8. November 2016

Kreisverband Nürnberg: Wanderrundreise in Rumänien

Dem Ruf des Kreisverbandes Nürnberg folgend, starteten 29 Reiselustige am 7. Oktober am Nürnberger und am Kölner Flughafen Richtung Bukarest zu unserer 12-tägigen Wanderrundreise. Am Flughafen Henri Coandă wurden wir von unserem Reiseleiter Engelbert und unserem Busfahrer Marius erwartet und waren angenehm überrascht von dem komfortablen Reisebus für unsere Rundreise. Es war weit nach Mitternacht, als die Gruppe aus Nürnberg im Hotel eintraf und anschließend gleich die Zimmer bezog, um am nächsten Morgen für die Stadtrundfahrt in Bukarest bereit zu sein.
Am Morgen machten wir uns erst mal mit den drei Gästen aus Wiehl-Drabenderhöhe bekannt, die am Vorabend etwas früher im Hotel angekommen waren. Nach einem tollen Frühstücksbuffet erkundeten wir Bukarest. Auf dem Programm stand auch der Besuch des Parlamentspalastes. Unsere Begleiterin führte uns durch das riesige Gebäude, das uns alle in Staunen versetzte. Auch das Lipscani-Viertel war beeindruckend. Kein anderes Viertel Bukarests erlebte solch einen Wandel wie dieses. Vom früheren „Paris des Ostens“ ist nicht viel übrig geblieben. Bei einem herzhaften Abendessen und leckerem Bier im historischen „Carul cu Bere“ im Herzen der Stadt freuten wir uns auf die Weiterreise nach Siebenbürgen. Auf der Fahrt Richtung Kronstadt besichtigten wir das Königschloss Peleș in Sinaia, fuhren mit der Seilbahn auf das bereits verschneite Bucegi-Plateau und kamen am späten Nachmittag in Kronstadt an. Bereits bei der Einfahrt hörte man im Bus freudige Ausrufe wie: „Schaut mal, da habe ich gewohnt, da ging ich zur Schule …“. Das Wiedersehen mit dem Heimatort stimmte viele melancholisch. Später wurde das schöne Wetter noch genutzt, um sich in der Altstadt umzuschauen und sich später in einem urigen Lokal beim Abendessen zu treffen.

Am nächsten Morgen besichtigten wir die Stadt, allen voran die Schwarze Kirche, die sich immer noch im Zustand der Renovierung befindet. Nachmittags ging es in die Schulerau, wo eine kleine Wanderung stattfand. Am Abend erwartete uns Pfarrer Uwe Seidner in der Kirchenburg Wolkendorf, wo uns später nach der Führung ein herzhaftes Abendessen serviert wurde, dazu Schnaps und Wein. Es wurde ein recht geselliger Abend, gewürzt mit viel Witz und Humor, den Pfarrer Seidner gut versprühen kann. Der nächste Morgen führte uns nach Honigberg. Doch nicht die imposante Kirchenburg war unser Ziel, sondern die Orgelbauwerkstatt, wo wir bei einer Führung mehr über das 1999 ins Leben gerufene, heute von der Schweizerin Barbara Dutli geleitete Projekt erfuhren. Inzwischen wurden 17 Orgelbauer und fünf Schreiner in jeweils dreijähriger Lehre in Honigberg ausgebildet. In den letzten zwölf Jahren konnten in Siebenbürgen über 30 alte Orgeln restauriert werden.

