11. Oktober 2010

„Sonebenbei“: Ölbilder von Jörn Schenker im Süßener Rathaus

Sonntagvormittag, 26. September. Im Foyer des Rathauses der Stadt Süßen erklingt Musik. Zwei Dozenten der städtischen Musikschule musizieren bei der Ausstellungseröffnung rhythmisch-gefällig. Die Begrüßung des Künstlers Jörn Schenker, der Kunstkritikerin Regine Haug, der Presse und der Gäste übernimmt der Süßener Bürgermeister Marc Kersting persönlich. Den Besuchern der Ausstellung wünscht er anregende Betrachtung der Ölbilder, ersprießliche Konversation und Stehvermögen, um alle drei Ebenen der gezeigten Ausstellung zu schaffen.
Nach einem musikalischen Intermezzo ist es Regine Haug, die Stuttgarter Kunstkritikerin, die in Jörn Schenkers Ausstellung einführt. Der 1944 in Hermannstadt geborene, heute in Schorndorf lebende Künstler studierte nach dem Abitur Kunst in Klausenburg, um anschließend bis zu seiner Umsiedlung in die Bundesrepublik Deutschland (1978) im siebenbürgischen Schuldienst tätig zu sein. Danach hat Jörn Schenker sich vor seiner Pensionierung dreißig Jahre lang im Betreuungsteam der „Künstler aus Stetten“ engagiert (1979-2009). Seine Abschiedsausstellung fand im Rathaus von Rommelshausen statt. Es war nur ein Abschied von seiner „Kreativ-Werkstatt“ in Stetten, keineswegs von der Bildenden Kunst.

„Gleich zu Beginn möchte ich darauf hinweisen“, sagte Regine Haug, „dass Jörn Schenker seine Bilder in einer herausragenden Lasurtechnik malt, also in dünn aufgetragenen Farbschichten. Seine Ölbilder zeigen in ironisch-humorvoller Art realistische Beobachtungen aus seinem Umfeld.“

Jörn Schenker hat sich für sein künstlerisches Tun das Einfache ausgesucht, die Dinge, die wir täglich sehen und mit denen wir umgehen, ohne darüber nachzudenken. Seine Erkenntnisse stellt er auch gleich mit ins Bild: „Ohne Dinge ist alles nichts“ oder: „Auch das Einfache ist schön“.
Meinungsaustausch bei der Ausstellung von Jörn ...
Meinungsaustausch bei der Ausstellung von Jörn Schenker im Rathaus Süßen. Leitmotivisch wiederkehrende tragende Farben: blau und rot. „Roter Mond, vieler Nächte einzig geliebter Freund …“
Ein anderer Kunstkenner, Rolf Brotschi von der Kleinen Galerie aus Waiblingen, ist der Ansicht, „dass vermutlich die darstellende Kunst gegenwärtig in einer Sackgasse steckt, aus der Jörn Schenker durch die Rückkehr zur gegenständlichen Darstellung für sich einen Ausweg gefunden hat“. Die Ausstellung „Sonebenbei – Ölbilder von Jörn Schenker ist noch bis 29. Oktober 2010 im Rathaus der Stadt Süßen (Heidenheimer Straße 30) zu sehen. Öffnungszeiten: Montag, Dienstag und Donnerstag von 8.00 bis 12.00 Uhr und von 14.00 bis 16.00 Uhr, Mittwoch von 14.00 bis 18.00 Uhr sowie Freitag von 8.00 bis 13.00 Uhr.

Siegfried Habicher


Die Stille des Lebens darstellen

Für die Siebenbürgische Zeitung sprach Siegfried Habicher mit dem ausstellenden Künstler Jörn Schenker.

Aus dem Verzeichnis der 60 Ausstellungsexponate geht hervor, dass die hier präsentierten Ölbilder während der letzten 20 Jahre entstanden sind. Stand die eigene künstlerische Arbeit vor 1990 im Schatten deiner Tätigkeit als Kunstpädagoge?

Bis 1990 habe ich Vollzeit und mehr gearbeitet; mit Überstunden waren es manchmal weit über 40 Stunden pro Woche, so dass mir für eine kontinuierliche künstlerische Arbeit so gut wie keine Zeit blieb. Erst mit Reduzierung der Arbeitszeit fing ich an, regelmäßig zu malen. Es war aber immer „so nebenbei“, da mir die Tätigkeit als Kunstpädagoge stets wichtiger erschien.

Was bezweckst du mit deinen Ölbildern? Wie lautet dein künstlerisches Credo?

Als Credo hier eine Atelier-Notiz von 1989: „Ich blicke in die Welt und entdecke eine Menge von Dingen, die mir nicht genügend beobachtet erscheinen; so erwacht in mir das Bedürfnis, diese deutlicher ins Licht zu rücken; es soll eine Malerei sein, welche die Stille des Lebens darstellt – eine Stille, die sich mittels Blumen, Vasen und anderen Kleinigkeiten, mittels Volumen, Form und Farbe ausdrückt.“ Da die meisten Dinge des Lebens auch einen Symbolwert haben, sollen die bei manchen Bildern eingesetzten Texte das Dargestellte ergänzen.

Was bedeutete das vielbeachtete soziale Projekt „Künstler aus Stetten“ für dich als Kunstpädagogen vor deiner Pensionierung? Hast du dir da auch als Künstler Anregungen holen können?

Das Projekt hat mir sehr viel bedeutet. Arbeiten aus der Kreativen Werkstatt haben wir im Laufe der Zeit auf der ganzen Welt präsentiert, um zu verdeutlichen, dass auch Menschen mit einer geistigen Behinderung zu großartigen Leistungen fähig sind, wenn ihre Begabung erkannt und gefördert wird. Nach jahrzehntelangem Wirken stellte ich fest, dass unsere Einrichtung Pionierfunktion hatte, dass heute zahlreiche Einrichtungen im In- und Ausland Ateliers nach unserem Modell gegründet haben und betreiben. Was den Einfluss der Künstler aus Stetten auf mein künstlerisches Tun betrifft, kann ich von indirekter Beeinflussung sprechen. Im Gegensatz zu ihrer Bildersprache wandte ich mich – um des Ausgleichs willen – hauptsächlich der gegenständlichen Darstellung zu.

Vielen Dank für das Gespräch.

Schlagwörter: Ausstellung, Malerei, Interview

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