18. November 2011

Begegnung mit Mircea Cărtărescu

Das Münchner IKGS lud am 31. Oktober 2011 zu einer Lesung des wohl bekanntesten zeitgenössischen rumänischen Schriftstellers, Mircea Cărtărescu, ins Internationale Begegnungszentrum der Wissenschaft nach München ein.
Das Institut für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas an der LMU München (IKGS) durfte dem deutschen Publikum in München Mircea Cărtărescu und sein Werk Orbitor vorstellen. IKGS-Direktor Prof. h.c. Dr. Stefan Sienerth eröffnete den Abend und freute sich über die große Ehre, einen solch renommierten Gast begrüßen zu können. In das Werk des Schriftstellers führte Prof. h.c. Dr. Peter Motzan, ehemaliger stellvertretender Direktor des IKGS, ein. Den fachkundigen Details war zu entnehmen, dass der Autor über ein Jahrzehnt lang an der Romantrilogie Orbitor geschrieben hat. Der erste Band erschien 2007 im Zsolnay Verlag unter dem deutschen Titel Die Wissenden und sorgte bei den deutschen Literaturkritikern für großes Aufsehen. Der zweite Band, Der Körper, wurde im September 2011 im selben Verlag veröffentlicht, ebenfalls in der Übersetzung von Gerhardt Csejka und Ferdinand Leopold. Mircea Cărtărescu sei Romancier, Lyriker, Dramaturg, Publizist, Essayist, Kulturjournalist, Literaturkritiker und Hochschulprofessor, wobei der Begriff ALLES diese renommierte Persönlichkeit am besten definieren könne, sagte Peter Motzan. Das Werk dieses Vertreters der Postmoderne weltweit sei geradezu „genieverdächtig“.

Mircea Cărtărescu vor deutschem ...
Mircea Cărtărescu vor deutschem Publikum in München. Foto: Konrad Klein
Die Lesung war zweisprachig: Nachdem der Autor eine Passage aus der rumänischen Fassung vorgestellt hatte, übernahm Peter Motzan die deutsche Fassung und erklärte den Zuhörern den historischen Hintergrund des literarischen Textes. Der präsentierte Abschnitt aus dem Band Der Körper entfaltete mit seiner bildreichen Sprache eine skatologische Dimension. Nach der Lesung entwickelte sich ein interessantes Gespräch aus Fragen des Publikums, auf die Mircea Cărtărescu eingehend antwortete. Das Werk wurde als „repertoire de imagini culturale“ [Repertoire kultureller Bilder] gepriesen, in dem Intertextualität und Interreferenzialität eine bedeutende Rolle spielen. Dieses Werk umfasst sowohl Romane als auch Gedichte und neuerdings Dramen. Man sprach über die Einstellung des Schriftstellers zu den verschiedenen Gattungen, der von sich behauptete, dass das Schreiben von Gedichten nicht mehr zu seinem Alter passe. Es gebe eine Zeit für Lyrik, eine Zeit für Epik und eine Zeit für Dramatik. Obwohl er keine Gedichte mehr schreibe, veröffentliche er Bände mit Gedichten, die er in seiner Jugendzeit geschrieben habe, und die nun „beim Frühjahrsputz“ zum Vorschein kämen. Derzeit widme er sich der Prosa und schreibe „leichte“ Romane für eine breite Leserschaft. Diese Romane werden in unterschiedliche Sprachen übersetzt. Von der Übersetzung des Orbitor ins Bulgarische habe Cărtărescu erfahren, als ihn – nach einer Veranstaltung – der Lektor für Bulgarisch an der Bukarester Universität angesprochen und ihm erklärt habe, dass er im Alleingang die ganze Trilogie des Vergnügens willens übersetzt habe, was beim Schriftsteller große Verwunderung auslöste.
Mircea Cărtărescu und Prof. h.c. Dr. ...
Mircea Cărtărescu und Prof. h.c. Dr. Peter Motzan. Foto: Konrad Klein
Ein weiterer Schwerpunkt des von Peter Motzan moderierten Gesprächs war das Schreiben von Tagebüchern, wobei Cărtărescu erklärte, dass er ohne Romane leben könne, nicht aber ohne Tagebücher. Diese wurden teilweise schon veröffentlicht und übersetzt. Es handelt sich um Tausende von Seiten, da er nach eigenen Angaben seit seinem 17. Lebensjahr Tagebuch führe. Der Abend endete in einer gemütlichen Runde mit anregenden Gesprächen, die der sichtlich zufriedene Autor manchmal unterbrechen musste, um Bücher für seine Leser zu signieren.

Andreea Dumitru

Schlagwörter: Lesung, München, rumänische Literatur, IKGS

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