27. November 2025

Stadt Pforzheim würdigt Bildhauer, Zeichner, Fotokünstler Peter Jacobi zum 90. Geburtstag

In der Stadt Pforzheim gilt der Bildhauer, Zeichner und Fotokünstler Peter Jacobi als eine Institution. Als Professor an der Hochschule für Gestaltung vor Ort hat er von 1971 bis 1998 Generationen von bildenden Künstlern in ihrer Entwicklung geprägt und zugleich auch im öffentlichen Raum Spuren hinterlassen. Darüber hinaus bereichern seine großartigen gestalterischen Konzepte, etwa jene zu einem Wallberg-Denkmal auf dem über 400 m hohen Berg, auf dem der Schutt der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Stadt lagert, als unverwechselbare Visionen den geistigen Erinnerungs-Schatz dieser Stadt.
Der Pforzheimer Bürgermeister Tobias Volle ...
Der Pforzheimer Bürgermeister Tobias Volle gratuliert Peter Jacobi zum 90. Geburtstag.
Dementsprechend fand die Würdigung des am 11. November 90 Jahre alt gewordenen Künstlers in feierlicher und seiner ­Persönlichkeit angemessenen Atmosphäre statt. Bürgermeister, Journalisten, der Generalkonsul von Rumänien in Stuttgart, ehemalige Weggefährten, Studenten, Vertreter und Stipendiaten der von Peter Jacobi ins Leben gerufenen Kunststiftung waren gekommen. Im neuen „Kulturraum“ der Stadt in der Deimlingerstraße empfing sie eine Ausstellung jener Werke, bzw. der Bozzetti so mancher in der halben Welt verteilten Memorials und Skulpturen, von Deutschland über Rumänien bis nach China und Korea. Die Exponate gewähren einen Überblick über ein beeindruckendes Oeuvre und stellten zugleich Wegmarken in einem langen Künstlerschaffen dar. Die Gäste und Gratulanten wurden von Pforzheims Bürgermeister Tobias Volle mit einer Würdigung des Geburtstagskindes begrüßt: „Mit klaren Formen, besonderen Materialien und eindrucksvoller Ausdruckskraft hat er, Peter Jacobi, Werke geschaffen, die den Betrachter zum Nachdenken bringen und ihn das Erinnern lehren“.

Die Laudatio hielt mit viel Einfühlungsvermögen und Kenntnis des Welt- und Kunstverständnisses von Peter Jacobi der Kunsthistoriker und Journalist bei den Badischen Neuesten Nachrichten Michael Hübl. Er hat Peter Jacobis Schaffen über Jahrzehnte begleitet. In Jacobis Arbeiten spiegele sich eine Zeit epochaler Brüche wider, resümierte Hübl, die von Kriegserfahrungen bis hin zu einer technologisch geprägten Gegenwart gezeichnet sei.

Bei allen Gesprächen wurden leitmotivisch zwei Großprojekte Jacobis erwähnt, die das Wesen von dessen Kunst- und Erfahrungswelt ausmachen: In deren Zentrum stehen die konkret von seiner Generation erlebten Jahrhundertbrüche und deren Ausdruck als einer der Conditio humana zugehörigen, allumfassenden Leiderfahrung. Wobei gerade das zum Leid Geronnene auch Hoffnung auf ein „Aufrichten“ innezuhaben scheint. Zum einen wurde hingewiesen auf das World War II Memorial, ein aus Stahl und Corten-Stahl gestaltetes Monument, das dem Schicksal dieser im Zweiten Weltkrieg zerstörten Stadt und den Opfern der Bombardierung vom 23. Februar 1945 gewidmet ist. Es steht im räumlichen Herzen Pforzheims vor der Stadtkirche und verkörpert mit seinen gen Himmel zeigenden Streben, über die Erinnerung an die konkrete Tragödie einer Stadt weit hinausgehend, die allgemeingültige menschliche Erfahrung von Krieg, Leid und Tod und zugleich den Neubeginn als Stärke des Menschlichen. Peter Jacobi definierte „das (Stahl)Gefüge“ als eine „prekäre Balance zwischen Zusammenbrechen und Aufrichten“. Hierbei wählte er die künstlerische Herausforderung an ein Material, das, in Technologieprozessen gehärtet, resistent in seiner Linearität daherkommt und stellvertretend für Kraft und Ausdauer im Widerspiel von Flexibilität und Starre das angestrebte Erinnerungsbild symbolhaft für Augen und Geist zu kommunizieren vermag.
Der Jubilar Peter Jacobi vor einer seiner ...
Der Jubilar Peter Jacobi vor einer seiner Fotoarbeiten aus der Serie „Kirchenburgen in Siebenbürgen“. Fotos: Stadt Pforzheim
Anders als bei dieser Vertikalkomposition offenbart sich hingegen Peter Jacobis Holocaust-Mahnmal in Bukarest, das weit in Fläche und Raum hinausgreifend, an die Tragödie eines ganzen Volkes im 20. Jahrhundert erinnert. Doch auch hier setzt Peter Jacobi in einem gewaltigen Formungsprozess der Materie auf die Suggestionskraft und die Erfahrungsqualität abstrakter Monumentalität, die den Betrachter durch neue sinnliche Raumwahrnehmung an den Nachvollzug des Geschehenen heranzuführen versucht, ohne den Anspruch auf letzte Offenbarung jüdischen Schicksals im Zweiten Weltkrieg zu erheben.

Peter Jacobi selbst gewährte im Rückblick auf sein Leben und die erfahrenen Brüche durch Kommunismus und die Aussiedlung aus Siebenbürgen, Einblicke in seine Kunst und seine Resonanzbereitschaft für die großen Themen menschlichen Daseins und gesellschaftlicher Erfahrungen im 20. Jahrhundert. Hierbei rückte ein weiterer Aspekt seiner vielschichtigen schöpferischen Tätigkeit in den Fokus der Aufmerksamkeit. Es sind seine fotografischen Arbeiten – angesiedelt zwischen Kunst und Dokumentation – in denen er den Zustand des von den Siebenbürger Sachsen in der Heimat zurückgelassenen kulturellen Erbes am Beispiel verlassener Kirchen und Schulen eindringlich im Bild festgehalten hat: Erinnerungsorte (lieux de mémoire), denen ihre Trägergesellschaft (milieux de mémoire) verloren gegangen ist.

Der anschließende Empfang und die vielen Gratulationen schufen danach die Atmosphäre für anregende Gespräche und den vielfach geäußerten Wunsch, dem rüstigen Jubilar möge die Schaffenskraft auch in der Zukunft erhalten bleiben. Sein Wesen, das seinem Gesamtwerk eingeschrieben ist, möge sich auch weiterhin so offenbaren, wie es Michael Hübl formulierte: „geprägt von großer Aufgeschlossenheit Neuem gegenüber und getragen von tief verwurzelter Humanität.“

Irmgard Sedler

Schlagwörter: Geburtstag, Peter Jacobi, Pforzheim

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