25. Januar 2014

Neuerscheinung: „Die Blaskapellen des Burzenlandes“

Die Blaskapellen haben das Leben der Siebenbürger Sachsen im Burzenland in ihren wesentlichen Stationen von der Wiege bis zum Grab maßgeblich begleitet. In dem kürzlich erschienen Buch „Die Blaskapellen des Burzenlandes“ wird die rund 180-jährige Geschichte der Blasmusik aus den einzelnen Gemeinden von der Entstehung bis in die Gegenwart dokumentiert. Das Vorwort von Karl-Heinz Brenndörfer, Leiter der HOG-Regionalgruppe Burzenland, wird im Folgenden leicht gekürzt wiedergegeben.
Die Entstehung der Blasmusik ist eng mit der Kirchenmusik verbunden. Der Name „Adjuvanten“ leitet sich ab vom lateinischen „adiuvare = helfen, unterstützen“. Die Adjuvanten waren also ursprünglich Helfer des musikalischen Kirchenpersonals (der Lehrer), ein Begriff, der mit den Jahren auf die Gesamtheit der Bläser übertragen wurde.

Die meisten Burzenländer Blaskapellen wurden nach 1830 gegründet. Erst durch die Erfindung der Dreh- und Zylinderventile für Blechblasinstrumente 1832 wurden die Instrumente verbessert, und so war es möglich, die Blaskapellen im heutigen Sinne zu gründen (Hans-Günther Kessler, Schirkanyen).

Aufschluss über die Entwicklung der Blasmusik geben uns die Presbyterial- oder Konsistorialprotokolle der einzelnen Kirchengemeinden. In den Urkunden wird immer wieder über die Entlohnung der Adjuvanten und die Beschaffung von neuen Instrumenten oder Notenmaterial berichtet. In den Gemeinden des Burzenlandes gab es fast zu jeder Zeit jeweils eine junge und alte Blasmusik, die sich einvernehmlich aushalfen, aber auch oft in hartem Konkurrenzkampf standen. Die junge ersetzte in der Regel die alte Formation, wenn diese altersbedingt oder aus anderen Gründen nicht mehr spielfähig wurde.

Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren die Blaskapellen in den Gemeinden des Burzenlandes nicht mehr wegzudenken. Sie spielten zu allen Anlässen, wie bei Dorffesten jeglicher Art, Hochzeiten, Schulfeiern, Bällen der Nachbarschaften und Vereine oder bei Begräbnissen. Diese rege, inzwischen zur Tradition gewordene Musikpflege wurde durch die beiden Weltkriege unterbrochen, konnte sich aber erstaunlich schnell wieder erholen. Selbst in der kommunistischen Zeit erreichte manche Formation ihren Höhepunkt. Nach 1945 fiel die Unterstützung durch die Kirchengemeinden oder Kommunen weg, und die sich neu formierenden Blaskapellen waren auf sich allein gestellt. Die heranwachsenden Jugendlichen, die von Krieg und Deportation verschont geblieben waren, bildeten nun den Kader dieser Kapellen. Es hat nicht an Persönlichkeiten gemangelt, diese Jugendlichen anzulernen oder auszubilden. Der Bedeutendste von ihnen ist Rudi Klusch. Dazu kamen aus der Deportation heimgekehrte Musikanten. Die Blaskapellen funktionierten innerhalb der Kulturheime, einer neuen kommunistischen Einrichtung, die es auf jedem Dorf gab, die aber kaum finanzielle Unterstützung bot. Die neuen Machthaber duldeten die Blaskapellen, denn sie brauchten sie, um die Aufmärsche am 1. Mai oder 23. August wie auch Wahlveranstaltungen und Sitzungen musikalisch begleiten zu lassen.

Zudem wirkten die Blaskapellen bei Kulturabenden mit, die sich zu wahren Volksfesten entwickelten. Nach gelungenem Auftritt in der eigenen Gemeinde gab es Ausfahrten in die Nachbargemeinden, in andere Ortschaften Siebenbürgens und sogar des Banates. Ab den 1960er Jahren passten sich einige Kapellen an den geänderten Geschmack des Publikums an und gründeten Leichtmusikorchester, die auf Hochzeiten nach der Pause und auf Bällen zum Tanz aufspielten, oft begleitet von Gesang. In der Endphase des Ceaușescu-Regimes wurde es immer schwieriger, Kulturabende zu organisieren. Dass es sie dennoch bis zum Umbruch gab, ist sicherlich auch der Karpatenrundschau zu verdanken.

