9. Juli 2017

AKSL-Tagung in Hermannstadt: Brukenthal und die siebenbürgische Erinnerungskultur

Dem siebenbürgischen Politiker, Kunstsammler und Mäzen Samuel von Brukenthal war eine internationale Fachtagung gewidmet, die der Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde (AKSL) in Zusammenarbeit mit dem Brukenthalmuseum und dem Friedrich-Teutsch-Haus aus Anlass des 200. Jubiläums der Eröffnung des Brukenthal-Museums vom 16.-18. Juni in Hermannstadt veranstaltete. Das Treffen hatte einen besonderen Charakter, weil es 175 Jahre nach der offiziellen Anerkennung des Vereins für siebenbürgische Landeskunde (1842) stattfand und zugleich die 50. Jahrestagung des AKSL darstellte. An den Werdegang und die Entwicklung des AKSL erinnerte dessen Vorsitzender Dr. Ulrich A. Wien in einer gemeinsamen Mitgliederversammlung des AKSL-Rumänien und des AKSL-Heidelberg.
Samuel von Brukenthal ist die herausragende Persönlichkeit der Siebenbürger Sachsen am Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Bekanntlich wurde er 1721 in Leschkirch geboren. Sein rapider Aufstieg am habsburgischen Hofe, unter anderem zum Leiter der Siebenbürgischen Hofkanzlei und letztendlich zum Landesgouverneur von Siebenbürgen, ist bekannt. Seine großartigen Sammlungen u.a. mit Büchern, Gemälden, Graphiken, Münzen, Mineralien und vielem mehr wurden ab 1817 öffentlich zugänglich. So entstand vor 200 Jahren das erste und größte, europaweit bekannte Museum Südosteuropas. Brukenthals vielfältige politische und kulturelle Tätigkeit und nicht zuletzt seine Gärten führten dazu, dass er nach heutigem Ermessen der wohl herausragendste Siebenbürger Sachse seiner Zeit war.

Zweieinhalb Tage dauerte die Hermannstädter Veranstaltung. Sie beinhaltete ein dichtes Programm, in dessen Vorfeld Hon.-Prof. Dr. Konrad Gündisch eine zehntägige Studienreise aus dem Westen Deutschlands bis nach Siebenbürgen geleitet hatte, deren Teilnehmer auch bei der Tagung anwesend waren. Die Studienfahrt führte zu den wichtigsten Stätten, in denen sich Brukenthal aufgehalten hatte und die mit seiner Zeit – dem Barock (siehe separater Bericht des Exkursionsteilnehmers und Tagungsreferenten Dr. Lupod von Lehsten in der Folge 12/2017 dieser Zeitung) in Verbindung stehen.
Dr. Erika Schneider bei ihrem Vortrag über Samuel ...
Dr. Erika Schneider bei ihrem Vortrag über Samuel v. Brukenthal als Förderer der Gartenkultur in Siebenbürgen im europäischen Kontext. Foto: Konrad Klein
Die Tagung wurde am 16. Juni in der Aula des Brukenthal-Gymnasiums am Huet-Platz mit einer Begrüßung durch den AKSL-Vorsitzenden Dr. Ulrich A. Wien (Landau) eröffnet. Direkt daran schloss sich die Festansprache des bekannten Grazer Historikers Prof. Dr. Harald Heppner an, mit dem Titel „Siebenbürgen im europäischen Kontext des 18. Jahrhunderts, Kontinuitäten und Zäsuren“.

Ort der Tagung war am Samstag darauf das Blaue Stadthaus des Brukenthalmuseums am Großen Ring. Sie beinhaltete ein dichtes Programm mit hochkarätigen wissenschaftlichen Mitteilungen, unterbrochen von kurzen Diskussionsrunden in Anwesenheit von nahezu 100 Zuhörern. Der erste Schwerpunkt der Tagung trug den Titel: „Staat – Staatsmann – Religion und Kirche“. In diesem Panel referierten: Dr. Horst Schuller (Salzburg, Österreich) über „Brukenthal in Wien und sein Verhältnis zur Siebenbürgischen Hofkanzlei“, Dr. Julia Krämer-Riedel (Köln) „Zum Verhältnis von Kirche und Ordenswesen in der Zeit der Aufklärung am Beispiel des Piaristenordens“, Prof. Dr. Dres. h.c. Paul Philippi (Hermannstadt) „Brukenthal und die evangelische Kirche Siebenbürgens“, Dr. Kálmán Kovács (Szeged) „Samuel von Brukenthal und die religionspolitischen Sonderberichte der 1760er und 1770er Jahre“, Sever Cristian Oancea (Mainz) „Die Kommunikation des wahren Glaubens: Der Neuwiener Bischof von Kerens und Samuel von Brukenthal“, Dr. Attila Verók (Erlau/Eger, Ungarn) „Brukenthal und die erste Freimaurerloge in Halle“.

In der Vortragsreihe „Musemsgründung – Stiftungswesen – Sammlungen“ referierten am Nachmittag: Dr. Gudrun Ittu (Hermannstadt) über „Die Gründung des Brukenthalmuseums“, Dr. Rupert Graf Strachwitz (Berlin) über „Brukenthals Stiftung im Kontext des europäischen Stiftungswesens seiner Zeit“ und Frank Thomas Ziegler (Kronstadt) zum Thema „Kirche trifft Museum. Sammlungspolitik am Brukenthalmuseum im 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts“. Nach einer Pause wurden unter den Titel „Familienbeziehungen und wissenschaftliche Kontakte“ folgende Mitteilungen vorgetragen: Dr. Lupold von Lehsten (Bensheim) „Genealogie Samuel von Brukenthals und seine Familie“, Rüdiger von Kraus (Boston, USA) „Siebenbürgisch-sächsischer Kleinadel im Zeitalter Brukenthals, die Familie von Kraus“, Dr. Hansotto Drotloff (Alzenau) „Brukenthal und Michael Conrad von Heydendorff“, Thomas Sindilariu (Kronstadt) „Johann Filtsch und Samuel von Brukenthal“. Der letzte Panel hatte Brukenthals Gartenanlagen und naturwissenschaftliche Sammlungen zum Inhalt. Dr. Erika Schneider (Rastatt) referierte zum Thema „Brukenthal als Förderer der Gartenkultur in Siebenbürgen im Kontext ihrer europäischen Entwicklung“ und Dr. Mariann Juha (München) zum Thema „Regnum minerale. Sammeln und Systematisieren im 18. Jahrhundert“.

Den Tag schloss Prof. Dr. Konrad Gündisch ab mit einer ausgezeichneten, zusammenfassenden Betrachtung mit den Titel „Brukenthal als siebenbürgisch-sächsischer Erinnerungsort“. Am Sonntag, nach einem gemeinsamen Gottesdienstbesuch in der evangelischen Stadtpfarrkirche von Hermannstadt, fand eine Exkursion zu Brukenthals Sommerresidenz in Freck und in seinen Geburtsort Leschkirch statt. Auf dem Rückweg wurde die Kirchenburg von Holzmengen im Haarbachtal besichtigt.

Ein dichtes Programm mit hochinteressanten und kompetent referierten Inhalten, dem wahrscheinlich auch weitere Veranstaltungen zum Thema Brukenthal und seine Zeit folgen werden.

Hansgeorg von Killyen

Schlagwörter: AKS, Tagung, Hermannstadt, Brukenthal, Brukenthalmuseum

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