Wir machten uns wieder auf den Weg und erreichten wenig später die Brukenthalsche Sommerresidenz in Freck. In der Orangerie erwartete uns ein delikates Pilzgericht. Nach der Besichtigung des rumänischen Klosters in Sâmbăta de Sus fuhren wir den Transfagaraschan bis zum Bulea See hoch. Dort landeten wir zwar im Schnee und hatten schlechte Sicht, aber Hauptsache, wir waren oben. Dank gebührt unserem sehr umsichtigen Fahrer Marius aus Klausenburg. Dadurch kamen wir sehr spät am Abend im Hotel in Hermannstadt an.
Foto-Collage „Unterwegs in Rumänien und ...
Foto-Collage „Unterwegs in Rumänien und Siebenbürgen“ von Hans Wagner
Die geplante Wanderung am nächsten Morgen im Cindrel fiel buchstäblich ins Wasser, nur vier Wanderlustige fanden sich, die mit Engelbert zur Wanderung aufbrachen. Zum Mittagessen fuhren wir nach Sibiel (Budenbach). Ein Reiter in Landestracht erwartete uns am Dorfanfang und begleitete uns zum Anwesen, wo wir mit Folklore, Tanz und Gesang empfangen wurden. Eine warme Grießklößchensuppe und danach Speck, Wurst und Käsespezialitäten, dazu Zwiebeln, auch Krautwickel und Kuchen machten einen Schnaps unabkömmlich. Am Nachmittag unternahmen wir unsere Stadtbesichtigung in Hermannstadt. Ins Harbachtal fuhren wir am nächsten Morgen weiter und trafen in Alzen den Restaurateur Stefan Vaida, besichtigten das Dorf und das private Interethnische Museum. Unser Mittagessen nahmen wir in Almen ein, bei der Familie unseres Reiseveranstalters. Wegen des anhaltenden Regens fiel die Wanderung nach Reichesdorf aus. Umso länger konnten wir den Erzählungen von Kurator Schaas lauschen, der uns durch die Kirche führte und begeisterte. Am Abend in Schäßburg angekommen, ging es gleich mit der Stadtführung weiter.

Der kommende Morgen führte uns zunächst ins Szeklerland, über Oderhellen nach Korund. In Korund besichtigten wir eine Werkstatt, in der Zunderschwamm verarbeitet wird. Anschließend ging es mit Kleinbussen und Pferdefuhrwerken ins Harghita-Gebirge, beim „Tinovul dintre Brazi“, einem Naturschutzgebiet in ca. 1000 m Höhe. Hier folgten wir im Moor einem Lehrpfad. Bei den Bergbauern gab es danach ein Picknick mit Bio-Spezialitäten aus eigener Produktion. Wieder im Tal angekommen, ging es zu einer Schnapsverköstigung im Dorf Sânsimion, in einer kleinen familiären Schnapsbrennerei. Lustig ging es danach her, auf der Fahrt über Neumarkt und Sächsisch Regen, Botsch und Großschogen nach Bistritz, wo wir in der Goldenen Krone schon wieder mit einem Begrüßungsschnaps empfangen wurden. Beim Abendessen trafen wir Freunde. Die Überraschung war gelungen, als sich unser Günter Engler zu uns gesellte, auch Gemeindekuratorin Borsos und Stadtpfarrer Johann-Dieter Krauss gaben uns die Ehre.

Tags darauf begaben wir uns auf eine Rundfahrt durch frühere sächsische Gemeinden in Nordsiebenbürgen, im Nösnerland. Wir machten auch einen Abstecher zum Borgo-Pass. Nach einem Mittagessen im Schlosshotel Dracula kehrten wir nach Bistritz zurück, wo Stadtpfarrer Krauss uns durch die Kirche führte und uns stolz erzählte, dass die Renovierungen bald wieder fortgesetzt würden. Wir fuhren mit dem Aufzug im Turm der Bistritzer Kirche hoch. Man konnte die bereits schneebedeckten Rodna-Gebirge sehen. Zu einem besonderen Abend luden Hans Emrich, ein früherer Klassenkollege, Hans Wagner und ich ein, um in Jaad bei und mit Freunden unseren „180. Geburtstag“ gemeinsam zu feiern. Die Gastgeber überraschten uns mit Showeinlagen der bekannten Folkloregruppe Balada und mit Livemusik. Am nächsten Tag in Bistritz führte uns Prof. Corneliu Gaiu. Der Historiker zeigte uns das Kreismuseum, in dem auch eine sächsische Stube vollständig eingerichtet ist, das Goldschmiedehaus, die Altstadt, den Kornmarkt, das neu errichtete Denkmal für die Opfer von Flucht und Evakuierung vor 70 Jahren, das Gymnasium und vieles mehr. Nachmittags fuhren wir in Richtung Nassod und Sangeorz Bai, über Tschippendorf und Mettersdorf, und kehrten nach unserer Rückfahrt bei einer Familie in Kleinbistritz zum Abendessen ein. Wie überall wurden wir sehr freundlich empfangen, kosteten regionale Spezialitäten, hier gab es unter anderem auch Lammfleisch im Kessel. In Klausenburg gab es eine Stadtführung durch das renovierte Stadtzentrum und das Abschiedsessen am Abend. Wir nahmen Abschied von unserem Reiseleiter und unserem Busfahrer, der es sich nicht nehmen ließ, uns, bevor es zum Flughafen ging, auch die Schattenseite der schönen Stadt Klausenburg zu zeigen, die „Townships“ von Klausenburg. Dort leben die Menschen an der Müllhalde, unter erschreckenden Lebensbedingungen und in baufälligen Hütten. Ich danke allen, die an dieser Reise teilgenommen haben!

