17. August 2013

Maler Michael Barner in den Sammlungen des Harbachtalmuseums Agnetheln

Am 22. August um 10 Uhr wird im Agnethler Harbachtalmuseum die Ausstellung „Michael Barner (1881-1961)“ eröffnet. Sie bildet den Auftakt zu einem gemeinsamen Projekt der HOG Agnetheln, des Siebenbürgischen Museums Gundelsheim und des Harbachtalmuseums, das sich die Wiederentdeckung dieses Malers und die Aufarbeitung seines Schaffens zum Ziel gesetzt hat. 2014 wird eine Schau in Gundelsheim mit der Herausgabe eines Katalogs das von Dr. Irmgard Sedler koordinierte Projekt abrunden. Die Ausstellung in Agnetheln kann bis zum 21. Dezember 2013 montags bis freitags von 9-16 Uhr und samstags von 10-16 Uhr besucht werden.
In den 1960er Jahren überführte der damalige Kustos des Agnethler Harbachtalmuseums, Erhard Andrée, einen beachtlichen Teil des Nachlasses des Malers Michael Barner aus dem Besitz seiner Familie ins Museum: „32 Ölbilder, 21 Aquarelle, 45 Kohlezeichnungen, 41 Zeichnungen in Silberstiftmanier“ listet Andrée auf. Hinzu kam ein beachtliches Konvolut an literarischen Texten in allen siebenbürgischen Landessprachen, an autobiographischen Aufzeichnungen sowie Vertonungen ungarischer, deutscher, rumänischer wie zigeunerischer Texte volkstümlicher Prägung. Sie verweisen auf die vielseitige Begabung einer hochsensiblen Künstlerseele, die sich lebenslang nie aus den finanziellen Bedrängnissen eines freien Künstlerlebens und den Grenzen seiner kleinbürgerlichen Herkunft beziehungsweise des ihr entsprechenden gesellschaftlichen Umfeldes zu lösen vermochte: „Ich möchte, wenn sie [die Eltern] sich meiner doch wenigstens ein bisschen freuen könnten und darüber, dass ich Maler bin. Ich wünschte mir nichts sehnlicher als den Augenblick, wo sie an meinem Berufe und meinen zukünftigen Werken mit derselben Freude Anteil nehmen könnten, als er mir mein ganzes Lebensglück bedeutet“, heißt es in einem Brief vom 7. Januar 1906, den Michael Barner aus Rom an einen Agnethler Freund richtet.

Die Werke im Harbachtalmuseum gehören größtenteils zu der anfänglichen, künstlerisch vielversprechenden Schaffensperiode Barners aus der Zeit von 1900 bis zum Ende der 1920er Jahre. Es war dies eine trotz materieller Engpässe optimistische Zeit, in der der Maler in Erwartung der gesellschaftlichen wie künstlerischen Anerkennung ungebrochen an seine Berufung und seine Kunst glaubte. Die Graphiken und Ölgemälde aus dieser Zeit spiegeln die Auseinandersetzung Barners mit den zeitaktuellen Kunstströmungen und dem Einfluss dessen wider, was ihm der Besuch akademischer Malschulen vermittelte.
Michael Barner: „Pferdewagen in Agnetheln“, Öl ...
Michael Barner: „Pferdewagen in Agnetheln“, Öl auf Leinwand, 36 x 54 cm, nicht signiert, o. J.
Zugleich verraten sie die Resonanzbereitschaft des Künstlers für die Werke deutscher, französischer und vor allem ungarischer und weniger siebenbürgisch-sächsischer Künstler seiner Generation, mit denen er einen regen Austausch pflegte. Während die in Rom entstandenen Porträts und Aktstudien einen begnadeten Zeichner verraten, der, das letzte Echo symbolistischer Gefühlswelten überwindend, sich einer geklärt expressiven Darstellung zuwendet, sprechen die Ölgemälde des zweiten Jahrzehnts die Sprache jener in Nagybánya propagierten Landschaftsmalerei im Zeichen von Fauvismus und Dekorativismus. Die fauvistischen Reflexe bleiben Barner auch dort erhalten, wo er Farbflächen im Spiel des Lichtes zu erzählenden Bildern, zu formalisierten Landschaften entsprechend überlieferter Kompositionsmuster und Architekturdarstellungen verbindet. Die aus seiner Agnethler Lebenswelt und der heimischen Landschaft inspirierten Arbeiten dieser Zeit gehören in diesen Zusammenhang.
Plakat der Ausstellung in Agnetheln. ...
Plakat der Ausstellung in Agnetheln.
Die Ausstellung in Agnetheln bildet den Auftakt zu einem Projekt, das sich die Wiederentdeckung dieses Malers und die Aufarbeitung seines künstlerischen Schaffens zum Ziel gesetzt hat.

