13. Juli 2025

Hegt wird gesangen!: „E Streißken“

Frida Binder-Radler (* 1908 Elisabethstadt, † 1986 Hermannstadt) verbrachte ihre Kindheit und Jugend in Pretai und Michelsdorf im Kaltbachtal. Sie besuchte die Volksschule und höhere Mädchenschule in Hermannstadt sowie das Lehrerseminar in Schäßburg. Anschließend studierte sie bildende Künste in Neustadt (Baia Mare).
1930 heiratete sie Gerhard Binder, der 1946 in einem sowjetischen Arbeitslager im Donbass verstarb. Mit ihren beiden Söhnen Dietrich und Wolfgang übersiedelte sie von Mediasch nach Hermannstadt. Dort arbeitete sie als Kunstpädagogin in der Volkskunstschule und als Bühnenbildnerin am Staatstheater. Sie war Mitglied der Union der Bildenden Künste Rumäniens und des Siebenbürgisch-Sächsischen Dichterkreises. Ihr künstlerisches Werk umfasst Portraits, Büsten, Tuschezeichnungen und Ölbilder, wobei ihre bevorzugten Motive Landschaften, Blumen, Kirchenburgen und Trachten waren (siehe auch Siebenbürgische Zeitung, Folge 9 vom 15. Juni 2008, S. 7).

Der literarische Nachlass der vielseitig begabten Künstlerin Frida Binder-Radler wurde von ihrem Sohn Wolfgang Gerhard Binder archiviert und im Selbstverlag herausgegeben. Die Schriftstellerin schrieb sowohl Prosawerke (Novellen, Sammlungen von Sagen, Erzählungen und Berichten vorwiegend aus dem Kaltbachtal) als auch 21 Bühnenstücke, davon 14 in Mundart. Die Mitbegründerin des Siebenbürgisch-Sächsischen Dichterkreises in Rumänien hinterließ auch 160 lyrische Gedichte. Etwa 53 davon wurden vertont, ein Teil sogar von ihr selbst, die meisten aber von bekannten siebenbürgischen Komponisten wie Heinrich Bretz, Hans Mild, Michael Botradi und Martin Kutschis.

Frida Binder-Radler (1908-1986) ...
Frida Binder-Radler (1908-1986)
Etliche Lieder hat Frida Binder-Radler in ihre Theaterstücke eingebaut, die daher einem breiten Publikum bekannt wurden und inzwischen ins Volksgut übergegangen sind, z.B.: Um Brännchen (Des Owest giht bät Brännchen klien), Ech hiurt de Viujel saingen, Kiurebleam blo (Et reifen de Ehren), Det Vijjeltchen (Et saingt de gånze läwen Dåģ), Wäjjeliedhen (Heija, popoeia), E Streißken (Kiurenehre, Kirebleam), Nuëchteguël, wiëm saingst tea lies?, Frähjohrswängd (Wedder huët der Frähjohrswängd), Frähjohrsbläten (Weiß Frähjohrsbläte wäjje sich,) Hiemwieh (Schwalwe, Schwalwen).

Das Lied „E Streißken“ (Kiurenehre, Kiurebleam) verbindet harmonisch die Natur und romantische Gefühle, indem es die Farben und Symbole des Sommers mit tiefen Emotionen verknüpft. Die Weizenähren stehen für Nahrung, Ernte und Wohlstand und vermitteln dem Mädchen ein Gefühl von Stabilität. Die zarten, jedoch widerstandsfähigen blauen Kornblumen werden mit Ruhe, Treue und Vertrauen verbunden. Die rote Farbe des Mohns steht bekanntlich für Liebe und Leidenschaft und verstärkt die romantische Atmosphäre des Liedes. Der Strauß, den der junge Bauer seinem Mädchen schenkt, verwandelt den Reichtum des sommerlichen Kornfelds in ein greifbares Symbol seiner Liebe.

Über den Tondichter Heinrich Bretz (1862-1947) siehe SbZ Online.

Das Gedicht „E Streißken“ von Frida Binder-Radler wurde 1956 auch von Erich Bergel senior (28.3.1899- 31.1.1971) vertont. Die Partitur kann auf Anfrage zugeschickt werden. Unter siebenbuerger.de/go/2L160 können Sie das Lied in zwei Aufnahmen anhören: Neben der Aufnahme mit seiner Enkelin, der Mezzosopranistin Hildegard Bergel-Boettcher, begleitet auf der Gitarre von Andrea Gatzke, gibt es auch die Einspielung der Hermann­städter Singgruppe Sälwerfäddem (Melodie Heinrich Bretz).
Auftritt der Hermannstädter Singgruppe ...
Auftritt der Hermannstädter Singgruppe Sälwerfäddem unter der Leitung von Rosemarie Henrich (Erste von links) 2016 im Spiegelsaal des Demokratischen Forum der Deutschen in Hermannstadt. Foto: Fred Nuss
Im Jahr 2008 wurde anlässlich des 100. Geburtstags von Frida Binder-Radler eine Gedenkfeier im Hermannstädter Alten- und Pflegeheim „Dr. Carl Wolff“ veranstaltet, bei der ihr Sohn Wolfgang Gerhard Binder sprach. Begleitet wurde die Feier von der Freundin der Künstlerin Sofia Weinhold, Rosemarie Henrich mit Gitarre und der Singgruppe Sälwerfäddem, die viele Mundartlieder, auch einige von Frida Binder-Radler, sangen. Die Gruppe beeindruckte den Referenten so sehr, dass er sie 2009 zu Auftritten in Bayern einlud, was 2010 und 2013 zu weiteren Tourneen führte. Seit 2021 gibt es unter Leitung von Rosemarie Henrich die Singgruppe Līder-Zīker, die weiterhin Lieder in siebenbürgisch-sächsischer Mundart vorträgt. Interessanterweise wurde 2002 in Schäßburg von Karin Martini ebenfalls eine Singgruppe namens Sälwerfäddem gegründet, unabhängig von den Hermannstädtern. Für den Vortrag 2008 in Fürth bat Wolfgang Gerhard Binder auch Rosel Potoradi, mit einer kleinen Gruppe Lieder seiner Mutter einzustudieren. Seitdem gibt es neben dem Fürther Chor auch eine Gruppe, die auch den Namen Sälwerfäddem trägt und deren Repertoire auch Lieder von Frida Binder-Radler umfasst.

Bereits 2010 keimte in mir der sehnlichste Wunsch, dass sich auch in der Bundesrepublik in den verschiedenen Ortschaften kleine Singgruppen bilden würden, die sich ungezwungen gelegentlich treffen und ihre bekannten Lieblingslieder von früher anstimmen würden. Dazu bräuchte es keinen Chorleiter. Liedermaterial mit Text und Noten ist reichlich vorhanden, z. B. in den Liedersammlungen „E Liedchen hälft ängden – Alte und neue Lieder aus Siebenbürgen“ (www.angelika-meltzer.de) oder „Hegt wird gesangen“ (https://www.siebenbuerger.de/shop/). Diese Singgruppen könnten sich vernetzen und einmal im Jahr zum Austausch treffen. Zusätzlich finden Sie auf www.siebenbuerger.de/go/2L etwa 200 Tonaufnahmen mit gesungenen Liedern in siebenbürgisch-sächsischer Mundart zum Mitsingen oder auch Herunterladen. Viel Vergnügen!

Angelika Meltzer

Schlagwörter: Hegt wird gesangen, Lieder, Mundart

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