16. September 2011

Museum in Jaad dokumentiert die Lebenswelt der Nordsiebenbürger Sachsen

Die ursprünglich sächsischen Erbauer, die Familie Engler, haben es längst verlassen – ebenso wie die letzten Besitzer, die Familie Holzträger. Dennoch lebt die sächsische Vergangenheit weiter im Haus in der Strada Dorolei 154 im nordsiebenbürgischen Jaad, unweit von Bistritz. Die „Casa Săsească“ ist ein kleines Schatzhaus, mit unzähligen Exponaten aus dem siebenbürgisch-sächsischen Alltagsleben.
Mehr als 1000 Exponate sind in dem 150 Jahre alten Anwesen untergebracht, berichtet Viorica Hansel, die das Museum seit zehn Jahren betreut. Wer über die Schwelle des kleinen sächsischen Hauses schreitet, tritt ein in eine längst vergangene Zeit. Ältere Siebenbürger kennen noch die traditionell eingerichteten Stuben mit ihren bemalten Holzmöbeln, den Öfen mit handgefertigten Kacheln, die Tische mit den liebevoll gestickten Decken, dazu das leicht vergilbte Schwarz-Weiß-Foto der Großeltern neben dem nicht mehr benutzten Spinnrad – hinter der hellblauen Fassade des Museums finden sie diese wieder.
Viorica Hansel begleitet die Besucher auf den ...
Viorica Hansel begleitet die Besucher auf den Entdeckungsreisen in die Vergangenheit. Foto: Holger Wermke
Als die Sachsen in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg begannen, wegzugehen, fing Ion Rusu an, ihre Hinterlassenschaften zu sammeln. Anfangs führte der 2004 im Alter von 92 Jahren verstorbene Mann sein eigenes Museum, das „Muzeul sub poartă“ auf der anderen Straßenseite. Seit 1998 befindet sich das Museum im jetzigen Gebäude. Es gehört zum Museumskomplex Bistritz-Nassod (Bistrița-Năsăud), der vom Kreisrat verwaltet wird. Das Museum war seine Leidenschaft, erzählt Hansel, die mit einem Sachsen verheiratet ist. Rusu habe die meisten der Objekte zusammengetragen, die die Besucher in Haus und Hof besichtigen können.

In den drei Zimmern drängen sich Hunderte von Exponaten, die einen fast vollständigen Querschnitt eines sächsischen Hausstandes im Nösnerland bieten. Private Zeugnisse findet der Besucher, wie Familienfotos, Urkunden oder Trachten. Manch interessante Details gibt es zu entdecken, etwa der Stich von Bistritz im Jahr 1602 mit Stadtmauer und Wehrtürmen, eine Zunftflagge, ein frühes Radio und einige gesicherte sakrale Gegenstände aus Kirchen in der Umgebung.

Ebenso wie das Haus beherbergt die Scheune im Hof einige Schätze. Ein gusseiserner Popcorn-Bräter, Bügeleisen, eine handbetriebene Waschmaschine, Trauben- und Ölpressen stehen neben einer unüberschaubaren Zahl an hölzernen Gerätschaften, die einstmals in einer Bauernwirtschaft benutzt wurden. In den Stallgebäuden lagern laut Hansel weitere Exponate, die noch ihrer Ausstellung harren.

Über 1000 Besucher zählte Viorica Hansel im vergangenen Jahr. Es kämen viele Sachsen sowie deren Verwandte, Freunde und Bekannte „Sie finden ihre Großeltern und Urgroßeltern wieder“, erzählt Hansel. Auch Besucher aus den USA, Israel, Frankreich und Irland schrieben sich schon ins Gästebuch des Museums ein. Den meisten scheint die Zeitreise gefallen zu haben, glaubt man den Einträgen.

In der Tat ist das kleine, aber mit viel Liebe eingerichtete Museum „Casa Săsească“ in Jaad einen Besuch wert. Geöffnet ist es von Mittwoch bis Sonntag zwischen 10.00-18.00 Uhr. Falls Frau Hansel nicht vor Ort ist, können Besucher sie unter der Telefonnummer (0720) 199138 anrufen. Und auch die Bewohner der Nachbarhäuser helfen bei Bedarf gern weiter.

Holger Wermke

Schlagwörter: Jaad, Nordsiebenbürgen, Museum

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Neueste Kommentare

  • 18.09.2011, 12:40 Uhr von AW-Nösen: @Ijel,wir sind Ja Herrn Rusu auch dankbar und besuchen das Museum bei unseren Reisen in die Heimat ... [weiter]
  • 17.09.2011, 09:13 Uhr von Melzer, Dietmar: Vor ein paar Jahren durfte ich mit meinem Freund, Herr Ion Rusu persönlich kennen lernen. Als wir ... [weiter]
  • 16.09.2011, 22:40 Uhr von der Ijel: Rusu habe die meisten der Objekte zusammengetragen, ---ja dass hat er. Er hat sie auch würdig ... [weiter]

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