3. Juli 2014

Doppelkonferenz der Kulturpreisträger

Dinkelsbühl - Die beim Heimattag ausgezeichneten Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturpreisträger treten traditionell am Vortag der Preisverleihungen im Rahmen einer eigenen Veranstaltung auf. So kamen in diesem Jahr Hon.-Prof. Dr. Konrad Gündisch und Dr. Dr. h.c. Christoph Machat an die Reihe und am 7. Juni im Evangelischen Gemeindehaus zu Wort. Ihre gemeinsame Veranstaltung, „Siebenbürgisch-sächsische Eliten und ihre Repräsentationsbauten“ betitelt, geriet gleichermaßen informativ wie kurzweilig.
Die Stellvertretende Bundesvorsitzende Herta Daniel begrüßte am frühen Samstagnachmittag das zahlreich erschienene Publikum und stellte die beiden Akteure der Veranstaltung vor, den 1946 in Schäßburg geborenen Denkmalpfleger Christoph Machat, von 1992 bis 2013 Vorsitzender des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrates, und den 1948 in Hermannstadt geborenen Historiker und amtierenden Kulturratsvorsitzenden Konrad Gündisch (Näheres zu den Karrieren der beiden Wissenschaftler siehe "Preisverleihungen 2014 in Dinkelsbühl"). Im lockeren Gespräch durch die Jahrhunderte spazierend, erläuterten die beiden Referenten anhand ausgewählter Bildbeispiele, die per Beamer auf eine Leinwand projiziert wurden, epochentypische Repräsentationsbauten. Während Gündisch es unternahm, die jeweiligen geschichtlichen Hintergründe und Zusammenhänge zu vermitteln, konzentrierte sich Machat auf bauhistorische und denkmalpflegerische Aspekte. Der Streifzug begann mit der ersten Führungsschicht, den Gräfen. Als Führer bei Ansiedlungen im 12. Jahrhundert hatten die Lokatoren - eine, wie Gündisch bemerkte, urkundlich nicht dokumentierte Bezeichnung - Anspruch auf eine herausgehobene Position. Die sächsischen Gräfen wohnten entsprechend privilegiert, wie Machat am Beispiel der Kirchenburg Kelling veranschaulichte.
Informativ, amüsant und geistreich: die ...
Informativ, amüsant und geistreich: die Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturpreisträger 2014 Dr. Dr. h.c. Christoph Machat (links) und Hon.-Prof. Dr. Konrad Gündisch im Dialog. Foto: Christian Schoger
Weiterhin stand das mittelalterliche städtische Patriziat in Siebenbürgen im Fokus. Herta Daniel hatte einleitend erwähnt, dass Konrad Gündisch seine Doktorarbeit über das Patriziat siebenbürgischer Städte geschrieben hat. In seinen Ausführungen wies der Historiker nun auf die Selbstinszenierungen des wirtschaftlich und politisch aufstrebenden Bürgertums hin, die sich in Repräsentationsbauten in gotischem, barockem bzw. Renaissance-Stil manifestierten. Als Belege dienten etwa in Hermannstadt das Haller-Haus am Großen Ring (Nr. 10), der Stadtpalast sowie Wohntürme, vergleichbar den Geschlechtertürmen in Regensburg und Nürnberg. Christoph Machat ließ neben dem Hirscher-Haus in Kronstadt auch weitere Beispiele aus Schäßburg, Bistritz und Klausenburg folgen. Mitunter frönten beide Referenten ihrem herkunftsbezogenen Hermannstädter bzw. Schäßburger Lokalpatriotismus und neckten einander, was dem Publikum zum Gaudium gereichte.

Nachdem das Bürgertum die Reformation durchgesetzt hatte, wusste die sich etablierende kirchlich-politische Führung durchaus standesgemäß zu residieren, wie der Bischofssitz von Birthälm exemplarisch belegt. Apropos Birthälm: Anhand einer Luftbildaufnahme demonstrierte Gündisch, wie Sachsen, Rumänen und Roma, räumlich voneinander getrennt, nicht miteinander, sondern nebeneinander siedelten und lebten. Thematisiert wurden darüber hinaus Repräsentationsbauten des habsburgischen Beamtenadels, allen voran das Hermannstädter Brukenthalpalais mit der barocken Sammlung des Baron Samuel von Brukenthal, ebenso der wirtschaftlichen, intellektuellen und politischen Eliten im ausgehenden 19. bzw. im 20. Jahrhundert bis in unsere Gegenwart hinein (siehe u. a. das elegante Villenviertel Hallerwiese in Hermannstadt, der Sitz des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien im Lutsch-Haus am Großen Ring).

„Wirtschaft, Politik, Kirche und Geschichte hängen stark mit der Architektur und Denkmaltopographie zusammen“, resümierte Konrad Gündisch am Ende der eineinhalbstündigen Veranstaltung. Herta Daniel oblag die Schlussbemerkung: „Wir haben erlebt, wie lebendig Geschichte und Kunstgeschichte sein können, vorausgesetzt es unterhalten sich die richtigen Leute.“ Zustimmender Beifall im Saal.

Christian Schoger

Schlagwörter: Heimattag 2014, Kulturpreis, Vortrag, Geschichte, Denkmalpflege, Machat, Gündisch

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