31. Juli 2013

"Waffenembargo" gegen die Türken 1499

6000 Urkunden zur mittelalterlichen Geschichte der Siebenbürger Sachsen sind im Internet weltweit frei und kostenlos zugänglich. Das ist einem Projekt zu verdanken, das an der Universität Koblenz-Landau unter Leitung von Dr. Ulrich A. Wien von Projektmitarbeiter Dr. Martin Armgart mit großem Nachdruck fortgeführt wird. Das Vorhaben baut auf die sieben Bände des „Urkundenbuchs zur Geschichte der Deutschen in Siebenbürgen“, die zwischen 1892 und 1991 in Hermannstadt herausgegeben wurden. Namhafte Forscher hatten 4687 Urkunden sorfgfältig editiert und in gedruckter Form nutzbar gemacht. Alle diese mittelalterlichen Dokumente (1191 bis 1486) wurden in einer ersten Etappe des Projektes bis Frühjahr 2012 erfasst, ergänzt und unter Nutzung innovativer Technologien online zugänglich gemacht. Das Online- Urkundenbuch zur Geschichte der Siebenbürger Sachsen ist damit eines der zeitlich am weitesten vorangeschrittenen und modernsten Grundlagenwerke dieser Art in der ganzen Welt.
Im Rahmen des vom Bundesbeauftragten für Kultur und Medien geförderten Projektes sind allein im Juli dieses Jahres 214 Urkunden hauptsächlich aus den Archiven in Hermannstadt und Kronstadt neu hinzugekommen. Eine besondere Bedeutung misst der Historiker Martin Armgart einem Dokument über das „Waffenembargo“ aus dem Jahr 1499 bei. In einem Gespräch mit der Siebenbürgischen Zeitung erläutert er die geschichtlichen Hintergründe.

„Die internationalen Spannungen stiegen im 15. Jahrhundert stark an. Nach der Eroberung Konstantinopels 1453 überfielen osmanische Heere mehrfach die Grenzregionen, zu denen auch Siebenbürgen gehörte. Schließlich rückten sie unter Suleiman dem Prächtigen im 16. Jahrhundert so weit vor, dass nicht nur Ungarn unterworfen, sondern auch Wien mehrfach bedroht und belagert wurde. Das osmanische Heer stellte also ein reales Bedrohungspotential für mittel- und südosteuropäische Reiche dar.“

In einem einschlägigen Aufsatz über die Türkeneinfälle bezeichnete der Historiker Gustav Gündisch die Schlacht vom 13. Oktober 1479 zwischen Broos und Mühlbach als „blutigste Schlacht gegen die Türken auf siebenbürgischem Boden“. Sie endete mit einer vollkommenen Niederlage der Türken. Gündisch schloss seinen Aufsatz mit dem Türkeneinfall 1493 und äußerte den Wunsch, weitere Forschungen mögen seine Arbeit ergänzen.
König Wladislaws II. verbietet Hermannstadt die ...
König Wladislaws II. verbietet Hermannstadt die Ausfuhr von Eisen, Waffen, Pferden u.a., Urkunde 28. August 1499, Staatsarchiv Hermannstadt, U II Nr. 642. Foto: Thomas Șindilariu
Das geschieht nun durch die Online-Edition des Urkundenbuchs, die eine bislang unbekannte Urkunde über das „Waffenembargo“ von 1499 erschließt. Wie Dr. Armgart weiter ausführt, war der ungarische König Matthias Corvinus 1490 verstorben, und die Königsmacht begann zu schwanken. „Stabilisierend wirkte eine Schlacht am Roten-Turm-Pass im Januar 1493 unter Führung des Hermannstädter Bürgermeisters Georg Hecht: Auf dem Rückweg eines winterlichen Raubzugs entlang des Zibinsgebirges wurden die Türken fast völlig aufgerieben und sie mussten ihre in Siebenbürgen geraubte Beute abgeben. König Wladislaw II. verhängte 1499 ein Waffen- und Handelsembargo und verbot den Bürgern von Hermannstadt, Eisen, Stahl und Schwerter sowie Schilder, Messer, Pfeile und Bogen über die Karpaten zu verkaufen, damit keine Waffen oder für die Kriegsrüstung Verwertbares die türkische Heeresmacht stärkt. Auch Pferde und andere Tiere fielen unter das Verkaufsverbot. Der Woiwode hatte dafür zu sorgen, die Verbotsanordnung allen Bewohnern bekanntzumachen. Im Übertretungsfalle seien Verstöße gebührend zu strafen.“

Zwar habe es damals keinen Sicherheitsrat der Vereinten Nationen gegeben, doch konnte man auf die Solidarität der führenden Mächte bauen. So wurde ein Bericht des ungarischen Königs Wladislaus aus dem Jahr 1493 sogar dem Kardinalskollegium in Rom vorgelesen.

Abrufbar ist das Dokument über das „Waffenembargo“ unter der vorläufigen Nr. 5914 unter http://germa229.uni-trier.de:3000/catalog/5046. Weitere Quellen zu den Türkeneinfällen findet man, indem man die Begriffe „Türken“ oder „türkisch“ im Urkundenbuch sucht: http://siebenbuergen-institut.de/special-menu/e-transylvanica/urkundenbuch-zur-geschichte-der-deutschen-in-siebenbuergen-online.

Es fehlen noch slawische Texte und Urkundenbestände aus Budapest und Klausenburg. Anregungen oder Korrekturvorschläge nimmt Martin Armgart, E-Mail: armgart[ät]uni-landau.de, gerne entgegen, da bis Jahresende auch die Korrekturen im Rahmen des Projekts eingearbeitet werden können.

S. B.

Schlagwörter: Urkundenbuch, Geschichte, Siebenbürgen, Internet

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