22. Januar 2012
Zweite Gedichtausgabe des siebenbürgischen Lyrikers Georg Hoprich
Am 25. November ist in Leipzig eine Auswahl der Gedichte von Georg Hoprich herausgekommen. Am Erscheinungstag waren es noch just vier Wochen bis zum 73. Geburtstag des Dichters (29.12.1938-9.4.1969) aus Thalheim/Daia bei Hermannstadt. Nach der unauffällig scheinenden und tatsächlich allerdings fulminanten Gedichtsammlung von Stefan Sienerth (Kriterion, Budapest 1983, 169 Seiten) ist diese Auswahl nun die zweite Edition des hinterlassenen Werkes. Sie stammt von Bertram Reinecke (Jahrgang 1974). Sein Name steht mit für den Verlag in Leipzig, dazu ebenso für nachhaltiges und sachte wachsendes Interesse an Thalheims Sohn.
Liebhaber und Spezialisten werden diesen frischen Band von 101 Seiten vergleichen wollen mit Sienerths klassischer normativer Leistung. Reinecke spricht in seinem Nachwort von der „seltenen Kriterionausgabe“. Das heißt praktisch z.B.: Mein Exemplar erwarb ich antiquarisch für etwa vierzig Euro. Jetzt bietet das Internet überhaupt kein altes Exemplar mehr an, und zumindest ein dominanter digitaler Buchhändler behauptet sogar mit Blick auf die neue Edition: zur Zeit nicht lieferbar.
Reinecke meint, Sienerths Band von 1983 sei die Melancholie abzuspüren gewesen, dass er aus verständlichen Gründen zu spät kommen musste, „um in die aktuellen Debatten eingreifen zu können“ (S. 89). 2011 haben sich seiner Meinung nach die Rezeptionshindernisse (wie er ästhetische Schwierigkeiten heutiger Leserschaft nennt) sogar verstärkt. Wir-Gedichte und verbindliche Weltdeutung etwa kämen aus einer anderen Zeit. Eine emotionale Reduktion der Texte auf „ein Dokument der poststalinistischen Zwangsverhältnisse“ wäre ebenfalls nicht angemessen. Kann alles stimmen und wird gewiss doch zuerst noch einmal diskutiert werden. Aber gerade deswegen ist diese aktuelle Möglichkeit zu unvoreingenommener Lektüre für eine neue Generation ermutigend und erhellend. Diese neue Generation kann sich von Reineckes höchst professionellem Nachwort, den Verweisen auf Textvarianten im Vergleich zum Buch von 1983 und durch sein Studium auch der handschriftlichen Quellen informieren lassen, mit Entdeckerfreude selbst Streichungen von Hoprichs Hand in beigefügten Faksimiles wahrnehmen, bewegen wird sie die Stimme eines jungen Siebenbürger Sachsen aus Thalheim, die Zuwendung und Liebe, Anerkennung und Gerechtigkeit in eigener Tonlage anspricht und zuspricht. Hoprich kann uns ebenso an eine vergessene Wahrheit erinnern: Ohne Verklärung, auch wir landlosen Städter kommen alle vom Dorf, und dort ist auch Welt. Da sinken einige Rezeptionshindernisse hin. Eines beseitigt der Herausgeber sogar gleich selbst, indem er für zwei Mundartgedichte hochdeutsche Übertragungen von Klaus F. Schneider beibringt.
Bertram Reinecke sei Dank! Eine künftige Gesamtausgabe des überschaubaren Werkes von Hoprich bleibt ein Wunsch, der gerade angesichts dieses Dankes ausgesprochen werden soll, weil mit der neuen Edition ein vielleicht entscheidender Impuls vorliegt für die gegenwärtige und künftige Wirkung des Thalheimers. Eines nahen Tages wird auch die polyglotte Beschließerin von Kirche und Friedhof in Thalheim ein Exemplar von „Bäuchlings legt sich der Himmel“ in der Hand halten, und die Worte von Hoprich könnten gehört werden, „wenn alles sich abwärts durchwandert/bis zur Einfachheit des Staubes2 (S. 53). Denn: „Der Besen der Zeit fegt die Binsenwahrheiten rein“ (S. 77).
