7. April 2015

„Die Quergasse“: Winfried Bretz’ Kindheitserinnerungen an Mühlbach

„Vergiss nie die Heimat, wo deine Wiege stand …“ – An diese Worte muss Winfried Bretz gedacht haben, als er sich entschloss, seine Kindheits- und Jugenderinnerungen aus einer für alle schweren, aber auch schönen Zeit zu Papier zu bringen.
Wer Mühlbach kennt, oder auch nicht, kann sich anhand der beschriebenen Orte ein Bild von einer siebenbürgischen Kleinstadt in der Zeit vor, während und auch nach dem Zweiten Weltkrieg machen. Bilder wie die der beiden Wassermühlen am Mühlkanal, mit den ausgespannten Zugtieren auf dem Platz davor, die Bauern aus den umliegenden Dörfern in ihrer typischen Tracht, die vorbeiziehende Kuhherde mit dem aufgewirbelten Staub und den Kuhfladen in der Quergasse, sind nur noch in der Erinnerung der älteren Generation vorhanden.

Wer erinnert sich noch an die Seidenraupenzucht, wenn Kinder und Erwachsene in die Neugasse um Maulbeerblätter gingen? Wer weiß noch, wie und wo „Maijalis“ gefeiert wurde? Der Rote Berg ist auch heute noch in seiner Einmaligkeit und Schönheit zu sehen, aber wer aus der jüngeren Generation weiß, wo die Hundserlen waren, was war das Große Wehr und wer baut heute noch Flöße, um von Petersdorf nach Mühlbach zu fahren? Was hat man im Winter am Galgenberg gemacht und wo war der Kaiserbrunnen? Wenn man die „Quergasse“ liest, kann man sich eine Vorstellung machen, und sei es auch aus der Sicht eines Kindes, wie Mühlbach vor 60 bis 70 Jahren ausgesehen hat. Schließt man die Augen, so sieht und hört man die spielenden und schreienden Kinder auf dem Holzplatz, auf „Raubzug“ in den Hundserlen oder am Roten Berg. Die Mäz, typisch für Mühlbach, war ebenfalls ein beliebter und auch nasser Ort, wo die Kinder ihre technischen Fähigkeiten zur Anwendung brachten. Die Weinlese, ein Ereignis und gleichzeitig auch ein Familienfest, gehörte zu den schönsten Erlebnissen des ganzen Jahres. Winfried Bretz beschreibt sie so treffend und anschaulich, dass man glaubt, auch dabei zu sein.

Glückliche Kindheit, auch ohne PC! In den verschiedenen Geschichten treten Begriffe auf, welche die heutige Jugend nicht versteht, da sie aus einer anderen Welt stammen. Was bedeutet „den Hosenboden strammziehen“, was heißt „Watschen“ oder „Hausarrest“? Dies könnte nur noch der Generation sechzig aufwärts bekannt sein.

Die „Quergasse“ ist ein einfühlsames und gleichzeitig ein getreues Bild der damaligen Zeit, in einer sehr anschaulichen Sprache geschrieben. Winfried Bretz versteht es, auf gewisse Dinge einzugehen, die ihm und seinen Freunden sehr wichtig waren: die Freiheit, die Freundschaft, der Zusammenhalt in der Gruppe (Schikappenjagd) sowie die Anteilnahme an den Ereignissen der Zeit. Während ich das Buch las, tauchten vor mir Bilder aus Mühlbach auf, die Winfried Bretz auch in meine Gegenwart zurückgeholt hat. Ich finde, dieses Buch sollte jeder lesen, der einen Teil seines Lebens in Mühlbach verbracht hat. Max Frisch sagt: „Wer nicht schreibt, weiß nicht einmal, wer er nicht ist.“ Wer dieses Buch nicht liest, vielleicht auch nicht!

Kurt Dieter Schiel


Winfried Bretz: „Die Quergasse. Geschichten“, epubli Verlag, Berlin, 2014, 124 Seiten, Preis: 12 Euro, ISBN-13: 978-3844284621, kann man beim Autor unter der Rufnummer (08 21) 5 87 03 50, über Amazon, in Buchhandlungen oder beim Verlag (Webseite: www.epubli.de) bestellen.

Schlagwörter: Buch, Erinnerungen, Mühlbach

Bewerten:

7 Bewertungen: +

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.