18. Oktober 2022

Vom Schenken, Sammeln und Bewahren: Bedeutende Schenkungen und Dauerleihgaben für das Siebenbürgische Museum

Oft wird davon gesprochen, dass Objekte Geschichten erzählen, dass sie berichten vom Leben in längst vergangenen Zeiten. Doch in Wirklichkeit erzählen diese Objekte nicht selbst. Sie sind gewissermaßen nur Medien, die als Erinnerungsstücke die Erinnerung an das Vergangene bewahren. Um diese Erinnerungen aber wachzurufen, sie der heutigen Generation zu vermitteln, braucht es Einrichtungen, die diese Aufgabe übernehmen. Dies sind die Museen. Denn sie sammeln und bewahren historische Objekte nicht nur, sondern erzählen in Ausstellungen deren Geschichte.
Trude Schullerus: Abendlicht bei den Lössfelsen, ...
Trude Schullerus: Abendlicht bei den Lössfelsen, o. J., signiert, Aquarell, Siebenbürgisches Museum
Diese Aufgabe des Vermittelns, des sich Beschäftigens mit historischen Objekten war in den vergangenen Jahren aufgrund der Corona-Krise sehr erschwert. Wie schön war es da 2022 zu sehen, mit welchem Interesse und welcher Begeisterung viele das Siebenbürgische Museum wieder besuchten, als dies wieder uneingeschränkt möglich war. Hieraus wurde für uns deutlich, wie wichtig das Siebenbürgische Museum als Ort gemeinschaftlicher Erinnerung und Identitätsstiftung für die Siebenbürger Sachsen ist. Doch nach der Pandemie kam mit der Energiekrise infolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine schon die nächste Herausforderung, die das Siebenbürgische Museum schwer getroffen hat. Die Energiekosten in den historischen Räumen Schloss Hornecks sind immens und das Siebenbürgische Museum bittet daher um Ihre Mithilfe, damit wir den Betrieb im Sinne der Bestimmung des Museums als Erinnerungsort für die Siebenbürger Sachsen auch 2023 ohne Einschränkungen aufrechterhalten können!

Die Sammlung des Siebenbürgischen Museums Gundelsheim ist seit seiner Gründung kontinuierlich, teils auch sprunghaft, auf heute über 23 000 Objekte angewachsen. Dazu zählen nicht zuletzt Dauerleihgaben des Bundes bzw. Werke, die durch Finanzierung der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) für das Museum angekauft werden konnten. Erst in diesem Frühjahr gelang es z. B., das Gemälde „Die Heimkehr“ von Harald Meschendörfer sowie die Bronzeplastik „Fufaika“ von Peter Jacobi, die beide die Sammlung zum Thema Deportation in die Sowjetunion bereichern, mit Mitteln der BKM und des Fördervereins zu erwerben. Beiden Geldgebern sei hiermit für diesen Ankauf ebenso wie für die kontinuierliche Förderung des Museums herzlich gedankt.

Neben diesen Erwerbungen wuchs und wächst die Sammlung aber hauptsächlich durch Schenkungen aus privater Hand, die das Museum in den letzten zehn Jahren verstärkt erreicht haben. Es sind dies vielfach Schenkungen bzw. Nachlässe von Siebenbürger Sächsinnen und Sachsen, die sich mit dem kulturellen Erbe ihrer Heimat besonders verbunden fühlen und dieses durch die Unterstützung des Siebenbürgischen Museums über ihre Lebzeiten hinaus bewahren wollen.

Trude Schullerus: Selbstporträt, 1921, signiert, ...
Trude Schullerus: Selbstporträt, 1921, signiert, Radierung, Siebenbürgisches Museum. Fotos: Siebenbürgisches Museum, Koch
So erhielt das Museum 2020 von den Erben des im Dezember 2019 in Würzburg verstorbenen Pioniers der Sonderpädagogik Prof. Dr. Andreas Möckel, geboren 1927 in Großpold, ein Konvolut mit insgesamt 229 Grafiken und Aquarellen sowie 36 Gemälden. Diese stammen wiederum aus dem Nachlass seiner Tante, der bekannten siebenbürgischen Malerin Trude Schullerus (1889-1981).

