24. Februar 2014

Der Lehrer Rolf Höchsmann erfüllte in Kuppenheim sein 90. Lebensjahr

Glückwünsche überbrachten die offiziellen Vertreter der Stadt und der verschiedenen Institutionen und Organisationen, darunter auch des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, denn durch sein Leben und Wirken ist der Jubilar Ansporn und Vorbild für viele Menschen geworden. Rolf Höchsmann erblickte am 10. Februar 1924 das Licht der Welt im siebenbürgischen Bulkesch als siebtes Kind der Pfarrerfamilie Höchsmann.
Nach den ersten vier Volksschulklassen in der Heimatgemeinde besuchte er in Hermannstadt zunächst das Knabengymnasium und anschließend die evangelische Lehrerbildungsanstalt. Er wählte damals den Beruf, der ihm am nächsten lag. Und allmählich wurde ihm die Faszination einer Arbeit bewusst, die nicht nur in naher, sondern auch in ferner und fernster Zukunft Früchte tragen soll.

Seine berufliche Laufbahn begann im Schuljahr 1943/44 in Taterloch im damaligen „Kreis Weinland“. Doch im Sommer 1944 wurde er wie viele andere seiner Generation zum deutschen Heeresdienst eingezogen. Nach der militärischen Ausbildung kam er Anfang 1945 in den Kriegseinsatz bei Frankfurt an der Oder, wurde verwundet und geriet kurz vor Kriegsende in russische Gefangenschaft. Nach der Genesung wurde er in die Sowjetunion gebracht. Im Lager Darniza musste er zwar am Straßenbau mitarbeiten, aber dort gab es auch ein reges Kulturleben, an dem er mitwirken durfte. Besonders gerne erinnert er sich an die wiederholte Aufführung vom „Dreimäderlhaus“ mit Melodien von Franz Schubert. Auch erwarb er dort einige Russisch-Kenntnisse. Erst nach sechs Jahren durfte er seine geliebte Heimat wieder sehen. Ab 1951 konnte er dann wieder und nun dauerhaft als Lehrer arbeiten, zunächst zwei Jahre in Weingartskirchen und ein Jahr in Kleinpold und ab 1954 einundzwanzig Jahre lang in Reußmarkt. Seine lebhaft-humorvolle Vermittlungsweise beeindruckte damals und später die vielen Schüler, die er in ihrem Werdegang begleitet hat. Den Bund der Ehe schloss er 1953 mit Jutta, geborene Hiemesch, in Kronstadt in der Schwarzen Kirche. Der Ehe entstammen zwei Töchter, drei Enkelkinder und zurzeit dürfen sich die Höchsmanns auch über zwei Urenkel freuen.

Rolf Höchsmann ...
Rolf Höchsmann
Seine Russisch-Kenntnisse vervollständigte Rolf Höchsmann 1956-61 im Fernstudium an der Klausenburger Universität und erwarb so das Diplom eines Gymnasiallehrers. Er vermittelte aber auch weiterhin überwiegend Werte deutscher Kultur. An der Allgemeinschule, dem späteren Lyzeum, in Reußmarkt brachte er es bis zum Konrektor, doch zeitgleich verstärkten sich seine Gewissenskonflikte. Als Lehrer durfte er sonntags nicht in die Kirche gehen. Die deutschen Städte und Dörfer durften nur noch unter rumänischem Namen geführt werden. Im Kollegium wurden die deutschen Lehrer aufgefordert, untereinander rumänisch zu sprechen. Höchsmann wirkte in der deutschen Theatergruppe mit, doch der Inhalt der Stücke musste in rumänischer Sprache überprüft werden und mit dem sozialistischen Hintergrund im Einklang sein. Der sächsische Chor wurde mit einem rumänischen zusammengelegt. Als dann noch die Auflösung der deutschen Klassen bevorstand, war für ihn das Maß voll. Von einem Besuch bei seiner Schwester in Deutschland kehrte er im August 1975 nicht mehr nach Rumänien zurück. Nach zweieinhalb Jahren kamen seine Frau und seine beiden Töchter nach.