Nach der großen Aussiedlungswelle, die nach 1989 einsetzte, lösten sich die meisten Blaskapellen auf. Prof. Ernst Fleps gelang es, die dort gebliebenen Musikanten zu sammeln und die Burzenländer Blaskapelle zu gründen. Es spielten auch andere Musiker mit, etwa ausgediente Militärmusiker, Ungarn aus Neudorf und Krisbach, die vormals von Albert Slapnicar angelernt worden waren. Nach dem Tode von Ernst Fleps am 25. März 2009 war der Fortbestand der Kapelle mangels Dirigenten zunächst bedroht, aber sie hat sich inzwischen stabilisiert und führt die Tradition der siebenbürgisch-sächsischen Blasmusik fort.

Parallel dazu pflegen viele ausgesiedelte Musikanten die Blasmusiktradition in Deutschland weiter. Die Blaskapellen der einzelnen Gemeinden nahmen ihre Tätigkeit wieder auf und spielen zum Beispiel bei HOG-Treffen oder beim Heimattag in Dinkelsbühl.

An die Musikantentreffen im Burzenland knüpften die Familien Klaus Oyntzen (Weidenbach) und Helfried Götz (Neustadt) an, als sie ein erstes Burzenländer Musikantentreffen vom 17. bis 19. Oktober 2008 in Friedrichroda auf privater Basis organisierten. Das Treffen fand einen derartigen Anklang, dass eine zweite Veranstaltung geplant wurde, diesmal in Zusammenarbeit mit der Regionalgruppe Burzenland im Verband der Siebenbürgisch-Sächsischen Heimatortsgemeinschaften e.V. Mit Blick auf das Burzenländer Jubiläumsjahr 2011 wurde beim zweiten Musikantentreffen vom 5.-7. November 2010 in Friedrichroda einheitliches Notenmaterial erstellt und das Zusammenspiel geprobt. So war der Auftritt der 137 Musikanten beim Konzert der Vereinigten Burzenländer Blaskapellen beim Heimattag am 12. Juni 2011 in Dinkelsbühl ein großartiger Erfolg. Eine kleinere Formation vertrat die Burzenländer Musikanten aus Deutschland würdevoll beim Sachsentreffen am 17. September 2011 in Kronstadt.

Auf Initiative von Klaus Oyntzen beschlossen die Burzenländer Heimatortsgemeinschaften auf ihrer Tagung im April 2012 in Crailsheim, eine Chronik der Musikformationen zu erstellen. Die Heimatortsgemeinschaften bzw. das Demokratische Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt lieferten die Texte und das Bildmaterial. Diese Musikchronik konnte schon beim dritten Burzenländer Musikantentreffen vom 1.-3. November 2013 in Friedrichroda vorgestellt werden. Möge diese Publikation dazu beitragen, die Burzenländer Blasmusiktradition im Bewusstsein möglichst vieler Menschen wachzuhalten und sie dazu anspornen, dieses wertvolle Kulturgut in die Zukunft zu tragen.

Karl-Heinz Brenndörfer


Das Buch „Die Blaskapellen des Burzenlandes. Geschichte und Werdegang der Blasmusikformationen aus den Burzenländer Gemeinden“, herausgegeben von der HOG-Regionalgruppe Burzenland im Selbstverlag, 314 Seiten, 130 Schwarzweißabbildungen, 103 Farbbilder, 13 Dokumente, ISBN 978-3-00-044361-9, kann zum Preis von 14 Euro, zuzüglich Versand, bestellt werden bei Klaus Oyntzen, Breisgaustraße 5, 77933 Lahr, Telefon: (0 78 21) 98 19 09, E-Mail: klaus.oyntzen[ät]weidenbach-burzenland.de.

Schlagwörter: Blasmusik, Buch, Burzenland

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