2. April 2011

Dorfchronik-Roman

Von den Autoren der „Aktionsgruppe Banat“ brachte im Vorjahr Johann Lippet, der immer zum Kern der Gruppe gehörte, der stillere, sich treu gebliebene und am 12. Januar 2011 schon 60 Jahre alt gewordene Schriftsteller, sein neuestes Buch heraus: „Dorfchronik, ein Roman“, Traian Pop Verlag in Ludwigsburg, 789 Seiten, 25,90 Euro, ISBN 978-3-937139-99-9. Es ist ein wichtiges Buch für die Banatdeutschen und ihre Literatur, mit inhaltlichen Verbindungen und Parallelen zu den Siebenbürger Sachsen auch im Nachkriegsgeschehen.
Es ist ein eigenwilliges, eigenartiges literarisch-dokumentarisches Werk, ein Pseudo-Roman wie auch eine unechte Dorfchronik. Der umfangreiche Band umfasst einen Prolog und einen Epilog, zwischen diesen wird anhand von 179 Dorf- bzw. Familien(Häuser)geschichten das Leben einer kleinen, geschlossenen und verwobenen schwäbischen Gemeinschaft präsentiert. Die Heimatgemeinde Lippets, Wiseschdia in der fruchtbaren Banater Heide, eine Tochtersiedlung mit Gründungsjahr 1786, hatte die längste Zeit ihrer Existenz 179 Hauswirtschaften.

Zeitlich liegt der Schwerpunkt der Erzählungen bzw. der sogenannten Erinnerungen im 20. Jahrhundert. Der „verfluchte Krieg“, also der Zweite Weltkrieg, und seine Folgen, die Russlandverschleppung, die erste Handlungsfäden zu den Siebenbürger Sachsen mit sich brachte, die Enteignungen und Entrechtungen, die Zwangsumsiedlung in die Bărăgansteppe prägten die Menschen und ihre Schicksale. Sie machen in jeder Hauschronik den Kern der Familiengeschichte aus, Variationen zu wenigen Themen. Letztendlich zeigt der Schriftsteller, für den das Dorfleben immer im Mittelpunkt seiner Literatur stand, wie diese Ereignisse in den Folgejahren zur Auflösung der Dorfgemeinschaft und zum Exodus führten.

Es ist von der Machart ein bisher einmaliges literarisches Herangehen an das banatdeutsche Dorfleben, eine originelle literarische Konstruktion und gleichzeitig eine auf akribischer Recherche gestützte Rekonstruktion von Landleben, von Dorf- und Familiengeschichte, wie es weder die Historiker noch die Genealogen bieten können.

Dem Nicht-Banater wird die Lektüre nicht immer leicht fallen, manche spannende, faszinierende Geschichte trotzdem langatmig erscheinen, vor allem, wenn er sich in die Falle drängen lässt, die unzähligen familiären Wirrnisse so zu durchschauen und ständig nachzuvollziehen, wie es dem Autor anhand von Fakten und Fiktion „mühsam“ gelingt. Ein besseres Lektorat seitens des Pop Verlags hätte das Buch auch verdient. Störend für den Eingeweihten und möglicherweise irreführend für andere Leser ist die monoton sich wiederholende Bezeichnung „Mitglied der Waffen-SS“. Diese Kampfverbände waren keine Vereine und keine Partei. Und weshalb die sogenannten Volksdeutschen (ähnlich den Ausländern) für deren Heeresverbände angeworben wurden, und nicht von der Wehrmacht, wurde ja von der Fachliteratur hinlänglich geklärt.

Luzian Geier

Dorfchronik, ein Roman (Epik)
Johann Lippet
Dorfchronik, ein Roman (Epik)

Pop, Traian
Taschenbuch

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Schlagwörter: Rezension, Banat, Flucht und Vertreibung

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  • 05.04.2011, 21:13 Uhr von Der Schwob: Lippets Schwaben sind ängstliche, gehemmte, aber auch liebenswürdige Kreaturen. Wie sollte man ... [weiter]

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