1. August 2010

Kleine Komponisten – große Interpreten

Das 15. Carl-Filtsch-Wettbewerb-Festival wurde zwischen dem 5. und 11. Juli in Hermannstadt ausgetragen. Wie Peter Szaunig, der Präsident der Jury, in einer Pressekonferenz betonte, ist die diesjährige Auflage etwas Besonderes. Die Musikwelt feiert 200 Jahre seit der Geburt Frédéric Chopins, der Carl Filtschs Lehrer war. Filtsch, sein Lieblingsschüler, erreichte nur das zarte Alter von 15 Jahren. Man kann nur hoffen, dass das schon zur Stadt Hermannstadt gehö­rende Wettbewerbs-Festival mehr als 15 Auflagen erfahren wird. Der diesjährige Wettbewerb wurde zum Symbol einer sprechenden Lehrer-Schüler Verbindung.
Fast 60 Kandidaten aus elf Ländern stellten ihr Können unter Beweis vor einer international besetzten Jury, bestehend aus: Walter Krafft, Leiter des Münchener Musikseminars, Tatiana Levitina aus Russland, Iulia Nenova aus Bulgarien sowie Boldizsár Csiky, Smaranda Ilea und Valentin Gheorghiu aus Rumänien. Den Vorsitz hatte wie schon in den vorangegangenen Jahren Peter Szaunig aus Deutschland. Die Jury wurde vor keine leichte Aufgabe gestellt bei der Vergabe der Preise im Werte von 7 800 Euro. Doch wie Tatjana Levitina am Abend der Preisverleihung betonte, fällten die Juroren ihr Urteil im vollsten Einklang.

Filtsch-Wettbewerb

In der Kategorie A (bis 12 Jahre) bestach der achtjährige Stefan Pretuleac als einer der jüngs­ten Wettbewerber, der den Filtsch-Preis in dieser Kategorie erhielt. Beim Abschlusskonzert trug er einwandfrei und ausdrucksvoll die Romanze von Carl Filtsch vor und meisterte geschickt mit seinen kleinen Händen die technischen Schwierigkeiten. Sein Mitbewerber aus Italien, der eben­falls achtjährige Michele Lunghi, teilte sich in dieser Kategorie den Kompositionspreis mit dem zehnjährigen Sebastian Solomon aus Slobozia. Sowohl Lunghi als auch Solomon trugen beim Abschlusskonzert jeweils ihre Kom­positionen „Il Gato e Il Topo“ (Die Katze und die Maus) bzw. „Der Wind“ unter großem Applaus vor. Der 2. Preis ging an Aleksandra Simenonova aus Bulgarien, die eine interessante moderne Komposition von Marin Goleminov mit viel Einfühlungs- vermögen vortrug. Erster Preisträger in dieser Gruppe wurde der elfjährige Ovidiu Cristian ­Coruga aus Piatra Neamț, der bei der Interpretation von Händels „Chaconne“ jeder Variation ihre Eigenständigkeit und Charakteristik betonte. Hervorzuheben auch die langsam mit Kantabilität vorgetragenen Abschnitte.

Wie schon im Vorjahr bestachen auch in diesem Jahr die Konkurrenten der Kategorie B (12-16 Jahre) durch reife Leistungen. Der erste Preis ging an Valentin Malanetchi aus der Republik Moldau, der virtuos die „Etüde“ Op. 10 Nr. 5 von Chopin und Rachmaninovs „Musikalischen Moment“ Op. 16 Nr. 4 mit großer technischer Brillanz und temperamentvoller pathetischer Aus- ­druckskraft vortrug und somit eine besondere künstlerische Reife bewies. Den zweiten Preis teilten sich Ana Mânăstireanu und Daniel Ropota (beide aus Jassy/Iași). Ropota verbesserte sich im Vergleich zum Vorjahr vom dritten auf den zweiten Platz. Er beeindruckte mit dem „Adieu“ von Filtsch mit dem gut vorbereiteten Tremendo am Schluss.
Zum Auftakt des Preisträgerkonzertes der XV. ...
Zum Auftakt des Preisträgerkonzertes der XV. Auflage des "Internationalen Carl Filtsch Wettbewerb-Festivals" Sibiu/Hermannstadt vom 5-11 Juli 2010 im Thalia-Saal, bedankte sich Joan Bojin, Direktor der Hermannstädter Staatsphilharmonie bei allen Sponsoren - hier vornehmlich bei Frau Hariet Schmidt - die stellvertretend für Herrn Direktor Dr.Otfried Kotzian vom Haus des Deutschen Ostens München, dessen Grüße der Veranstaltung überbrachte. Foto: Werner Schmidt
In der Kategorie C (16-31 Jahre) erreichten von 17 Kandidaten zehn die Endrunde. Eines der Highlights des Wettbewerbs war der siebzehnjährige Alexander Zvonov aus Moskau, der in dieser Kategorie den 2. Platz belegte. Bei der Interpretation von Tschaikowskij-Pletnovs „Aus der Nussknacker-Suite“ zog er alle Register und brachte die russische Seele so richtig zum Klingen. Der erste Preis ging an Alexander Osminin, ebenfalls aus Moskau, der mit künstlerischer Reife, technischer Perfektion und intelligentem Aufbau den publikumswirksamen „Mephisto Walzer“ von Liszt virtuos vortrug. Das Publikum dankte ihm mit langanhaltendem Applaus. Als Ausklang und Höhepunkt erklang das „Impromp­tu“ in B-moll von Carl Filtsch, wofür Osminin auch den großen Filtsch-Preis des Wettbewerbs erhielt. In einem technisch perfekt gestalteten Vortrag ergänzten sich in künstlerischer Vollendung Inhalt und Form beider Werke.

