23. April 2025

„Russland hat meine Träume begraben“

In diesem Jahr erfüllen sich 80 Jahre seit dem Beginn der Deportation der arbeitsfähigen deutschen Bevölkerung aus Rumänien in die Arbeitslager der damaligen Sowjetunion. Neben der zentralen Gedenkfeier des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland und der Landsmannschaft der Banater Schwaben am 18. Januar in Ulm gibt es im Rahmen unseres Verbandes weitere Veranstaltungen, die an dieses historische Ereignis erinnern, von dem praktisch jede deutsche Familie in Rumänien betroffen war.
Heinz Bretz und Beate Kleifgen bei der ...
Heinz Bretz und Beate Kleifgen bei der Buchpräsentation in Köln. Foto: Rainer Lehni
Die Landesgruppe Nordrhein-Westfalen gedachte dieses 80. Jahrestages mit einer Buchpräsentation am 16. März im Vereinshaus der Siebenbürger Sachsen in Köln. Fast 60 Interessierte – Siebenbürger wie Nichtsiebenbürger – konnten zuerst gemeinsam eine Mittagssuppe einnehmen. Landeskulturreferentin Heike Mai-Lehni freute sich, ein volles Haus begrüßen zu dürfen, und führte kurz in die Thematik ein: „Dieses einschneidende Ereignis in unserer Geschichte hat sich tief in das kollektive Gedächtnis unserer Gemeinschaft eingebrannt, wohl auch deswegen, weil hier unschuldige Zivilper­sonen für den verbrecherischen Krieg von Nazideutschland büßen mussten.“

Heinz Bretz, Studiendirektor i.R. und in Köln lebend, hat vor kurzem die Erinnerungen seiner deportierten Mutter Augustine Bretz (geborene Schuster) unter dem Titel „Russland hat meine Träume begraben“ im Honterus-Verlag Hermannstadt herausgebracht. Augustine Schuster war bei der Deportation im Januar 1945 gerade einmal 19 Jahre alt. Sie hatte gerade ihr Bakkalaureat sehr gut bestanden, wollte Mathematik und Physik studieren. Da wurde sie aus Hermannstadt in Siebenbürgen in den Donbas deportiert. Ihr Schicksal ist eins von etwa 70000 deutschen Frauen und Männern, die im Januar 1945 aus Rumänien in die UdSSR zur Zwangsarbeit deportiert wurden. Viele starben fern der Heimat. Die, die heimkehrten, waren oft traumatisiert und krank. Sie mussten unter völlig veränderten Bedingungen ihr Leben in Siebenbürgen, der damaligen Ostzone oder der entstehenden Bundesrepublik Deutschland neu gestalten.

Augustine Bretz hat ihre Lebenserinnerungen erst spät im Alter niedergeschrieben, auch auf Drängen des Sohnes. Sie hatte vorher nie über diese Zeit erzählt, wie viele ihrer Generation. In nüchterner Weise beschreibt sie die dreieinhalb Jahre, die sie in der Zwangsarbeit verbringen musste.

Heinz Bretz stellte das von ihm veröffentlichte Buch vor, das mit Mitteln des rumänischen Staates in Hermannstadt veröffentlicht wurde. Seine Ehefrau Beate Kleifgen las mehrere Passagen vor, die emotional sehr berührten. Sie stand ihrer Schwiegermutter sehr nahe, pflegte und begleitete sie bis zu ihrem Tod 2013.

Auch die anschließende Diskussion zeigte, wie präsent dieses Thema noch in den siebenbürgisch-sächsischen Familien ist. Mehrere Kinder von ehemaligen Deportierten berichteten in emotionalen Beiträgen über die Erlebnisse ihrer Eltern. Wir, die heute Lebenden, sind es den Deportierten schuldig, die Erinnerung an diese tragische Zeit unserer Geschichte wachzuhalten. Dies gerade auch in einer Zeit, in der das damalige Deportationsgebiet im Donbas wieder Kriegsschauplatz im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geworden ist.

Zum Abschluss dankte Bundes- und Landesvorsitzender Rainer Lehni dem Ehepaar Beate Kleifgen und Heinz Bretz für diese Präsentation, Landeskulturreferentin Heike Mai-Lehni für die Organisation sowie dem Kölner Kreisgruppenvorsitzenden Harald Eiwen für die Unterstützung vor Ort.

rl

Schlagwörter: Deportation, Buchvorstellung, Köln

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