Rolf Höchsmann konnte sich rasch in das berufliche und soziale Leben in Deutschland eingliedern. Er fand sofort eine Stelle an der Grund- und Hauptschule in Kuppenheim. Nach seiner Teilnahme an einem Studienkurs erteilte er auch evangelischen Religionsunterricht. Es gelang ihm recht gut, sich von der konservativen, lehrerzentrierten, autoritären Lernschule des Ostens umzustellen auf die antiautoritären, offenen Unterrichtsstrukturen des Westens. Sein wacher Verstand, sein Optimismus, sein Humor und seine Freundlichkeit zogen auch hier Schüler und Lehrer in ihren Bann. Er fand immer Mittel und Wege, die Schüler anzuregen, zu motivieren und zu besseren Leistungen anzuspornen, ihnen möglichst vieles für ihr Leben mitzugeben. Klassenübergreifend leitete er die Arbeitsgemeinschaft „Theater/Darstellendes Spiel“. Als er 1988 in den Ruhestand verabschiedet wurde, eröffnete der Direktor seine Ansprache mit den Worten des Bildhauers und Schriftstellers Kurt Kluge: „Der Schulmeister ist der einzige Mensch, den zeitlebens, Stunde für Stunde, Tag für Tag, Jahr für Jahr Jugend beleuchtet. In diesem Licht ist er der Meister geworden, der das Leben wirklich in der Hand hat und zu haben vermag.“ Rolf Höchsmann seinerseits betonte, dass er stets bestrebt gewesen sei, dem grundlegenden Erziehungsauftrag in allen politischen Systemen gerecht zu werden. In einem Interview meinte er: „Ich habe meine Schüler im Dritten Reich nicht zu Faschisten, im Kommunismus nicht zu Menschenhassern und hier (in Deutschland) nicht zu radikalen Träumern erzogen.“

Auch ins Gemeindeleben hatte er sich zügig integriert. Bereits ein Jahr nach seiner Ankunft in Kuppenheim ließ er sich in den Kirchengemeinderat wählen und engagierte sich im Besuchsdienstkreis. Er singt nach wie vor im Kirchenchor. Im Chor der Siebenbürger Sachsen hat er ebenfalls viele Jahre lang mitgesungen. Zudem versuchte er immer wieder, das öffentliche Interesse für seine Landsleute zu wecken. Den neu Ankommenden stand er ehrenamtlich mit Rat und Tat zur Seite. Er beriet sie in beruflichen und sozialen Fragen und bei Behördengängen, übersetzte Schriftstücke aus dem Rumänischen ins Deutsche, füllte Anträge und Formulare aus, half Kindern bei der Anpassung an die für sie neuen schulischen Verhältnisse. Bis in die späten 90er Jahre war er Kulturreferent und Schriftführer der Kreisgruppe Rastatt, schrieb zahlreiche Artikel für die Siebenbürgische Zeitung und für die Lokalpresse. Er hielt Vorträge, Nachrufe, Lesungen. Bei den verschiedensten Anlässen und vor wechselndem Publikum sprach er in Deutschland und in Österreich über siebenbürgische Geschichte, Persönlichkeiten, Sitten und Bräuche. Immer wieder fesselte er seine Zuhörer mit einer gediegenen Auswahl ernster und launiger Erzählungen und Gedichte seines Vaters, des Pfarrers und Dichters Friedrich Siegbert Höchsmann. Dessen Werke hat er in drei Büchern einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Rolf Höchsmann wurde vielfach geehrt, für 40 Jahre Lehrertätigkeit, für 50 Jahre Singen im Chor, für seinen vielseitigen Einsatz und die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Schule, Kirche und sozialen Einrichtungen. Er erhielt auch das Ehrenwappen des Verbandes der Siebenbürger Sachsen für seine langjährigen und außergewöhnlichen Verdienste.

Lieber Herr Höchsmann, den eingangs erwähnten „Offiziellen“ schließt sich die große Gratulantenschar der „Ehemaligen“ aus Siebenbürgen und aus dem Badener Land an und wünscht Ihnen Gesundheit und noch viele schöne Jahre im Kreise Ihrer Lieben!

Johann Krestel

Schlagwörter: Porträt, Lehrer, Geburtstag

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