18. Dezember 2013

Intime Einblicke bei Lesung in München

Dagmar Dusil las am 13. November im Haus des Deutschen Ostens München (HDO) aus ihrem 2012 erschienenen Band „Wie die Jahre verletzen“. Prof. Dr. Peter Motzan sorgte bei seiner Ein­führung für den überraschenden Knalleffekt der gelungenen Veranstaltung, die von Peter Szaunig musikalisch umrahmt wurde und mit einem Abendessen in gemütlicher Runde ausklang.
Mit einem „intimen Geständnis“ begann der Literaturwissenschaftler Prof. Dr. Peter Motzan seine Einführung; – sehr zur Überraschung des Publikums wie auch der Veranstalter: Institut für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas (IKGS), Haus des Deutschen Ostens München (HDO) sowie Kreisgruppe München und Bundeskulturreferat des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V. „Emotional angerührt“ entschuldigte sich Motzan dafür, mit seiner bisherigen Praxis gebrochen zu haben und erstmals Persönliches in seine literaturwissenschaftlichen Betrachtungen habe einfließen lassen. Mit Applaus nahm das Publikum das Bekenntnis auf, dass „die 14-jährige Dagy für den 16-jährigen Peter die erste Jugendliebe war“, die sich während der Zeit am Hermannstädter Lyzeum als „korrosionsbeständig“ gezeigt hatte. Auch wenn der Kontakt – nicht zuletzt wegen des gemeinsamen Intresses an der Literatur – nie abgebrochen war, merkte man Peter Motzan die Befangenheit an, die die erste persönliche Begegnung seit über 40 Jahren ausgelöst hatte. Motzans Geist und Sprache zeigten sich so brillant wie gewohnt, aber nicht ganz so scharf geschliffen, eher wie in Watte gepackt.
Peter Motzan, Dagmar Dusil und Peter Szaunig (v. ...
Peter Motzan, Dagmar Dusil und Peter Szaunig (v. l.) nach der Lesung. Foto: Konrad Klein
Nichtsdestotrotz skizzierte er ein ansprechendes Porträt von Dagmar Dusil und bot eine pointierte Standortbestimmung. Demnach ragt der Kurzgeschichtenband „Wie die Jahre verletzen“ innerhalb des seit 2001 entstandenen vierbändigen literarischen Werks von Dusil heraus. Hatte sie schon in den „Hermannstädter Miniaturen“ den ihr adäquaten Ton gefunden, so entwachsen die zuletzt erschienenen 18 Kurzgeschichten auf­grund ihrer klaren Komposition und Sprachmeis­terschaft dem davor dominanten nostalgischen Rückblick, und das Sittenbild einer kleinbürgerlichen Familie, das die frühen Werke bieten, wird zu einer Erzählung, die über Zeit und Ort hinaus trägt und Bestand hat. Dem Band „Wie die Jahre verletzen“ zollte Motzan seine begründete Wertschätzung, der er klare Grenzen setzte. So etwa, wenn er Herta Müller und Terézia Mora als „Dusils jüngere Schwestern“ bezeichnete und wörtlich meinte, keineswegs aber als qualitative Einordnung.

Professor Motzans Betrachtungen untermauerte Dagmar Dusil mit der Kurzgeschichte „Goldenes Schweigen“. Darin richtet sie ihren luziden Blick auf die Zeit der Nationalisierung und kommunistischen Machtübernahme in Hermann­stadt. Sie fängt diese Umbruchzeit und deren Zeitgeist in lapidaren Sätzen ein, obwohl es darin um den eigenen Großvater geht, der den Verlust des eigenen Stoffgeschäfts nicht verkraften kann. Als Zugabe las sie noch Fragmente aus „Bilder einer Kindheit“. Obwohl auch bei Dusil eine gewisse Befangenheit nicht zu übersehen war, blieb begeisterter Applaus nicht ihr einziger Lohn; der Büchertisch, auf den Bundeskulturreferent Hans-Werner Schuster in seiner Begrüßung hingewiesen hatte, war ausverkauft.

Für Dagmar Dusil war es ein rundum gelungener Abend, zu dem der Pianist Peter Szaunig mit „Zwei Tänze für Palucca“ von Richard Wagner-Régenyi sowie dem „Nocturne“ und zwei wei­teren Miniaturen von Carl Filtsch seinen Beitrag geleistet hatte. Zufrieden konnten auch die Veranstalter sein, allen voran die Stellvertretende Direktorin des HDO Brigitte Steinert. Sie konnte sich gleich zweimal über ein volles Haus freuen, denn in der HDO-Wirtschaft „Zum Alten Bezirks­amt“ klang der Abend bei siebenbürgischem Champignon-Rahmschnitzel und Zitronencreme in angenehmer Atmosphäre aus.

H-WS

Schlagwörter: Lesung, München, Literatur

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