3. März 2017

Altes im neuen Licht – Kirchenburgen in Siebenbürgen

"Singen - Beten - Apfelstrudel" steht auf einem der Programmflyer, der die Gottesdienste zur Vesperkirche in der Gustav-Adolf-Gedächtniskirche in Nürnberg 2017 ankündigen. Dazu wäre zu ergänzen: Lichteinfang - Empore - Kunst. Denn auf der Empore sind 30 Fotoarbeiten von Jürgen van Buer vom 15. Januar bis 26. Februar ausgestellt. Es ist eine Auswahl beeindruckender Schwarzweißfotos, die Jürgen van Buer in den Jahren 2014 und 2015 von Kirchenburgen in Siebenbürgen gemacht hat.
Teil des Vesperkirchen-Projektes ist auch das Zeigen von Kunst. So konnten die Galeristin Dr. Cristina Simion und Josef Balazs, Vertreter des Nürnberger Kulturbeirates zugewanderter Deutscher, offene Ohren und vor allem ein offenes Herz bei den Leitern der Vesperkirche finden. Sechs Wochen lang werden die siebenbürgischen Kirchenburgen allen Menschen, die während der Mittagszeit in der Kirche ein Zuhause suchen, ein guter Begleiter sein. Die Vesperkirche: ein hochinteressantes Projekt, getragen von einer engagierten Kirchengemeinde.

Bei der Eröffnung der Vesperkirche und gleichzeitig auch der Fotoausstellung hat neben dem interessierten Publikum auch Regionalbischof Stefan Ark Nitsche die Ausstellung besichtigt und gestaunt, als er von der Dichte und Vielfalt der Kirchenburgen in Siebenbürgen und dem Reformator Johannes Honterus hörte.

Die Kirchenburgen in Siebenbürgen waren im Mittelalter Orte der seelischen und physischen Geborgenheit. Es gab immer wieder finstere Zeiten, da flüchtete die ganze Dorfgemeinschaft in ihre Kirchenburg. Hier waren auch ihr Korn und ihr Speck aufbewahrt. Das Leben ging auf beengtem Raum weiter. Man buk Brot, aß Speck, und betete zu Gott, damit wieder Friede einkehre.

Der Fotograf Jürgen van Buer erfasst die Kirchenburgen Siebenbürgens mit einem neuen Kunst-Blick. Er schafft Ausschnitte. Der Betrachter ist aufgefordert das Bild zu ergänzen. Eine angenehme und gleichzeitig schwere Herausforderung.
Prof. Dr. Jürgen van Buer begutachtet die ...
Prof. Dr. Jürgen van Buer begutachtet die Ausstellung und ist mit der Arbeit der Kuratoren zufrieden. Foto: Josef Balazs
Jürgen van Buer hat die letzten Schritte in der Entwicklung der Fotografie mitgemacht: den gewaltigen Sprung von der Analog-Kamera zur digitalen Fotografie. 1998 die erste Ausstellung in Vancouver. Dort zeigt er „Berlin“, seine Wahlheimat. Er nutzt seine akademischen Aufenthalte, um die Orte mit der Kamera festzuhalten. So kann er in Damaskus (2008) „Syrische Impressionen“ zeigen, später kommen „Bilder aus dem Damaszener Frühling“ hinzu. Es folgen viele andere Ausstellungen in Ungarn, in Österreich und immer wieder in Berlin. Die Themen, an denen sein Auge haften bleibt, sind vielfältig. Eine Konstante der letzten Jahre ist die Alhambra. In aller Bescheidenheit sagt Jürgen van Buer, ja, er sei einer der zehn besten Fotografen der Alhambra. Er kenne jeden Winkel. Er war unzählige Male dort.

Als er in Nyíregyháza und Mátészalka (Ungarn) die ostungarischen Dorfkirchen als „Glaubens-, Lebens-, Erinnerungsräume“ entdeckte, wagte er einen Blick, gedanklich zumindest, in Richtung trans silva. Als die zwei Reisen tatsächlich stattfanden, war er fasziniert von den einzigartigen Bauten. Er versuchte, mit seinem in der Alhambra geschulten Auge sich diesen Kolossen aus einer anderen Zeit zu nähern. Dabei entstanden Bilder, die geprägt sind von der Poesie des Lichts und der Schatten.

Seine Fotoaufnahmen wollen nicht anklagen, wollen den Verfall der Steinzeugen einer vergangenen Geschichte nicht dokumentieren. Jürgen van Buer will nichts demonstrieren. Sein Blick ist vorurteilsfrei. Er geht von Anfang an mit einem ausschließlichen Kunst-Blick an die Bauten heran. Nur so konnte diese neue Vielfalt der Sichtweisen auf Altbekanntes entstehen. Er geht zuweilen so weit, dass Dorfbewohner Mühe haben, ihre vertraute Kirchenburg zu erkennen. Der Fotograf findet unzählige ungewöhnliche Blickwinkel und integriert in seine Kompositionen auch den Zufall des Augenblicks, sei es der Schatten der Bäume, der Mauern, oder die Spur eines Düsenjägers am Himmel Siebenbürgens.

Während der Ausstellung haben viele Besucher, darunter auch einige Siebenbürger, an den Führungen teilgenommen und sich an der neuen Darstellungsweise der alten Bauten erfreut. Der absolute Höhepunkt war die Führung, die Prof. Dr. Jürgen van Buer am 5. Februar persönlich den vielen Interessierten anbieten konnte. Unter den zahlreichen Besuchern der Vesperkirche und aufmerksamen Zuhörern war auch Friedrich Gunesch, Hauptanwalt des Landeskonsistoriums in Hermannstadt.

Die Ausstellung ist der erste Beitrag des Nürnberger Kulturbeirates zugewanderter Deutscher zu „500 Jahre Reformation“, war doch in Siebenbürgen fast zeitgleich Johannes Honterus als Reformator tätig, und die Kirchenburgen in Siebenbürgen waren ein die Zeiten überdauerndes Zeichen, dass eine feste Burg dort trans silva Bestand hatte.

Josef Balazs



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Schlagwörter: van Buer, Ausstellung, Kirchenburgen, Nürnberg

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