13. Juni 2017

Vielbeachtete Wanderausstellung: Kirchenburgen – ein besonderes Kapitel europäischer Geschichte

Vom Eingang der gotischen Kirche lächelt er uns entgegen: Johann Schaas, Kurator und Seele der evangelischen Kirche in Reichesdorf, der so wunderbare Geschichten erzählen kann – verewigt in der Ausstellung „Kirchenburgenlandschaft Siebenbürgen. Ein europäisches Kulturerbe“. „Man kann in Siebenbürgen vieles besuchen, aber wenn man Herrn Schaas aus Reichesdorf nicht kennt, hat man viel verloren“, raunt ein Besucher seiner Begleiterin in der Menge zu.
Es ist die erste Ausstellung der Stiftung Kirchenburgen, die zuvor in Berlin, Hermannstadt und Bad Kissingen gezeigt wurde. Natürlich durfte sie auch beim Heimattag der Siebenbürger Sachsen in Dinkelsbühl nicht fehlen. Sie zeigt Informationstafeln mit Texten und Bildern, gruppiert nach den Themen: „Historische Einführung“, „Entwicklung der Kirchenburgen“, „Ausstattung der Kirchen“, „Dorf- und Kulturlandschaft“, „Aspekte der Erhaltung“, „Bewahrer des Kulturerbes“ und „Stiftung Kirchenburgen“. Präsentiert wurde sie vom Hauptanwalt der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien, Friedrich Gunesch, im Konzertsaal des Spitalhofs von Dinkelsbühl. Möglicherweise wird es bald einen weiteren Ausstellungsort in Deutschland geben, verrät dieser.



„Durch kaum eine andere Region Europas wird der Choral Martin Luthers ‚Ein feste Burg ist unser Gott, ein gut Wehr und Waffen“ architektonisch derart versinnbildlicht wie durch die im südlichen Siebenbürgen gelegene Kirchenburgenlandschaft“, motiviert der Vortragende das Interesse der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien für den Erhalt dieses besonderen Kulturerbes. „Für uns eine Herzensangelegenheit“, fügt er an. Doch weil die arg geschrumpften evangelisch-deutschen Gemeinden dazu nicht mehr in der Lage sind, wurden das touristische Projekt „Entdecke die Seele Siebenbürgens“ und 2015 die Stiftung Kirchenburgen ins Leben gerufen. Sie steht unter der gemeinsamen Schirmherrschaft des rumänischen Staatspräsidenten Klaus Johannis und des deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier.
Blick in die Kirchenburgen-Ausstellung in ...
Blick in die Kirchenburgen-Ausstellung in Dinkelsbühl. Fotos: George Dumitriu
Der weit über 80-jährige Johann Schaas ist nur einer der „Bewahrer des Kulturerbes“, über die die Ausstellung und ihre gleichnamige, 47-seitige Begleitbroschüre unter anderem informieren. „Menschen, die für den Erhalt der Kirchenburgen Sorge tragen, auf unterschiedliche Weise – jeder ist wichtig für diese unverzichtbare Aufgabe“, betont Gunesch. Dazu gehören nicht nur in der Heimat verbliebene Siebenbürger Sachsen wie Johann Schaas oder Caroline Fernolend, der die Instandsetzung der Kirchenburg Almen zu verdanken ist, oder der Pfarrer und Buchautor Eginald Schlattner in Rothberg, sondern auch ausgewanderte, wie Daniel Schuster aus Lohr am Main, der sich für die Anlage von Bußd bei Mühlbach einsetzt. Längst haben auch Rumänen ihre Liebe für sächsisches Kulturerbe entdeckt, wie Radu Bârla und Alina Pătru, die sich mit ihrem Verein „Renascendis“ für die Kirchenburg in Felmern engagieren, oder der ungarischstämmige Restaurator Lorand Kiss, der die Kirchenburg in Felldorf retten will.
Verbandspräsident Dr. Bernd Fabritius begrüßte ...
Verbandspräsident Dr. Bernd Fabritius begrüßte die Besucher zur Eröffnung der Kirchenburgen-Ausstellung in Dinkelsbühl.
Synergieeffekte kann es durch nachhaltigen Kultur- und Naturtourismus geben. Seit 1989 bemühen sich zahlreiche Initiativen, einen solchen in Siebenbürgen zu entwickeln. Inzwischen bietet die durch den Reisebuchverlag „Lonely Planet“ 2016 ausgezeichnete Region in stilecht und liebevoll renovierten Bauten oder Pfarrhäusern Unterkünfte für Gruppen und Individualreisende. „Entdecke die Seele Siebenbürgens“ ist eine herzliche Einladung an alle, die sich für die historische Kirchenburgenlandschaft begeistern – aber auch Freude haben an herrlicher Landschaft, Bewegung in ursprünglicher Natur, lebenden Traditionen und neuen Projekten, die auch diese Region verändern. Damit wir ihre größten Kostbarkeiten, die Kirchenburgen, gemäß dem Motto des Heimattages „Verändern – Erneuern – Wiederfinden“ vor allem immer wieder finden können.

Nina May

Schlagwörter: Heimattag 2017, Ausstellung, Kirchenburgen, EKR

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