14. Juni 2016

Letzter Vorhang für Theatermann Franz Csiky

Der Theatermann Franz Csiky ist am 2. Juni im Alter von 65 Jahren verstorben. Er war ein Mensch, der in keine Schublade passte: Ein Deutscher in Rumänien, ein Brettener in Bruchsal, ein Theatermann in der Verwaltung. Schon die Festlegung seiner Nationalität verlangt Erklärungen. Er ist dreisprachig aufgewachsen: In Rumänien geboren, sprach er natürlich die Landessprache, war aber kein Rumäne. Er sprach Ungarisch, denn sein Vater war Ungar, seine Muttersprache war Deutsch, denn seine Mutter war Banater Schwäbin. Bis zu seiner Ankunft in der Bundesrepublik war er also rumänischer Staatsbürger, mit ungarischem Namen und deutscher Muttersprache. Er verstand sich als Rumäniendeutscher, egal wo er lebte.
Auch in Deutschland war seine Einordnung schwierig: Unter dramatischen Umständen gelang ihm – trotz strenger Bewachung der Grenzen - 1983 die Flucht aus Ceaușescus kommunistischem Rumänien. In Deutschland wurde er juristisch als „Vertriebener“ eingestuft und erhielt einen Vertriebenenausweis. Er war also ein „vertriebener Flüchtling“, was eigentlich auch ein Widerspruch ist.

Erklärungsbedürftig ist auch sein Beruf. Von Haus aus war er Germanist und Theaterwissenschaftler, aber auch Journalist, Autor von Theaterstücken, er unterrichtete an verschiedenen Universitäten im Ausland, war mehr als zwei Jahrzehnte lang Pressesprecher der Stadtverwaltung Bretten, schrieb ein Libretto für eine Oper und führte Regie, war zeitweilig auch Texter in der eigenen Werbeagentur. Auch als Übersetzer und Dolmetscher, als Theaterhistoriker und Mitwirkender für Publikationen der Donauschwäbischen Kulturstiftung und bei der Organisation von Deutschunterricht in Rumänien hat er sich verdient gemacht.
Franz Csiky, Theatermann und Journalist, verstarb ...
Franz Csiky, Theatermann und Journalist, verstarb nach kurzer Krankheit im Alter von 65 Jahren. Foto: privat
Franz Csiky wurde zu einem Brettener, der in Bruchsal wohnte. Er fühlte sich beiden Städten verbunden, lebte in jeder Stadt eine andere Seite seiner Gaben aus. Als Amtsblatt-Leiter kannte er sich in der Melanchthonstadt bestens aus und wusste immer genau, welche Themen gerade wichtig waren.

Nach Bruchsal kam er wegen der Badischen Landesbühne (BLB). Nachdem er an den beiden deutschen Bühnen in Temeswar und Hermannstadt als Dramaturg gearbeitet hatte, fand er ganz schnell eine Stelle als Dramaturg an der BLB, und blieb ihr bis zuletzt als Schriftführer des Freundeskreises verbunden.

Sein Debüt als Autor in Deutschland gab er jedoch in Bretten mit der Dramatisierung der Geschichte vom „Brettener Hundle“. Es folgten bei der BLB die Revue „Souvenirs, Souvenirs“ und viele andere Stücke. Aufgeführt wurden beispielsweise „Europa, süße Heimat“ und „Goethe Lenau Faust“, als Kooperationsprojekt zwischen Bruchsal und Temeswar, sowie die Oper „Der Hutmacher“ von Josef Sári in Regensburg, für die Csiky das Libretto schrieb.

Er war maßgeblich daran beteiligt, dass die BLB 2006 eine Partnerschaft mit dem Deutschen Staatstheater Temeswar unterzeichnete und später auch Kontakt zum Radu-Stanca-Nationaltheater Hermannstadt aufnahm. Er setzte er sich dafür ein, dass zahlreiche Austausch-Tourneen von beiden Seiten stattfinden konnten, um Vorurteile abzubauen. Bei dem Internationalen Hermannstädter Theaterfestival 2015 führte die BLB beispielsweise Franz Kafkas „Der Bau“ auf, die Hermannstädter gastierten mit Frieder Schullers „Ossis Stein“ im November 2015 in Bruchsal. Sein jüngstes Stück „Fremd. Sein. Heimat - oder wenn Vergangenheit und Zukunft Gegenwart werden“ wird am 8. September 2016 in Bayern Premiere haben. Darin bearbeitet er das aktuelle Thema Flucht und Vertreibung. Es erzählt die Geschichte eines Geschwisterpaars, das nach dem Tod der Tante in einem Koffer Aufzeichnungen über die Vertreibung der Familie entdeckt.

Franz Csiky war ein Querdenker und versuchte immer auch die andere Seite zu verstehen. „Etwas ist selten nur schwarz oder nur weiß – die Wahrheit liegt meistens dazwischen“, so sein Credo. Er war seit dem 1. März 2016 im Ruhestand und hatte noch viele Projekte geplant. Nun fiel aufgrund einer Krebserkrankung der letzte Vorhang für ihn sehr schnell. Ein größerer Regisseur hat eine andere Rolle für ihn vorgesehen.

Margrit Csiky


Die Trauerfeier mit anschließender Beisetzung findet am Freitag, 17. Juni 2016, 11 Uhr auf dem Bruchsaler Friedhof statt.

Schlagwörter: Csiky, Theater, Kulturaustausch, Journalist, Nachruf

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