28. September 2020

Feminismus am Ende? Gegensätzliche Standpunkte von Inge Bell und Birgit Kelle

Hat der Feminismus in unserer Gesellschaft noch eine Existenzberechtigung? Darüber gehen die Ansichten zweier prominenter Siebenbürger Sächsinnen auseinander. Die katholische Publizistin Birgit Kelle behauptet, der Feminismus habe seine Ziele „in allen westlichen Industrienationen erreicht“. Entschieden widerspricht ihr die Menschenrechtsaktivistin Inge Bell, die unter Verweis auf weiterhin bestehende Missstände feststellt, dass „es noch ein weiter Weg für die Gleichberechtigung“ sei.
Birgit Kelle. Foto: Kerstin Pukall ...
Birgit Kelle. Foto: Kerstin Pukall
Die Journalistin Kelle (1975 in Heltau geboren, lebt in Kempen am Niederrhein) behauptet in dem Podcast „Ben Spricht – Podcast #183 / Birgit Kelle (Gegenderte Sprache)“ auf YouTube: „Wir haben Frauenrechte in allen Verfassungen drin. Die meisten Frauen fühlen sich auch gar nicht mehr benachteiligt. Und damit kommt man zu dem allergrößten Dilemma der gesamten feministischen Bewegung, nämlich: ,Was sollen wir denn jetzt tun?‘ Es ist die einfachste Erklärung, warum man sich mit lauter Nichtigkeiten beschäftigt, weil die ernsten Probleme sind ja alle schon erledigt. Und jetzt sitzt man aber da und hat so ein schönes Gleichstellungsbüro und hat Diversity-Beauftragte und hat ‘nen Lehrstuhl. Und all das wird ja begründet damit, dass man ganz, ganz viel für die Frauen noch tun muss (…). An diesem Phänomen erklärt sich auch, warum gerade dieser Gender-Feminismus im Moment quasi ständig Probleme entdeckt anstatt Probleme zu lösen.“

Eben erst ist Birgit Kelles neuestes Buch „Noch normal? Das lässt sich gendern! Gender-Politik ist das Problem, nicht die Lösung“ (FinanzBuch Verlag, München, 2020, 302 Seiten, 19,99 Euro, ISBN 978-3-95972-364-0) erschienen, in dem sich die streitbare Autorin kritisch und durchaus polemisch mit der aktuellen Gender- und Identitätspolitik auseinandersetzt (eine Besprechung erscheint demnächst in dieser Zeitung).
Inge Bell (links) erhielt 2013 das ...
Inge Bell (links) erhielt 2013 das Bundesverdienstkreuz aus den Händen der damaligen bayerischen Sozialministerin Christine Haderthauer.
Auf Kelles Statement zum Feminismus hin erwiderte die Stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes, Inge Bell (1967 in Kronstadt geboren, lebt in Leipzig und München) in dem Berufsnetzwerk LinkedIn: „Jede vierte Frau in Deutschland erleidet häusliche/partnerschaftliche Gewalt. Jeden Tag versucht ein Mann, seine Frau umzubringen, jeden dritten Tag gelingt es. Zwangsverheiratungen, Frühehen und Verbrechen im Namen der Ehre sind in Deutschland an der Tagesordnung. Vergewaltigungen finden zu fast 100 Prozent durch Männer an Frauen statt, eine Million sexuell missbrauchte Kinder in Deutschland, die Täter: meist Männer. Frauen in Führungspositionen in Wirtschaft und Politik – lächerlich wenig. Sexistische Werbung immer noch normal, Altherren-Sprüche nicht ausgerottet, Frauenhass vor allem in den Social Media extrem verbreitet. Neee, neee, hier ist es noch ein weiter Weg für die Gleichberechtigung.“

Die Medienunternehmerin Inge Bell, der 2007 der Preis „Frauen Europas – Deutschland“ vom Netzwerk Europäische Bewegung Deutschland verliehen wurde, ist europaweit als Vortragsrednerin zu Zwangsprostitution und Menschenhandel aktiv.

Christian Schoger




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Schlagwörter: Feminismus, Diskussion, Kelle, Heltau, Bell, Kronstadt, Frauenrechte, Gleichberechtigung

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  • 29.09.2020, 01:25 Uhr von Doris Hutter: Mir scheint, dass Birgit Kelle sich in den Mittelpunkt stellt und die zwischenmenschlichen ... [weiter]

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