Annemarie Wagner




Ergänzung zur Reise aus Sicht eines oberbergischen Bayern

2012 machte ich, ein Bayer im Oberbergischen, mich auf, um in Drabenderhöhe Volleyball zu spielen. Schon am ersten Abend bemerkte ich, dass diese Volleyballer etwas anders waren. Sie kamen alle aus Siebenbürgen. Nachdem ich in den letzten vier Jahren viele Geschichten aus ihrer Heimat gehört hatte, wuchs meine Neugierde, diese einmal zu besuchen. Als Henriette Kuales mir von ihrer tollen Reise nach Siebenbürgen erzählte, auch damals organisiert von Annemarie und ihrem Mann, entschloss ich mich, das Angebot zur diesjährigen Tour zu nutzen und fuhr mit. Dieser Entschluss sollte kein Fehler gewesen sein!

Die ersten beiden Tage verbrachten wir in Bukarest. Wer den ganzen Tag unterwegs ist, viel Interessantes sieht, ist auch ein wenig hungrig – die Tage endeten immer mit einem unglaublichen Abendessen! Wie oben berichtet, besuchten wir u. a. Kronstadt, Honigberg, Hermannstadt, Alzen, Schäßburg, Bistritz und Klausenburg. In all diesen Orten lernte ich tolle Menschen kennen. Um nur einige zu nennen: Pfarrer Uwe Seidner, der eine lebendige Gemeinde hat und uns durch seine temperamentvolle Art einen unvergesslichen Abend bot. Oder die Orgelbauschule Honigberg, geführt von der Schweizer Orgelbauerin Barbara Dutli, deren Führung durch die Lehrwerkstätten uns alle begeisterte. Danach ging es weiter zur Kirchenburg in Reichesdorf. Hier wartete Herr Schaas (84 Jahre) auf uns. Er führte uns durch die Kirche und brachte uns mit seinen Geschichten zum Lachen. Obwohl es für mich ein wenig traurig war, denn er ist der letzte Siebenbürger in seinem Ort. Immer wieder waren wir zum Essen eingeladen in Gemeinden oder bei Familien. Kein Hotel hätte uns Besseres bieten können. Die letzten drei Tage unserer Reise verbrachten wir in Bistritz. Hier beeindruckte mich besonders das Denkmal zu Ehren der Evakuierten von 1944 und wie viel heute noch von Siebenbürger Sachsen für Bistritz getan wird. Und das Besondere an der Reise war: bis auf zwei (einer davon war ich) waren nur Zeitzeugen dabei. Sie machten diese Reise für mich zu einem unglaublichen Erlebnis. Ich wünsche allen Siebenbürgern: behaltet ein Stück Heimat für immer bei euch!

Hans Joachim Köpfle

Schlagwörter: Nürnberg, Reise, Rumänien, Siebenbürgen

Bewerten:

16 Bewertungen: +

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.