12. Mai 2008

Vereinsleben in Freiburg

Wie Tradition im Rahmen unseres Vereins­lebens weitergeben? Ein Beispiel. Vor einem Vierteljahrhundert, als ich in Freiburg im Breisgau zu lernen begann, was Vorstandsarbeit im Rahmen einer Kreisgruppe bedeuten kann, war die Welt noch in Ordnung.
Das heißt, alle Referate waren mit verantwortungsbewussten Sachwaltern besetzt, funktionierten also aktiv und effektiv für unsere rund 280 Mitglieder aller Altersklassen, eine Tanzgruppe trat erfolgreich in deutscher Öffent­lichkeit auf, Feste wurden gefeiert, wie sie fielen, der Nikolaus beglückte alljährlich die Kleinsten, gemeinsam besang man die Vorweihnachtszeit, Seniorinnen und Senioren hatten ihre erbaulichen, nach Kaffee duftenden, festen Termine, Jugendliche ließen sich in Tracht konfirmieren, die regelmäßigen allmonatlichen Vorträge füllten Säle, auf Wanderungen erkundete man die neue Heimat, in den Vorstandssitzungen wurde ein Jahr lang in siebenbürgisch-sächsischem Demokratieverständnis darüber gestritten, wie unsere Stickerinnen im Frauenkreis die sieben Burgen auf der Vereinsfahne anordnen sollten. Und noch vieles, vieles mehr vereinte die Gene­ra­tionen in lebendig pulsierender Tradition.

Bis heute wird die Tradition der monatlichen Vortragsreihe intensiv und erfolgreich weitergepflegt. Advent ist immer noch der Anlass zu schönem, besinnlichem Feiern, die Wanderungen haben ihre Ziele weit über die badischen Grenzen gesteckt, Bundeskulturtage in Freiburg haben schon zwei Mal über siebenbürgisch-sächsisches Selbstverständnis, über den berechtigten Stolz auf unser Kulturerbe berichtet, in akademischen Institutionen Freiburgs wurde über die Kultur­arbeit der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Deutschland und weltweit vorgetragen, und die gesamte Gemeinschaft der Altersgrup­pen findet immer noch einmal pro Jahr beim Grillfest zusammen. Aber das ist nicht genug.

Woran es unserer Gemeinschaft in Freiburg, der Universitätsstadt, mangelt, ist ein lebendig pulsierender, lockerer, aber bewusster Zusammen­halt der jüngeren Generation aus Siebenbürgen stammender Sächsinnen, Sachsen, heute Frei­burgerinnen, Freiburger. „Unsere“ Jugendlichen sind erfolgreich integriert, viele als Familien statuiert, das Kulturerbe, das sie, das uns alle prägte, hat die mühelose, erfolgreiche Integration sicherlich reibungslos garantiert. Man ist in Frei­burg zu Hause. Wie schön, wenn mit dieser „Neuverwurzelung“, die sicherlich im privaten Umfeld das Beste aus der Tradition, die geprägt hat, weiter pflegt, wie schön, wenn auch im Gemeinschaftsbewusstsein des Einzelnen das Engagement da wäre, auch öffentlich Verant­wor­tung zu übernehmen für das, was uns alle prägte und somit lebendig ist, das Erbe unserer Kultur, die in Gemeinschaft, aus Gemeinschaft wuchs.

Und dann haben wir in Freiburg einen Ver­such gestartet: Im Gemeindesaal der Freiburger Lutherkirche (sie wurde von Vertriebenen aufgebaut) mit ihrem aus Heltau stammenden Pfarrer Horst Herberth war aus dem Vorstand der Kreisgruppe, gemeinsam mit dem Haus­herren, zu einem Treffen eingeladen worden zu einem Umtrunk mit guten Gesprächen und für unsere jugendlichen Landsleute aus Freiburg und Umgebung. Hans Seiwerth, der Mitbe­grün­der der siebenbürgisch-sächsischen „Lieder­trun“, war als Gast aus Balingen bei Tübingen mit seiner Gitarre angereist, und mit sächsischen Balladen, mit Liedern und Texten hat er wie in einer außergewöhnlichen Unter­richts­stunde zur Geschichte Siebenbürgens und seiner Sachsen historisches Wissen und zugleich den Reichtum und die Vielfalt unseres Liedgutes bewusst gemacht und viel Freude bereitet.

Sowohl eine Grundsatzdiskussion, die erfolgte, als auch die Antworten auf Fragebögen, die auslagen, vermitteln zukunftweisende Schlüsse, die man gerne, gerne umsetzen wird: Die Ver­treter der jüngeren Generation wünschen Freun­deskreise, die kulturelles Erbe bewusst machen und weiterpflegen: Von der Reise nach Siebenbürgen über Theater-, Volksliedersing­kreis, Mal- und Tanzkurs, Literaturkreis bis Fasching, siebenbürgisch Kochen, siebenbürgische Kinderspiele – viele Wünsche kamen zu Wort und alles soll möglichst immer auch mit Kinder­betreuung erfolgen, weil der der Tradition weniger kundige Partner dabei sein soll, vor allem! Wie schön und erfreulich! Aber da hätten wir noch ein Problem: Liebe VertreterInnen der jüngeren Generation, helfen Sie uns bitte, bei den anstehenden Wahlen ein Jugendlichen- und ein Frauenreferat als Ehrenamt auszufüllen! Ein Theaterkreis von Karl-Heinz Maurer (ehem. Hermannstädter Staatstheater, in Deutschland erfolgreich) wurde schon ins Leben gerufen! Hans Seiwerth kommt dankenswerterweise bald wieder, bringen Sie Ihre ganze Familie zum Sächsische-Volkslieder-Singen mit! Und eine Exkursion, noch nicht nach Siebenbürgen, aber ins Siebenbürgen-Museum nach Gundelsheim, ist geplant!

Karin Servatius-Speck

Schlagwörter: Baden-Württemberg

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