16. August 2016

893 Tage in den Donbass und zurück

Friedrich Eberle, geboren 1927 in der evangelischen Gemeinde Liebling im Banat, hat in diesem Jahr seine Erinnerungen über seine Deportation in den Donbass in einem Buch veröffentlicht. Er teilt das Schicksal mit Tausenden von Banater Schwaben und Siebenbürger Sachsen, die zur Zwangsarbeit in die ehemalige Sowjetunion vor Ende des Zweiten Weltkriegs verschleppt worden waren. Eindringlich und detailgetreu, so als hätte er es erst gestern erlebt, schildert der Autor die Zeit der Entbehrung, die er in jungen Jahren erleben musste, er war damals erst siebzehn. Viele seiner Kameraden sind aus dem Arbeitslager nicht mehr zurückgekehrt.
In Erinnerung geblieben ist ihm auch der Aufruf eines Siebenbürger Sachsen, der ebenso im Arbeitslager Chasov Yar im Donbass war und der seinen Kameraden „Hans“ zum Essengehen aufrief mit den Worten: „Eej Hons, eej, kam hiar ej, bronj an Leefal, mar goan zam Eessan.“ Meinem Vater haben sich diese Worte bis heute tief eingeprägt, erinnern diese ihn doch jedesmal an die wenigen Stunden im Lager, die erträglicher waren, da es was zu essen gab.
Das Kapitel „Kathi“ handelt von einem Mädel aus Siebenbürgen, die sehr zierlich war und dennoch zur Schwerstarbeit herangezogen wurde. Eines Tages wurde sie von einem vereisten Kokshaufen überschüttet, sie konnte aber gerettet werden und hatte danach einen leichteren Alltag. Beeindruckend ist auch das letzte Kapitel im 96-seitigen Buch, mit dem Titel „Nichts wie heim!“. Von Hoyerswerda, der damaligen deutschen Sowjetzone zugehörig, wo sie ihn ausgesetzt hatten, machte er sich zu Fuß nach Hause in das mehr als tausend Kilometer entfernte Liebling. Der Weg führte über Leipzig, Plauen, Gutenfürst, Hof, München, Berchtesgaden, Königssee, Salzburg, Wien, Loipersdorf, Agfalva, Sopron, Györ, Budapest, Kecskemet, Szeged, Kisszombor, Cenad, Liebling. Nach 76 Tagen war er wieder zu Hause. Da war nichts mehr so, wie es früher einmal war. Mit der Landwirtschaft war es vorbei, denn die Felder waren enteignet. Mein Vater ging dann wieder auf die Schule, lernte in der Schule der Bildenden Künste in Temeswar bei Franz Ferch und Julius Podlipny, gründete eine Familie und vediente den Lebensunterhalt mit Malerei in Kohle und Pastelltechnik. Erst später widmete er sich der Aquarellmalerei, durch die er einigen Lesern dieser Zeitung bekannt sein dürfte, denn die vorwiegenden Motive seiner Aquarellmalerei sind die Ortschaften in Siebenbürgen.

Zusammen mit seiner Frau, Waltraud Edith Eberle, die aus Siebenbürgen stammt, war er beginnend mit den 1980er Jahren in mehr als hundert Ortschaften in Siebenbürgen unterwegs und sammelte die Motive für seine Aquarellbilder, die er auch häufig beim Heimattag der Siebenbürger Sachsen in Dinkelsbühl gezeigt hat.

Waltraut Eberle




Friedrich Eberle: „893 Tage aus Liebling in den Donbass und zurück. Erinnerungen an meine Deportation 15. Januar 1945 – 26. Juni 1947“, Selbstverlag, Nürnberg, 2016, 96 Seiten, ISBN 978-1530117536, 9,62 Euro, zu beziehen über www.amazon.de, als ebook Kindle Edition (mit farbigen Aquarellen) kostet es 8,95 Euro.

Schlagwörter: Buchvorstellung, Deportation, Erinnerungen, Donbass

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