23. März 2017

Erinnerungskultur des Ersten Weltkriegs

Bukarest – Über die Erinnerungskultur des Ersten Weltkriegs und deutsche Soldatengräber in Rumänien referierte am 23. Februar im Bukarester Kulturhaus „Friedrich Schiller“ der ehemalige Direktor des 2004 gegründeten rumänischen Amtes für Heldengedenken, Oberst a.D. Dr. Cristian Scarlat. Gedenkkultur bezieht sich nicht nur auf Ereignisse der näheren Vergangenheit, sie kann weit zurückreichen, als Erinnerung an ein historisches Ereignis, das eine Gemeinschaft charakterisiert und verbindet. Als Beispiel nannte Scarlat die Schlacht von Marienburg 1612, die die heutige Kronstädter Gemeinschaft definiert und an die das Studentendenkmal in Marienburg erinnert.
Der Begriff Erinnerungskultur ist noch jung, das gilt nicht nur für Rumänien, so Scarlat, sondern für ganz Europa. Auch gibt es auf EU-Niveau bisher keine gemeinsame Gedenkkultur. Zu ihren Facetten gehören nicht nur Denkmäler, Beinhäuser, Heldenfriedhöfe, Mausoleen oder Gedenkstätten auf ehemaligen Schlachtfeldern, oft sogar mit touristischem Aspekt, sondern auch Straßennamen, Archive, Museen, Gedenktafeln, Numismatik und Kartophilie. Neben Zeremonien auf Staatsniveau, wie jene am Grab des unbekannten Soldaten – in Rumänien liegt es im Bukarester Carol Park, wo es am 17. Mai 1923 im Beisein der königlichen Familie eingeweiht wurde und an die im Ersten Weltkrieg gefallenen Soldaten erinnert –, sind bei der Jugend vor allem Reenactments beliebt. Diese stellen nicht nur historische Ereignisse, sondern auch die damals geltenden Lebensumstände möglichst originalgetreu nach. Mitglieder sind daher oft Museographen, Archäologen oder Historiker. Es gibt sogar eine deutsche Reenactment-Gruppe in Rumänien: das Deutsche Freikorps. Gedenktafeln im Heimatort der Gefallenen, oft mit Namenslisten, erinnern in den orthodoxen, evangelischen und katholischen Kirchen an die Kriegsopfer. Insgesamt gibt es ca. 100000 Tafeln im ganzen Land. Nach vorläufigen statistischen Daten sind in Rumänien im Ersten Weltkrieg etwa 63000 Soldaten gefallen, davon konnten nur 34309 identifiziert werden. Die Opfer ruhen auf den 170 Heldenfriedhöfen. Die größten Friedhöfe mit im Ersten Weltkrieg gefallenen Deutschen liegen in Bukarest (Pro Patria), Jassy (Eternitatea), Buzău, Târgu Jiu, Brăila, Focșani, Kronstadt, Hermannstadt, Bacău, Țifești, Heltau, Craiova und Titu.

Um die Pflege deutscher und österreichischer Soldatengräber aus dem Ersten Weltkrieg in Siebenbürgen kümmerte sich die Hermannstädterin Auguste Schnell, die schon während des Krieges eine Spendenorganisation für Kriegsopfer leitete. Aus dieser Tätigkeit entwickelte sich später die Siebenbürgisch-Sächsische Kriegsgräberfürsorge, die in 61 Gemeinden auf 67 Friedhöfen ehrenamtlich rund 20 000 Gräber betreute.

NM

Schlagwörter: Erster Weltkrieg, Erinnerung

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