Als deren Vater, der Theologe Adolf Schullerus, 1900 die Nachfolge des Großvaters als Pfarrer der Gemeinde Großschenk antrat, bestand dort noch das Atelier seines zwei Jahre zuvor mit nur 32 Jahren verstorbenen Bruders Fritz Schullerus, von dem das Siebenbürgische Museum übrigens, ebenfalls aus Familienbesitz, vor wenigen Wochen ein seltenes Landschaftsgemälde geschenkt bekommen hat. Wie Andreas Möckel 2005 bemerkte, „[war] das früh abgebrochene Lebenswerk ihres Onkels […] von Bedeutung für ihren Entschluss, Malerin zu werden, und wohl auch für ihren Malstil und für ihr Lebensgefühl.“ Daher folgte Trude Schullerus dem Vorbild ihres Onkels und studierte von 1906 bis 1914 an der Münchner Kunstakademie Grafik und Malerei. Sie war damit eine der erstaunlich vielen Frauen siebenbürgischer Herkunft, die in dieser Generation einen Lebensweg als professionelle Künstlerinnen einschlagen konnten. Doch zunächst unterbrach der Erste Weltkrieg diese Ambitionen, in dem Trude Schullerus freiwilligen Sanitätsdienst leistete. Erst 1922 erhielt sie ihre ersten Einzelausstellungen in Hermannstadt und Kronstadt. Ein Jahr darauf hatte sie die Möglichkeit, ihre künstlerische Ausbildung in der Meisterklasse Professor Alois Kolbs an der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchgewerbe fortzusetzen. Dabei erhielt sie 1924 den Auftrag, für den rumänischen Pavillon bei der Leipziger Mustermesse 21 Grafiken zu erstellen.

Trotz ihres Studiums in München während der Blütezeit des deutschen Expressionismus, fand dieser im Schaffen von Trude Schullerus keinen signifikanten Widerhall. Sie hielt an einer gegenständlich naturnahen Darstellungsweise fest und sah ihre künstlerische Aufgabe in der Schilderung der siebenbürgischen Landschaft und Lebenswelt. So resümierten Gudrun-Liane Ittu und Iulia Mesea 2005: „Mit viel Liebe näherte sie sich ihrer kleinen, schon in Verwandlung begriffenen Gemeinschaft und stellte sie ihrer Idealvorstellung von einer heilen Welt gemäß dar.“

Mit der Schenkung aus dem Nachlass Andreas Möckels verfügt das Siebenbürgische Museum nun über einen vielfältigen Bestand aus allen Schaffensphasen ihres langen Künstlerinnenlebens. Selbstporträts in der modischen Eleganz der Goldenen Zwanziger sind als Zeitzeugnisse in der Schenkung ebenso erhalten wie vielfältige Darstellungen der von ihr so geliebten siebenbürgischen Landschaft. Sogar einige Objekte, wie etwa Keramikkrüge, die in ihren Stillleben Verwendung fanden, hat die Familie Möckel bewahrt und dem Museum geschenkt. Für diese überaus großzügige Schenkung sei den Kindern Prof. Andreas Möckels aufs Herzlichste gedankt!

Mit der Übernahme der großzügigen Schenkung begann allerdings erst die Arbeit des Museums. Über Wochen wurde jedes einzelne Werk vermaßt, fotografiert, inventarisiert und in seinen historischen Kontext eingeordnet, um nicht nur das Objekt, sondern auch seinen historischen Gehalt zu dokumentieren. Auch wurde der Erhaltungszustand geprüft und die Werke vor ihrer Einlagerung im Kunstdepot des Museums aufwendig in säurefreies Spezialpapier und Kartons verpackt. Manche Werke müssen vor ihrer Präsentation erst neu gerahmt werden; andere brauchen darüber hinaus noch mehr konservatorische Zuwendung, um sie zu restaurieren und für die nächsten Jahrzehnte bestmöglich zu erhalten.

So ist, wie an diesem Beispiel deutlich wird, der Erhalt von Kulturgut ein stetiger und zunehmend kostspieliger Prozess. Er garantiert jedoch die nach heutigem Wissensstand bestmögliche Erhaltung der Werke, was im Hinblick auf die siebenbürgisch-sächsische Kultur von besonderer Bedeutung ist. Sie soll, nein muss für die Zukunft im Museum bewahrt werden, wo diese Objekte von ihrer langen und wechselvollen Vergangenheit zeugen und uns beispielgebend für Gegenwart und Zukunft sein können.

Aus diesem Grund sucht das Siebenbürgische Museum Unterstützerinnen und Unterstützer für seine so wichtige Arbeit zum Erhalt siebenbürgischen Kulturguts und freut sich über neue Mitglieder im Förderverein ebenso wie über Geldspenden, die dazu beitragen, dass die vielen Sachspenden dauerhaft bewahrt und präsentiert werden können.

Beitrittsformulare zum Förderverein finden Sie auf der Homepage des Museums unter: https://www.siebenbuergisches-museum.de/de/siebenbuergisches-museum/foerderverein/

Spendenkonto des Museums: Siebenbürgisches Museum Gundelsheim e.V.; IBAN: DE47 6001 0070 0971 8967 09 (BIC: PBNKDEFF), Postbank

Markus Lörz



Schlagwörter: Siebenbürgisches Museum, Schloss Horneck, Gundelsheim, Spendenaufruf

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