Ioan Bojin, Direktor der Hermannstädter Phil­harmonie, dankte den Sponsoren, allen voran dem Haus des Deutschen Ostens München, der Siebenbürgisch-Sächsischen Stiftung München, der Heimatgemeinschaft der Deutschen aus Her­mannstadt, dem Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, dem Demokratischen Forum der Deutschen in Rumänien sowie dem deutschen Generalkonsulat in Hermannstadt, die das Zustandekommen des Wettbewerb-Festivals erst möglich machen.

Musikliebhaber konnten vier Tage lang den Darbietungen der Konkurrenten lauschen. Es wurde Klaviermusik auf höchstem Niveau dargeboten. Positiv zu werten sind auch die geschmackvoll gestalteten Plakate sowie die Programme, die beim Preisträgerkonzert dem Pub­likum zur Verfügung standen.

Die Rahmenbedingungen könnten jedoch verbessert werden. Die Beteiligung der Vertreter der Stadt und der Obrigkeit ließ auch in diesem Jahr zu wünschen übrig. Schade. Es gibt Orte, die stolz auf Veranstaltungen solcher Art sind (Chopin-Wettbewerb in Marienbad in der Tsche­chischen Republik). Gerade in einer Zeit, in der klassische Musik zusehend bei der Jugend an Bedeutung verliert, wäre die Unterstützung einer solchen Veranstaltung von höchster Wichtigkeit.

Konzerte des Festivals

Das Festival stand in diesem Jahr ganz im Zei­chen der Klavierliteratur – wahrscheinlich auch in Anlehnung an das Chopin-Jahr. An vier Aben­den konnten die Musikliebhaber Bekanntes und weniger Bekanntes genießen. Den Auftakt bilde­te der vierhändige Klaviervortrag von Valentin und Roxana Gheorghiu. Während der Vortrag von Mozarts Sonate in D-Dur stilistisch nicht ganz überzeugte, so begeisterte das Ehepaar Gheorghiu in ihrem Zusammenspiel von Schubert, Debussy, Brahms und vor allem der Rhapsodie in A-Dur Nr. 1 von George Enescu. Einen Abend der besonderen Art bot der Italiener Mas­similiano Valenti, der sechs Tänze von Komitas Vardapet (dem Begründer der armenischen klas­sischen Musik) sowie Werke von Chick Corea und eigene Werke vortrug. Ein Heimspiel bestritt die Hermannstädterin Ioana Ilie mit einem „Chopin Abend“, der nicht ganz überzeugte. Höhepunkt der Abendveranstaltungen war der Auftritt des italienischen Pianisten Alberto Lodolettis. Inner­halb eines groß angelegten Programms zog er gleich zu Beginn mit einer Sonate von Scarlatti, der berühmten A-Dur Sonate mit Variationen von Mozart und der Pastorale Op. 28 von Beethoven mit einem überaus kultivierten und introvertierten Pianissimo-Anschlag die Zuhörer in seinen Bann. Im zweiten Teil kamen in der Noctur- ­ne und dem Phantasie-Impromptu von Chopin und vor allem in Liszts Konzertetüde „Die Jagd“ und dessen 6. Ungarischer Rhapsodie seine tem­peramentvollen und virtuosen Qualitäten zum Tragen.

Das nächste Carl-Filtsch-Wettbewerb-Festival findet vom 4. bis 10. Juli 2011 wieder in Hermannstadt statt. Die Veranstalter hoffen, dass sich weitere Sponsoren finden werden, die diesen Wettbewerb unterstützen. Ioan Bojin sprach auch eine Einladung an das Publikum aus und den Wunsch, viele Kandidaten begrüßen zu dürfen.

Dagmar Dusil

Schlagwörter: Carl Filtsch, Festival, Hermannstadt, Musik

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