Der Hermannstädter Literaturkreis hatte Georg Hoprich 2010 öffentlichkeitswirksam eine Sitzung gewidmet (Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien/ADZ vom 24. April 2010 und 5. Mai 2010). Als sich dann im Frühjahr 2011 die Vertreter der internationalen Ortschaften des Namens T(h)alheim bei ihrer Namensschwester in Siebenbürgen trafen, wurden sie mit „Blasmusik, rumänischer Folklore und Georg-Hoprich-Gedichten“ empfangen (ADZ vom 8. Juni 2011). Das Thalheim-Treffen scheint weiter zu wirken. Im näheren Umkreis von Thalheim hat die Lokale Aktionsgruppe der Region Harbachtal (GAL) einen Wettbewerb ausgeschrieben: Wer gehört zu den zehn bedeutendsten Persönlichkeiten des Harbachtals? Georg Hoprich ist einer der Kandidaten.
Georg Hoprich: „Bäuchlings legt sich der Himmel. Gedichte“, Verlag Reinecke & Voß, Leipzig 2011, 101 Seiten, 10,00 Euro. ISBN 978-3-942901-00-0.
Reinecke meint, Sienerths Band von 1983 sei die Melancholie abzuspüren gewesen, dass er aus verständlichen Gründen zu spät kommen musste, „um in die aktuellen Debatten eingreifen zu können“ (S. 89). 2011 haben sich seiner Meinung nach die Rezeptionshindernisse (wie er ästhetische Schwierigkeiten heutiger Leserschaft nennt) sogar verstärkt. Wir-Gedichte und verbindliche Weltdeutung etwa kämen aus einer anderen Zeit. Eine emotionale Reduktion der Texte auf „ein Dokument der poststalinistischen Zwangsverhältnisse“ wäre ebenfalls nicht angemessen. Kann alles stimmen und wird gewiss doch zuerst noch einmal diskutiert werden. Aber gerade deswegen ist diese aktuelle Möglichkeit zu unvoreingenommener Lektüre für eine neue Generation ermutigend und erhellend. Diese neue Generation kann sich von Reineckes höchst professionellem Nachwort, den Verweisen auf Textvarianten im Vergleich zum Buch von 1983 und durch sein Studium auch der handschriftlichen Quellen informieren lassen, mit Entdeckerfreude selbst Streichungen von Hoprichs Hand in beigefügten Faksimiles wahrnehmen, bewegen wird sie die Stimme eines jungen Siebenbürger Sachsen aus Thalheim, die Zuwendung und Liebe, Anerkennung und Gerechtigkeit in eigener Tonlage anspricht und zuspricht. Hoprich kann uns ebenso an eine vergessene Wahrheit erinnern: Ohne Verklärung, auch wir landlosen Städter kommen alle vom Dorf, und dort ist auch Welt. Da sinken einige Rezeptionshindernisse hin. Eines beseitigt der Herausgeber sogar gleich selbst, indem er für zwei Mundartgedichte hochdeutsche Übertragungen von Klaus F. Schneider beibringt.
Bertram Reinecke sei Dank! Eine künftige Gesamtausgabe des überschaubaren Werkes von Hoprich bleibt ein Wunsch, der gerade angesichts dieses Dankes ausgesprochen werden soll, weil mit der neuen Edition ein vielleicht entscheidender Impuls vorliegt für die gegenwärtige und künftige Wirkung des Thalheimers. Eines nahen Tages wird auch die polyglotte Beschließerin von Kirche und Friedhof in Thalheim ein Exemplar von „Bäuchlings legt sich der Himmel“ in der Hand halten, und die Worte von Hoprich könnten gehört werden, „wenn alles sich abwärts durchwandert/bis zur Einfachheit des Staubes2 (S. 53). Denn: „Der Besen der Zeit fegt die Binsenwahrheiten rein“ (S. 77).
Der Hermannstädter Literaturkreis hatte Georg Hoprich 2010 öffentlichkeitswirksam eine Sitzung gewidmet (Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien/ADZ vom 24. April 2010 und 5. Mai 2010). Als sich dann im Frühjahr 2011 die Vertreter der internationalen Ortschaften des Namens T(h)alheim bei ihrer Namensschwester in Siebenbürgen trafen, wurden sie mit „Blasmusik, rumänischer Folklore und Georg-Hoprich-Gedichten“ empfangen (ADZ vom 8. Juni 2011). Das Thalheim-Treffen scheint weiter zu wirken. Im näheren Umkreis von Thalheim hat die Lokale Aktionsgruppe der Region Harbachtal (GAL) einen Wettbewerb ausgeschrieben: Wer gehört zu den zehn bedeutendsten Persönlichkeiten des Harbachtals? Georg Hoprich ist einer der Kandidaten.
Jens Langer
Georg Hoprich: „Bäuchlings legt sich der Himmel. Gedichte“, Verlag Reinecke & Voß, Leipzig 2011, 101 Seiten, 10,00 Euro. ISBN 978-3-942901-00-0.
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Schlagwörter: Rezension, Gedichtband, Hoprich
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