Irmgard Sedler



Biographie Michael Barner

25. Januar 1881 – geboren in eine Handwerkerfamilie in Agnetheln/Siebenbürgen Ab 1893 – Schüler an der ungarischen Bürgerschule in Fogarasch

1900 – Absolvent der staatlichen (ungarischen) Handelsmittelschule in Kronstadt

1903/1904 – Student mit staatlichem Stipendium an der Musterzeichenschule in Budapest (die spätere Kunstakademie)

1904 bis 1918 – regelmäßige Aufenthalte in der Künstlerkolonie in Frauenbach/Nagybánya

1905 – Michael Barner ist erstmals mit drei Porträtstudien in der Öffentlichkeit präsent (Ausstellung siebenbürgischer Künstler des Sebastian-Hann-Vereins in Hermannstadt, 30. Juli-26. August 1905).

1905 – Der Agnethler Schneidermeister Johann Brenner gründet einen Freundeskreis, der Barner eine Bildungs- und Studienreise durch Europa ermöglichen soll.

1905/1906 – Wanderung durch Europa (Ungarn, Österreich, Bayern, die Niederlande, Frankreich, Italien)

Dezember 1905 – Ankunft in Rom. Im Anschluss hält sich Barner beim siebenbürgischen Maler Robert Wellmann in Cervara di Roma auf.

1906 – Scuola Libera di Roma. Aktzeichnen

1907 – Rückkehr in die Heimat. Erste persönliche Ausstellungen ab Oktober in Kronstadt, Hermannstadt und Schäßburg.

1910/1911 – Wanderung an die Stätten europäischer Kunst bis in die Niederlande. Auf dem Rückweg Aufenthalt für ein Studiensemester an der Kunstakademie in München.

1912 – Mit seiner zweiten Einzelausstellung in Hermannstadt tritt Michael Barner endgültig ins Bewusstsein der kunstinteressierten siebenbürgischen Bevölkerungsschichten.

1913 – Aufenthalt in München

1914/1915 – Barner erlebt den Anfang des Ersten Weltkriegs als Leutnant beim K.u.K. Landsturm. Nach einer Gehorsamsverweigerung bringen ihn Freunde in der Hermannstädter Nervenheilanstalt unter. Ab 1918 – Atelier in Berlin Mitte der 1930er Jahre – Rückkehr in die Heimat. Barner verdient sich seinen Lebensunterhalt mehr schlecht als recht als freier Maler in Schäßburg, Hermannstadt, Sächsisch-Reen, Mediasch und verbleibt, unterbrochen durch Aufenthalte in der Nervenheilanstalt, schließlich in seiner Vaterstadt Agnetheln. Zeitweilig lebt er bei den nomadisierenden Roma-Stämmen in der Umgebung von Agnetheln.

Um 1950 – Umzug ins Altenheim nach Birthälm

6. Juli 1961 – Michael Barner stirbt im Krankenhaus in Mediasch, begraben wird er auf dem ev. Friedhof in Mediasch.

Irmgard Sedler, Helga Lutsch

Schlagwörter: Maler, Ausstellung, Agnetheln

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Neueste Kommentare

  • 22.08.2013, 09:51 Uhr von orbo: Niveauvolle Auftaktveranstaltung einer hoffentlich langen und guten Zusammenarbeit zwischen ... [weiter]

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