die urzeltypischen Fransen auf die Einzelteile des Anzuges genäht und diese anschließend zusammengenäht. Davor musste jedoch durch das Einschlagen und Umschlagen der Kanten, bei manchen Anzugteilen, das Ausfransen des Stoffes verhindert werden. Die einzelnen Teile wurden für jeden persönlich zugeschneidert. Die Teilnehmer mussten die Einzelteile lediglich zusammennähen. Nach anfänglicher Skepsis gegenüber der Funktionsweise einer Nähmaschine und der Bedienung wagten sich aber dennoch alle Teilnehmer an die Arbeit. Nach kurzer Zeit wurden die Näher und Näherinnen immer versierter im Umgang mit dem Schneider-Gerät. Für diejenigen, bei denen, auch unter größter Einsatzbereitschaft, die Zusammenarbeit mit der Nähmaschine nicht klappen wollte, trafen am Vormittag drei Helferinnen aus Heidenheim ein. Maria Onghert-Renten, Alwine Fleischer und Katharina Roth waren extra mit dem Zug angereist, um den Teilnehmern bei ihrem Vorhaben unter die Arme zu greifen. Nach kurzer Zeit wurde jedem klar, dass ein Wochenende für das Nähen eines Urzelanzuges in keineswegs ausreichen würde. So bemühten sich die Teilnehmer umso mehr, voran zu kommen. Einschlag, Umschlag, zusammennähen und dann mit dem schwarzen Stoff weitermachen: Die emsigen Teilnehmer nähten konzentriert und voller Tatendrang, lediglich unterbrochen von frustrierten Aufschreien, Flüchen, die an die Nähmaschinen gerichtet waren, und zufriedenen Gesichtern, wenn am Ende doch alles so aussah, wie es aussehen sollte. Während der Großteil der Teilnehmer an der Nähmaschine saß, wurden nebenher die Drahtgitter für die Masken mittels einer Vorlage in Form gedrückt. Nach einem anstrengenden Vormittag erwarteten die Näher und Näherinnen das Mittagessen sehnsüchtig.

Hernach hielt die Volkskundlerin Dr. Irmgard Sedler einen Vortrag zum Thema dieses Wochenendes. Sie erzählte Allgemeines über Bräuche in Siebenbürgen und die Wichtigkeit der Veränderung von Bräuchen, die sich allein dadurch weiterentwickelten. Seitens der Urzelnzunft Sachsenheim e.V. waren Ingo Andree und Reini Lang nach Weissach gekommen, um dem Vortrag von Frau Sedler zu hören und zu sehen, was die Teilnehmer an diesem Wochenende vorhatten. Sie berichteten ebenfalls über die Urzeln und den Urzellauf, wie er in Agnetheln in Siebenbürgen stattgefunden hat. Am Ende war allen klar, dass der Urzellauf mit all seinen Akteuren und Regeln viel mehr als nur ein Faschingsbrauch war und ist. Am frühen Abend traf ein weiterer Gast ein: Thomas Lutsch, Zunftmeister der Urzelnzunft Sachsenheim. Er stand den Teilnehmern Rede und Antwort bezüglich der Urzelanzüge und des Urzellaufs. Er begrüßte den Einsatz, mit dem an diesem Wochenende an den Anzügen gearbeitet wurde und freute sich auf jeden neuen Teilnehmer beim Urzellauf in Sachsenheim.

Am Sonntagvormittag war Jörg Fröhlich von der Urzelnzunft noch dabei, der Tipps gab wie die Urzelmaske gemacht wird. Es ging in den Endspurt für dieses Wochenende und jeder half jedem bei Problemen. Die Anzüge nahmen immer mehr erkennbare Formen an und am Schluss waren ein paar Teilnehmer sogar mit ihrem Anzug bis auf Kleinigkeiten fertig geworden. So blieb nur noch das Aufräumen des Seminarraums vor dem abschließenden gemeinsamen Mittagessen. Am Tisch tauschte man sich über die Erfahrungen dieses Wochenendes aus. Man kann sagen, dass alle Teilnehmer zufrieden nach Hause gegangen sind. Zufrieden mit sich selbst, etwas Anspruchsvolles geschafft zu haben. Auch wenn noch nicht alle vor dem Endprodukt standen, nämlich einem kompletten Urzelanzug mit Peitsche, Schellen und Quetsche, war das Seminarwochenende sehr ergiebig, aber auch arbeitsintensiv. Für diejenigen, die nicht alleine den Anzug fertig stellen wollten, fand eine Woche später am Sonntag ein weiteres Treffen in Heidenheim bei Familie Onghert-Renten statt. Hier wurden die Anzüge fertiggenäht, Masken hergestellt und für alle noch Peitschen geflochten. Manche Seminarteilnehmer haben sich direkt am Wochenende für den Urzellauf am 21. Februar in Sachsenheim angemeldet.

Zu danken ist den emsigen Näherinnen aus Heidenheim: Maria Onghert-Renten, Katharina Roth, Alwine Fleischer. Ohne ihre Unterstützung wäre keiner der Teilnehmer so weit gekommen, wie es am Ende der Fall war. Für die Unterstützung am zweiten Sonntag in Heidenheim sei den erwähnten Damen sowie Maria Hermann, Mathias Fleischer und Andreas Onghert-Renten gedankt. Ebenso geht ein herzlicher Dank an Gabriele Mai aus Setterich, die das leckere Essen für das Seminar im Vorfeld zubereitet hatte. Dank geht auch an das Organisationsteam, verkörpert von Gwendoline Onghert-Renten, Heike Mai-Lehni und Rainer Lehni, für die Realisierung des Seminars.

Edwin-Andreas Drotleff


Bildergalerien: Urzelseminar 2009 Teil 1 und Teil 2

Schlagwörter: SJD, Urzeln

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