12. Juli 2025
Komplex Artur Phleps: Vor 80 Jahren Flucht und Evakuierung aus Nordsiebenbürgen 1944-1945
Artur Phleps, SS-Obergruppenführer und General der Waffen-SS, ist der dienstranghöchste Volksdeutsche im Zweiten Weltkrieg. Er ist am 29. November 1881 in Birthälm geboren. Sein Vater war Arzt, seine Mutter eine Bauerntochter. Er war Berufsoffizier in der k.u.k. Donaumonarchie, im rumänischen Königreich und in der deutschen Waffen-SS.

Die Evakuierung der in Nordsiebenbürgen lebenden Deutschen, die Trecks und insbesondere die Eisenbahntransporte mit Flüchtlingen, sind nur mit der Genehmigung der höchsten deutschen Stellen und unter Gewährleistung von militärischem Schutz möglich gewesen. Einen ganz wesentlichen Anteil an all diesen Maßnahmen hatte General Artur Phleps, der durch Herkunft und Dienststellung die dafür erforderlichen Voraussetzungen mitbrachte. Die Kriegstagebücher aus seinem letzten Lebensabschnitt habe ich im Jahr 1995 von seinem Sohn Dr. Reinhard Phleps erhalten.

4.9. 0.l5 h ... Vorher (7h) sprechen vor Generaldechant Dr. Molitoris mit Gebietsführer Gassner u. Vormann der d. Mannschaft mit verschiedenen Anliegen Ungarn machen Schwierigkeiten bei Evakuierung der Frauen und Kinder; ich versuche von II. Gr. 60 Waggon, die für Kr. Gef. bestimmt sind, dafür zu erhalten. Mir fehlt sehr der II a und I b! Der Himmel ganz bewölkt, kühl, ich fürchte Regen! ...
5.9. 4 h 45 hat Angriff begonnen- … Anweisung an V. Offz. bei Ung. Div. wegen Evakuierung wird von OB unterfertigt ...
6.9. ... Weise Müller wegen Evakuierung an! Heute sollten nun endl. die Flugblätter abgeworfen werden, – nur Mordsschweinerei. Thullner Hans spricht bei mir vor! Vom Führer erneut der telg. Bef. an H. Gr. u. mich alles für Rettung der Deutschen Siebenb. u. d. Banates daran zu setzen. Was soll ich machen? Mein Gott, wie schwer prüfst Du mich ...
7.9. 0.30 h Möge es gelingen u. möglichst viele Deutsche evakuiert werden. 8 h 15 Schmidt u. Müller bei mir. Besprechung der Evakuierung u. Einstellung von150 Volksdeutschen in Zipserbat. … Aufruf an Bevölkerung zur Flucht. Gebe Q. Meister Weisungen für Evakuierung. Telegr. an Höh. SS u. Pol. Führer Ungarn u. Belgrad zur Unterstützung ...
... Es spricht Vertreter Vo. Mi. Ostubaf Weibgen bei mir vor wegen der Evakuierung der Deutschen Ungarns, dann der Stabsleiter Volksgruppen in Ungarn, Gauleiter Bistritz, Vormann d. Mannschaft. Beschließen Evak. Greise, schwangere u. stillende Frauen, Kinder, Mädchen mit Zügen u. Vorbereitung d. Trecks. Bef. des H. Gr. K. zum Angriff auf Kokelziel! – … Vorstoß im Kokeltal nicht möglich.
8. 9. … Spreche mit Oberst v. Trotha wegen Leergarnituren, die zum Transport von Evakuierten aus Raum S. Reen u. Bistritz verwendet werden.
9.9. ... 7 h Kann endlich Evak. Erlaubnis für S. Reen u. Bistritz erwirken. 7 h 30 spreche mit Grolman wegen Evakuierung des Nösnergaus. … Interveniere wegen Pferderequirierung ... Zka 2000 Flüchtlinge, im Treck (Ochsenwagen) durch Neumarkt (?) wurde von rum. Fliegern (auch deutsche Hoheitsabz) mit Bomben belegt – viele Pferde und Ochsen tot. 14 Tote 60 Verw. Bauern u. Bäuerinnen u. Kinder … Roh und Gemeinheit …
10. 9. Gefahr des Durchbruchs auf Neumarkt oder Nyarodhat! Gebe Brach Auftrag zum beschleunigten Abtransport der 4000 Evak. aus S. Reen. Chef des St. hat 1 Leerzug der 8. Div. dafür bestimmt …
19 h 30 Quartiermeister fragt wegen Abtransport der deutschen Flüchtlinge an, – Befehle möglichst noch heute Nacht abzuschieben.
