2. Oktober 2012

Filigrane Meisterwerke der Handarbeit

„Nicht Schönheit, Reichtum, Ehr, und Pracht, ist was den Wert des Menschen macht. Wer Weisheit liebt und Tugend ehrt, nur der hat wahren Menschenwert.“ Mit den Versen eines siebenbürgisch-sächsischen Wandspruches aus dem Jahre 1905 soll der Trachtenkundlerin Edith Rothbächer zu ihrem 80. Geburtstag am 2. Oktober gratuliert werden. Bekanntermaßen sind die von ihr hergestellten siebenbürgisch-sächsischen Trachtenpuppen filigrane Meisterwerke.
Edith Rothbächer, Ditha, wie sie von vielen guten Freunden und Verwandten genannt wird, wurde am 2. Oktober 1932 in Bukarest geboren, als Tochter des Schneidermeisters Johann Roth aus Großschenk und der Schneiderin Christine, geb. Roth, aus Agnetheln. Sie hat in der väterlichen Werkstatt in Großschenk im Harbachtal schon als Schülerin das Schneiderhandwerk kennen gelernt. In Schäßburg besuchte Edith Rothbächer das Untergymnasium und das Lehrerseminar. Danach studierte sie in Klausenburg Physik und Mathematik. Nach den Berufsjahren als Assistentin für Physik an der Universität Kronstadt und als Gymnasiallehrerin am Johannes Honterus-Gymnasium in Kronstadt war sie bis zum Renteneintritt 1992 als Lehrerin für Mathematik und Physik an verschiedenen Schulen in Bayern tätig. Nach 1994 begann sie mit ihrem zeitintensiven Hobby der Herstellung von siebenbürgisch-sächsischen Trachtenpuppen. Dank ihrer künstlerisch-gestalterischen Fähigkeiten und großer Geduld schuf sie in filigraner Arbeit kleine, wunderschöne Meisterwerke. Frau Rothbächer besuchte Trachtenveranstaltungen unseres Verbandes und fotografierte unzählige siebenbürgische Trachten bis ins kleinste Details, die sie später bei der Fertigung als Vorlage benutzte.
Edith Rothbächer mit einigen ihrer ...
Edith Rothbächer mit einigen ihrer Trachtenpuppen.
Die siebenbürgischen Trachtenbücher waren ihre treuen Begleiter. Sie hat ihre Begeisterung für die Handarbeiten und das Kunsthandwerk der Siebenbürger Sachsen durch Ankleiden von über 100 Trachtenpuppen, unter Anleitung der Trachtenkundlerin Dr. Gerda Bretz-Schwarzenbacher, zum Ausdruck gebracht. Mit großem Erfolg wurden ihre Trachtenpuppen ab 1996 in vielen Ausstellungen und Diavorträgen gezeigt. 1999 entstand ein schöner Kalender, anschließend ein Namenstagkalender mit vielen bunten Bildern. Am Beispiel dieser unzähligen Trachtenpuppen lassen sich der Arbeitsaufwand, die Beschaffungs- und Materialkosten nicht leicht ermitteln. Ihre Trachtenpuppen repräsentieren alle Trachtenlandschaften Siebenbürgens: Hermannstädter Gegend/Das Alte Land, Unterwald, Kokelgebiet, Repser Ländchen/Altland, Harbachtal, Kronstädter Gegend/Burzenland, Reener Ländchen/Sächsisch Reen und Bistritzer Gegend/Nösnerland.

Durch die maßstabs- und originalgetreue Darstellung der Trachten werden wertvolle Details der alten deutschen Kultur überliefert und das Erbe der Siebenbürger Sachsen bewahrt. Die über 60 Trachtenpuppen wurden von Edith Rothbächer dem Friedrich-Teutsch-Haus übergeben, das in Zusammenarbeit mit dem Demokratischen Forum der Deutschen in Hermannstadt unter Leitung von Dr. Gudrun-Liane Ittu eine schöne Ausstellung organisiert. Diese Sammlung ist das Ergebnis eines Aufrufes des Landeskonsistoriums der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien und von Bischof D. Dr. Christoph Klein, den die Waldkraiburgerin Edith Rothbächer zum Anlass genommen hat, über 60 detailgetreue Trachtenpuppen nach Bilddarstellungen und eingehendem Studium der Trachten zu fertigen.

Die Siebenbürger Sachsen, die im 12. Jahrhundert aus dem Gebiet um Rhein und Mosel in das Karpatenhochland ausgesiedelt sind, haben ihre deutschen Volkstrachten über Jahrhunderte bewahrt. Neue Elemente kamen hinzu und vervollständigten ein prächtiges Trachtenbild. Die enge Verbindung von Tracht und Brauchtum sicherte das Fortbestehen der siebenbürgisch-sächsischen Trachten bis in die Gegenwart. Edith Rothbächer hat sehr viele schöne Ausstellungen mit ihren Trachtenpuppen gemacht, sei es beim Heimattag in Dinkelsbühl oder beim Heimattag in Wels in Österreich. Die schöne Trachtenpuppenausstellung am Tag der Heimat 2010 in Waldkraiburg, die Dauerausstellung im Kultur- und Begegnungszentrum Friedrich Teutsch in Hermannstadt, die Trachtenpuppenausstellung anlässlich des 30-jährigen Jubiläums des siebenbürgischen Jugendtanzgruppe Waldkraiburg mit über 45 Trachtenpuppen am 14. April 2012 und unzählige kleinere Ausstellungen mit siebenbürgischen Heimattischen. Derzeit sind über 60 Trachtenpuppen nebst Kirchentrachtenteilen der Siebenbürger Sachsen im „Friedrich-Teutsch“-Haus zu bestaunen. Dort findet man aber auch kirchliche Exponate, wie den Altar aus der evangelischen Kirche in Streitfort, Patene und Kelche, außerdem Volkskunst und Fotos vom alltäglichen kirchlichen Leben. Landsleuten wie Volkskunst-Interessenten ist ein Besuch dieser Ausstellung sehr zu empfehlen. Das Landeskirchliche Museum in Hermannstadt ist bestrebt, diese schönen Trachtenpuppen durch Plexiglas-Bedachungen vor Verunreinigung zu schützen.

Möge Frau Edith Rothbächer auch weiterhin so schöne Trachtenpuppen herstellen und unser siebenbürgisches Volksgut weiterführen. Für ihre Arbeit verdient die Jubilarin unseren Dank und unsere Bewunderung.

Dietmar Melzer

Schlagwörter: Geburtstag, Trachtenpuppen

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