24. März 2014

"Wo Freiheit ist, da ist meine Heimat" - Pfarrer Werner Knall feierte seinen 80. Geburtstag

Am 14. Februar beging der Freiburger Pfarrer Werner Knall seinen 80. Geburtstag. Knalls jahrzehntelanges Wirken lässt sich nur schwerlich in wenige Worte fassen.
In Konstanza geboren, besuchte er die Prima und Sekunda am Bischof-Teutsch-Gymnasium in Schäßburg. Nach dem Krieg kam seine Familie nach Kronstadt. Werner Knall besuchte fortan die Honterusschule. Nach der Schulreform 1948 war er Schüler der Mercuri, der Kronstädter Höheren Handelsschule. Danach entschloss er sich, Theologie in Klausenburg zu studieren. 1954 übersiedelte er gemeinsam mit der Theologischen Fakultät nach Hermannstadt. In jener Zeit sammelte er seine ersten seelsorgerischen Erfahrungen im studentischen kirchlichen Feriendienst, beispielsweise in den sächsischen Dorfgemeinden von Bekokten, Gürteln, Hamruden, Tarteln und Zuckmanteln und auch als Vikar in Hunedoara.

1958 wurde Knall in Hermannstadt auf offener Straße von der Securitate in einen Jeep gezerrt. Einige Monate darauf wurde er zusammen mit vielen anderen Siebenbürger Sachsen, darunter auch seinem Bruder Klaus, in den Prejba- und Sankt-Annen-See-Prozessen verurteilt. 30 Jahre Zuchthaus und Verlust aller bürgerlichen Rechte und seines Besitzes standen für Knall im Urteil des Militärgerichtes. Zehn Jahre allein für Hochverrat („nedenunțare“) und weitere zwanzig für antikommunistische Machenschaften („uneltire anticomunistă“). Er kam zur Zwangsarbeit in eines der zahlreichen Straflager im sumpfigen Donaudelta, wo über 7 000 politische Häftlinge, darunter auch viele Deutsche, eingesperrt waren. Nach sechs Jahren und 38 Tagen Gulag wieder in Freiheit, konnte Knall nach Deutschland ausreisen.

Sein abgeschlossenes theologisches Examen wurde ihm in Deutschland anerkannt. In Freiburg sang er in der Studentenkantorei unter der Leitung seines Bruders Klaus. Dort lernte er seine zukünftige Frau, die Musikpädagogin Dörte, kennen. Nach ihrer Hochzeit zog die Familie Knall zum Auslandsdienst der Evangelischen Kirche nach Afrika. Acht Jahre war Werner Knall Pfarrer im tropischen Togo in Westafrika. Die menschlichen Begegnungen und Erfahrungen, während der Gefängniszeit und der Jahre als Pfarrer in Afrika, prägten sein späteres Dasein in hohem Maße. Wieder in Deutschland zurück, ließ sich die Familie Knall endgültig in Freiburg nieder. 21 Jahre war er nun Pfarrer und Religionslehrer in der Zachäus-Gemeinde in Freiburg-Landwasser.

Verborgen hinter diesen nüchternen Daten seines Lebenslaufs stecken viele Facetten des erfüllten Daseins eines Menschen, der in erster Linie Theologe und Seelsorger war und auch heute noch ist. Als Mann der christlichen Verkündigung hat Pfarrer Knall im Laufe seines Lebens sich immer wieder neue Fragen zu Glaubensinhalten gestellt. Ob bei Predigten und Kasualien, in Gesprächen mit Kollegen, mit den 14 Vikaren, deren Mentor er war, oder mit Gemeindegliedern und Freunden, nahmen Glaubensfragen bei Werner Knall immer eine zentrale Stellung ein. Auch gegenwärtig ist er Mitglied eines Kreises evangelischer und katholischer Theologen in Freiburg. Ökumene steht ganz oben auf seiner geistigen Agenda. Besonders die Werke des bekannten Tübinger Theologen Hans Küng beschäftigen und prägten ihn. Knalls Wege zum Glauben in der Gemeinschaft gehen auch über die Musik. Bis heute ist er mit seiner Frau in Kirchenchören aktiv.

Seine seelsorgerische Funktion spiegelte sich in den vergangenen Jahren unter anderem in seinem Einsatz im Gustav-Adolf-Werk, in der Bruderschaft der evangelischen sächsischen Pfarrer, in der Gemeinschaft Evangelischer Siebenbürger Sachsen (früher: Hilfskomitee) sowie im Badischen Konvent für Ostkirchen wider. Dazu kommen auch seine regelmäßigen Unterstützungsleistungen für ehemalige politische Häftlinge in Rumänien, die jetzt meist krank in der alten Heimat leben.

Schon über ein Jahrzehnt ist Werner Knall geistiger Mittelpunkt und Ansprechpartner für zahlreiche Menschen verschiedenster Kulturen, die sich regelmäßig in seinem Haus in Freiburg-Rieselfeld treffen. Zu seinen Freunden gehören Menschen aus Afrika, sächsische und auch badische Pfarrerkollegen, rumänischen Freunde von nah und fern und nicht zuletzt kulturhistorisch und literarisch Interessierte Siebenbürger und Nichtsiebenbürger aus der Schweiz, Südbaden und darüber hinaus. Werner Knalls hilfsbereite Ader hat auch viele praktische Facetten. Er ist in seiner Kirchengemeinde und darüber hinaus als Organisator von Festen und Abenden des gemütlichen Miteinanders landauf landab bekannt. Sein soziales Wirken hat immer auch eine heitere Komponente, seine Erzähl- und Fabulierkunst ist vortrefflich.

Werner und Dörte Knall haben sechs Kinder und fünf Enkel und leben heute zusammen mit der Familie ihrer ältesten Tochter unter einem Dach. Dieses vielseitige gesellschaftliche Leben und Streben regt an, es schafft Vertrauenskultur unter den Mitmenschen. Durch diese Kultur des Vertrauens bereichert, haben viele Freunde und Bekannte, gemäß Werner Knalls Maxime „Ubi libertas, ibi patria“ („Wo Freiheit ist, da ist meine Heimat“) ihre seelische Heimat gefunden.

Hansgeorg v. Killyen

Schlagwörter: Jubilar

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  • 24.03.2014, 09:48 Uhr von gloria: " Er kam zur Zwangsarbeit in eines der zahlreichen Straflager im sumpfigen Donaudelta, wo über 7 ... [weiter]

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