3. Juni 2014

Neues zum Online-Urkundenbuch

Bereits 800000 Mal wurde das Online-Urkundenbuch zur Geschichte der Siebenbürger Sachsen aufgerufen. Bei so manchem Suchwort bei Google steht dieses wichtigste Recherchemittel zur mittelalterlichen Geschichte der Siebenbürger Sachsen unter den ersten zehn Treffern. Wie ist es entstanden? Namhafte Historiker und Archivare haben das „Urkundenbuch zur Geschichte der Deutschen in Siebenbürgen“ in sieben Bänden zwischen 1892 und 1991 in Hermannstadt herausgegeben. Es umfasst 4687 mittelalterliche Urkunden aus den Jahren 1191 bis 1486, die digitalisiert, aufbereitet und Anfang 2012 online gestellt wurden.
In einem vom Bundesbeauftragten für Kultur und Medien geförderten Projekt wird seither die Erschließung der Urkunden bis zum Ende des 15. Jahrhunderts fortgesetzt. Weitere über 1000 Urkunden sind dadurch online recherchierbar geworden.

Das Projekt endet nun. Aber es wäre wünschenswert, diese Urkundenedition fortzuführen, liefert sie doch die Quellengrundlage für zahlreiche Aspekte der siebenbürgisch-sächsischen und der Landesgeschichte: zu Wirtschaft, Religion, Sozial- und Rechtsgeschichte. Sie gibt Aufschluss über innere Verhältnisse der Nation und das Verhältnis zum König, die interkulturellen Beziehungen und zu den „Türkenkriegen“. Das Jahr 1526, die Schlacht von Mohács und der Untergang des mittelalterlichen Königreichs Ungarn, wäre für die siebenbürgischen Urkunden ein einsichtiger und erstrebenswerter Schlusspunkt. Bis zu diesem Epochenjahr 1526 hat auch das Ungarische Landesarchiv in Budapest seine Urkundenbestände als Digitalisate online gestellt.

Die Online-Edition, die an der Universität Koblenz-Landau unter Leitung von Dr. Ulrich A. Wien von Projektmitarbeiter Dr. Martin Armgart bearbeitet wird, bietet die Möglichkeit, Nachträge leicht einzufügen. So wurde erst kürzlich im Hermannstädter Archiv der Nachlass Teutsch eingesehen. Beide, Vater Georg Daniel Teutsch und Sohn Friedrich Teutsch, waren Sachsenbischöfe, Vorsitzende des Landeskundevereins und bedeutende Geschichtsforscher und -schreiber. In ihrem Nachlass befinden sich auch viele Abschriften mancher Texte, deren Original zwischenzeitlich verloren gegangen ist.

Dank Recherchen von Thomas Șindilariu wurde im Teutsch-Nachlass eine der prächtigsten Urkunden gesichtet: der Wappenbrief des Georg Hecht, eines der bedeutendsten Hermannstädter Bürgermeister. Von seiner Finanzkraft zeugt auch heute das Hecht-Haus auf der Südseite des Großen Rings. Er war zugleich als königlicher Kämmerer mit zuständig für Steuererhebung und Finanzen des gesamten Reiches, er war Pächter des Dreißigst-Zolls und Bergkammer von Offenburg.

Siegel des Hermannstädter Bürgermeisters Georg ...
Siegel des Hermannstädter Bürgermeisters Georg Hecht 1491, vor der Wappenmehrung. Staatsarchiv Hermannstadt, U II 499.
Bereits 1479 führte Georg Hecht das Hermannstädter Aufgebot bei der Schlacht auf dem Brodfeld gegen die Türken an. 1491 wurde er als Nachfolger von Thomas Altemberger zum Bürgermeister Hermannstadts gewählt. 1493 fingen die von Georg Hecht angeführten Hermannstädter einfallende osmanische Truppen am Roten Turm-Pass ab und erzielten einen vollständigen Sieg. König Wladislaw II. berichtete darüber nach Rom, sein Schreiben wurde vor versammeltem Kardinalskollegium verlesen. Hechts Sieg über die Türken ist in die Geschichte eingegangen, der Sachsengraf Albert Huet erwähnte ihn in seiner berühmten Rede 1591 vor dem Weißenburger Landtag.

Bald nach dem Sieg von 1493 erfuhr Georg Hecht eine Ehrung mit Titel und Wappenbesserung, wie sie bei einem finanzschwachen König wie Wladislaw II. nicht unüblich war. Er durfte sich Ritter vom goldenen Sporn „miles auratus“ nennen, seinem Wappen wurde ein goldener Greif hinzugefügt. Hechts Schild wurde, wie in solchen Fällen heraldisch üblich, in vier Felder geteilt: in zweien wurde das alte Wappenbild und in zwei anderen die Wappenmehrung dargestellt.
Wappenbrief König Wladislaw II. für den ...
Wappenbrief König Wladislaw II. für den Hermannstädter Bürgermeister Georg Hecht 1493. Nachzeichnung, Staatsarchiv Hermannstadt. Fotos: Thomas Șindilariu
Mit dem alten, einfachen Wappen hatte Georg Hecht 1491 einen Bericht vom Hof des Königs an den Hermannstädter Rat gesiegelt. Im Online-Urkundenbuch werden sowohl das einfache Wappen als auch der vom König verliehene Wappenbrief dargestellt, aufzurufen über das Rechenzentrum der Uni Trier oder über die Webseite des Siebenbürgen-Instituts.

Eugen von Friedenfels hat über ihn das Buch „Zum Leben des Bürgermeisters von Hermannstadt Georg Hecht“ geschrieben, 1853 in Wien gedruckt. Die Staatsbibliothek München verwahrt ein Exemplar, Signatur „Biogr. 506 wf“, einsehbar auch als Digitalisat im Internet. Laut Friedenfels befand sich der Wappenbrief (1853) im Familienbesitz.

1496 starb Georg Hecht, sein Grabstein befindet sich in der Ferula der Hermannstädter Stadtpfarrkirche. Seine Tochter heiratete Hans Haller aus Ofen, dessen Bruder Petrus Haller Hermannstädter Bürgermeister (1543-1556) und anschließend Königsrichter und Sachsengraf (1557-1569) war. Georg Hecht wurde vielfach gewürdigt. 1893 widmete ihm Traugott Teutsch einen Roman, die Stadt Hermannstadt ehrte ihn 2007 mit einer Gedenktafel.

S. B.

Schlagwörter: Urkundenbuch, Wappen

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