17. Dezember 2017

Evangelisch, der Liebe wegen - Vor 20 Jahren starb die Altarrestauratorin Gisela Richter

Während sich die bekannte Kronstädter Altarrestauratorin Gisela Richter (1910-1998) im bayerischen Hechendorf 1995 schon innerlich auf die Restaurierung des Sommerburger Altars im Kunstmuseum in Klausenburg vorbereitete, überlegten ihre Töchter, wie sie ihre damals immerhin schon 85 Jahre alte Mutter noch davon abbringen könnten, die Reise anzutreten (dass sie es damals mit einer flotten Siebzigerin hätte aufnehmen können, interessierte da kaum).
Zu ihrer Vorbereitung hatte Richter schon zahlreiche Notizen und Strichelskizzen zu Papier gebracht und die Museumsdirektorin Dr. Livia Drăgoi hatte bereits für optimale Arbeits- und Wohnbedingungen gesorgt. Leider legten sich die Töchter in letzter Minute quer und auch ärztlicherseits gab es Bedenken. „Mein Hausarzt und andere Spezialisten raten ab und die Familie ist böse. Was mich betrifft, ginge ich jedes Abenteuer ein. Ich muss mich aber fügen, weil ich von ihnen abhängig bin. (…) Wenn Sie keine Zeit haben, bitte ich Sie, von Beileidsbesuchen abzusehen. Ihre unter Denkmalschutz stehende Gisela Richter“, schloss sie gewohnt launig ihren Brief vom 24. August 1995 an den Verfasser dieser Zeilen, der das Ganze ein Jahr zuvor eingefädelt hatte.

„Mir fehlt nichts außer Arbeit“: Gisela Richter, ...
„Mir fehlt nichts außer Arbeit“: Gisela Richter, aufgenommen 1997 in Hechendorf. Foto: Konrad Klein
Schade. Es wäre der krönende Abschluss von Richters segensreicher Restauratorentätigkeit gewesen – sie hatte in ihrer 1970 eröffneten Restaurierungswerkstätte in Kronstadt, unterstützt von Ursula Brandsch, Anneliese Kocsis-Schuster und dem Mediascher Maler und Bildschnitzer Dieter Paule, allen 20 in siebenbürgisch-sächsischen Kirchen befindlichen vorreformatorischen Altären ihren alten Glanz zurückgegeben. Auch die aus Mühlbach stammende Madonnenschnitzerin Irmgard Hatzack erhielt den einen oder anderen Auftrag.

Der Sommerburger Marienaltar – er wurde 1909 ins Siebenbürgische Nationalmuseum nach Klausenburg gebracht – wäre sicher das künstlerische Sahnehäubchen für die gebürtige Katholikin gewesen. Was von Richter ebenfalls erhalten blieb, ist ein 16-mm-Schmalfilm, der ihre Hochzeit mit dem späteren Direktor der Tuchfabrik Scherg und langjährigen Kirchenkurator Dr. Otmar Richter 1935 im hessischen Frankfurt zeigt. Gisela Hisgen, geboren 1910 in der Goethestadt, war ihrem Mann zuliebe zum evangelischen Glauben übergetreten und mit ihm nach Kronstadt gezogen. (Der zehnminütige Amateurfilm – zurzeit bei Günter Czernetzky in Berlin – liegt auch als VHS-Kopie vor).
Gisela Richter: Kopf der Sommerburger Madonna ...
Gisela Richter: Kopf der Sommerburger Madonna (Plastik im Mittelschrein) und ein Christuskopf von der Kreuzigung des gleichen Altars – zwei der Skizzen, mit denen sich die Restauratorin auf ihre Aufgabe in Klausenburg einstimmte. Kugelschreiber auf Kalkpapier. Bildarchiv Konrad Klein (Sammlung Gisela und Otmar Richter)
Am 11. September 2018 sind es 20 Jahre seit dem Tod der akademisch geschulten Malerin, siebenfachen Mutter und spätberufenen Altarrestauratorin. Und weil die große alte Dame der siebenbürgischen Altäre stets auch einen göttlichen Humor und den Schalk im Nacken hatte, gelobte sie, dass sie – falls auch ihr siebtes Kind eine Tochter sein sollte – ihr den Namen Notburga geben werde. Was denn auch fast so geschah – man einigte sich dann aber doch noch auf den Namen Hiltburg. Gottvater dürfte gleichwohl amused gewesen sein.

Konrad Klein

Schlagwörter: Kunst, Altar, Restaurierung, Richter, Hommage

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  • 17.12.2017, 10:11 Uhr von Melzer, Dietmar: Ja, Frau Richter Gisela war unsere Nachbarin in Kronstadt. Wir lebten damals in der Kronstädter ... [weiter]

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