3. Januar 2013

"Die Patrioten" - eine siebenbürgisch-deutsche Familienchronik

Peter Scheiners Roman „Die Patrioten“ schildert eine Reihe von Ereignissen zwischen den Jahren 1944 und dem Mauerfall 1989 bis hin zum Exodus der Siebenbürger Sachsen aus Rumänien und wird somit zu einem vielseitig ausgeleuchteten Zeitdokument.
Der Autor erfasst Umstände, unter denen Menschen verschiedener Altersgruppen sich dafür einsetzen, dass die bitteren Kriegsfolgen beseitigt werden, dass Deutschlands Wirtschaft wieder aufgebaut wird, dass es den Menschen wieder besser geht und dass die Welt Deutschland wieder achten kann. Bezeichnend ist Scheiners Widmung am Anfang des Buches: „Eine Hommage an die Generation meiner Eltern.“

Die Handlung setzt ein mit der Lebensbeschreibung des in Siebenbürgen aufgewachsenen Eitelfritz Roth, sozusagen dem Oberhaupt der Großfamilie, einem Lebenskünstler, der wie ein Stehaufmännchen immer wieder schwierige Situationen in den Griff bekommt. Er schleust sich und seine Familie auf abenteuerliche Weise nach dem Krieg aus dem Osten in den Westen, schafft es, zusammen mit seiner überaus tüchtigen Ehefrau Gertrud eine neue Existenz aufzubauen, arbeitet unter anderem als Betriebsleiter in einem bekannten Münchner Unternehmen und erlebt im Nachkriegsdeutschland das sogenannte Wirtschaftswunder. Die Chronik berichtet von mehreren tüchtigen und rechtschaffenen Mitgliedern der Familie. Auf seine Nachkommen ist Eitelfritz Roth besonders stolz, weil sie sich gut entwickeln, an verschiedenen Hochschulen studieren, sich in den Wiederaufbau einbringen und das Ansehen Deutschlands in der Welt mehren.

Kennzeichnend für das Denken von Eitelfritz, der sich intensiv mit der politischen Entwicklung weltweit auseinandersetzt, sind seine letzten Worte. Er schließt die Augen und nimmt Abschied von seinen Lieben: „Ihr dürft keinen Krieg mehr machen. Krieg ist etwas Schreckliches, weil die Menschen dann tun, was man ihnen sagt, ohne zu überlegen.“

Interessant zu verfolgen ist die einmalige Freundschaft seines Sohnes Georg mit Peter Breiten. In der Jugend schwören sich die beiden „Blutsbrüderschaft“. Die tiefe Verbundenheit der Männer bleibt unerschüttert bestehen während ihres gemeinsamen Studiums der Volkswirtschaft, während Georgs beruflichem Werdegang als Journalist bei der „Frankfurter BILD-Zeitung“, während Peters steilem Aufstieg zum Vorstandsvorsitzenden einer Frankfurter Bank und bis zum Zeitpunkt seiner Ermordung.

Idyllisch sind die Erinnerungen Georgs an Siebenbürgen, an Mediasch, die Kokel, die Hula in den Weinbergen, das urgemütliche Elternhaus seiner Mutter, die deftige siebenbürgische Küche, seine glückliche Kindheit, besonders die Radtouren mit seinen Freunden. Immer wieder spukt in seinen Gedanken die Stolzenburg, die er einst als junger Schwärmer neu aufbauen wollte, um dort seinen Sitz als Sachsenführer zu errichten. Jugendträume, die das Rad der Geschichte zermalmt.

Als fast Siebzigjähriger fährt er aus Deutschland zur Beerdigung seines Freundes Günther nach Mediasch. Der Autor beschreibt Georgs Wahrnehmungen: „Nur wenig jüngere Leute waren unter den in Mediasch lebenden Deutschen, die fast alle zur Beerdigung kamen." Am Grab seines Freundes verabschiedet er sich mit den Worten: „Als Jungen hatten wir beide einen Traum. Wir wollten aus diesem Land, in das wir geboren wurden, die Schweiz des Balkans machen, ein Land, in dem die verschiedenen Nationen in Eintracht leben, ohne ihre Eigenart aufgeben zu müssen.“

Schließlich kann man festhalten, dass der Roman „Die Patrioten“ ein sehr interessantes, lesenswertes und sprachlich gekonnt erzähltes Buch ist, das dem Leser viel Wissenswertes aus der Nachkriegszeit vermittelt, das harmonisch in die Geschichte einer aus Siebenbürgen stammenden Familie eingebunden wird. Es ist Peter Scheiner gelungen, die wechselvolle Geschichte des 20. Jahrhunderts im Fokus der Chronik lebendig und nachvollziehbar darzustellen. Die gründlich recherchierten Details reichen über die individuellen Schicksale hinaus, steigern die Spannung beim Lesen und haben dokumentarischen Wert.

Peter Scheiner, der Autor des im Schiller Verlag in Hermannstadt erschienenen Buches, wurde 1932 in Kronstadt geboren, verlebte eine glückliche Kindheit in Mediasch und wanderte 1944 mit seiner Familie nach Deutschland aus. In Lindau am Bodensee begann seine berufliche Ausbildung zum Verlagskaufmann. Später war er in verschiedenen Verlagen in Hamburg und Stuttgart als Journalist tätig, avancierte dann zum Verlagsdirektor. Zurzeit ist er Geschäftsführer des Autorenkreises „Sozialdialog Naturwissenschaft und Medien e.V.“ 2008 beteiligte er sich am neunten Preisausschreiben der Stiftung „Kreatives Alter“ in der Schweiz. Für sein Werk „Die Patrioten“ erhielt er einen der dreizehn zuerkannten Preise. Das ihm zustehende Autorenhonorar hat Scheiner an die Stiftung Siebenbürgische Bibliothek in Gundelsheim gespendet.

Rosel Potoradi

Das 352 Seiten starke Buch „Die Patrioten. Eine siebenbürgisch-sächsische Familienchronik“, ISBN 978-3-941271-75-3, Preis: 18,90 Euro, kann bestellt werden im Siebenbuerger.de-Shop, beim Schiller Verlag Hermannstadt oder in allen Buchhandlungen in Deutschland.

Schlagwörter: Rezension, Roman, Familienchronik

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Neueste Kommentare

  • 10.01.2013, 19:49 Uhr von cäsar: Den vorgehaltenen Spiegel brauchen Sie, nicht ich! Sie als Schreiberling, wenn hier die Kommentare ... [weiter]
  • 08.01.2013, 23:29 Uhr von Schreiber: nein Herr Käser, und auch bestimmt nicht das letzte mal, leider... die Gelegenheiten werden ... [weiter]
  • 08.01.2013, 20:39 Uhr von cäsar: Herr Schreiber, das tun Sie hier nicht das erste mal.... ave [weiter]

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