Bistritzer u. S. Reener Kreis bleibt … Schmidt, Depner u. Müller melden sich nach Berlin u. Bekesscaba ab. RFSS hat Transport der Flüchtlinge mit Bahn genehmigt …
11. 9. … Ungarn haben Befehl zum Räumen von S. Reen und einigen Ortschaften wie Birk, O. u. N. Eidisch gegeben; ich weise Kreisleiter an auch zu evakuieren …
Obergespan von Neumarkt mit Frau bei Kriebel, komme dazu und bringe Pferde u. Evakuierungsfrage an … Brack hat in Evakuiertenabtransport etwas Ordnung gebracht. Schweinerei, dass Tote der Evakuierten (14) noch nicht begraben wurden, da Behörden versagten und Schmidt abgereist ist. Ung. Behörden u. Milit. flüchten …
12. 9. … RFSS bestimmt, dass ich Volksdeutsche nur retten soll, während Winkelmann und Lorenz für Abtransport sorgen! Ist falsch, da ich den Anlauf der Transportbewegung in der Hand haben muss! Behrends telg., dass Rettungsaktion Banat bald anläuft, Einzelevak. läuft. – kommen in Bacska ... Erfahre, dass beim Treck aus S. Reener Kreis in den Gemeinden Vieh u viele Vorräte, ohne Bewachung zurückgeblieben ist, – spreche mit Gebietsführer Gassner u. Kreisleiter in S. Reen, ebenso mit Qu. Abtg ...
21 h 45 spreche mit O. Qu. Meister H. Gr. wegen Pferderequisition im Bistritzer Kreis. Will ich als B. d. Grl. (= Brigadegeneral) nicht zulassen – finde Verständnis auch bei Oberst v. Trotha ...
Quelle: WIR NÖSNER 1944-2014 Die Evakuierung der Nordsiebenbürger Sachsen 1944 und ihre Folgen, Wiehl-Drabenderhöhe 2014, S. 69ff
Textauswahl: Horst Göbbel
Komplex Artur Phleps II
Die Abschrift des Tagebuches Nr. 18 enthält umfassende Angaben aus der Zeit vom 14. bis 20. September 1944. Hier geht es fast ausschließlich um Artur Phleps’ Aktivitäten als Befehlshaber über die Streitkräfte, die ihm während seiner letzten Lebenswoche zur Verfügung standen. Als Beispiel seien hier lediglich ein Teil der Aufzeichnungen angeführt und die letzten Aufzeichnungen vom 19. September 1944, einen oder zwei Tage vor seinem Tod.13. 9. ... Brack u. Gebietsführer von Nösen sprechen vor; – regeln Transport u. Wirtschaftsfragen. 10 h 45 an H.SS u. Pol-Führer Budapest Verständigung über Evak. Transport u. seine Hilfe in Szatmar u. R. Karoly. Perne: Telg. an H. Gr. daß beide Armeen zu verständigen sind, daß ich als Bevollm Grl. von Siebenb. in Evak. Angelegenh. das Befehlsrecht des Führers habe.
14. 9. … Heute dürften letzten Evakuierten mit Bahn abgehen also nur mehr getreckt werden, – das auch schwer, da wenig Begleitmannschaft (nur 20 SS Urlauber auf 6 Trecks) u. elende Straßen ... 14. 9. 16 h 45 Der Gegenangriff des Alarmbat. von nach W. hat Erfolg. Wäldchen 0.453 wird genommen, dann 458 selbst. 505 geht verloren – Bat setzt zum Angriff dorthin fort.
Von Govisamartin (?) ist nach N, Fd. (Fd. = Abkürzung für Feind) in Stellung des Pol Bat. eingedrungen, – 1 Kp, macht Gegenangriff wirft Ed. aus Wald hinaus, Bat Kdr Rttm Benecke (?) gefallen, Rgt 15 wurde seit früh vom 1 Rgt aus b.w. stark angegriffen und mußte Bf. Ducatului (?) räumen. Nun hält sie wiederholten Anstürmen auf 453 D. Ticusului stand, dank der Art. Unterstützung von 6 Bttr. längs Straße Ogra (Osra) Sanpaul geht Fd nur zögernd vor. Bei Ludus eingebrochen wird Fd von 2 ung Pz. Div. angegriffen. I a der 8 KD hier zum Befehlsempfang wegen Absetzen heute Nacht, 17 h fliegt Eisenbrücke in NYARDATO (?) durch fdl. Art.treffer in die Luft!
Befehl, daß ich 13.9. 10 h 30 bei H. Gr. Kdo zu einer Besprechung einzufinden habe. An Westfront sind Amerik. bis vor Aachen u. Eupen Malmedy gedrungen. … Lese Bericht von Rührig vom 6. 9. Aus Banat. - Kopflosigkeit, Angst, Charakterlosigkeit bei Deutschen und Rumänen. Hätten wir dt. Truppen gehabt, so wäre der Spuck rasch beendet gewesen. 20 h beginnt Rückverlegung der Gruppe hinter Marosch. Gehe früh zu Bett, – Kriebel ist ein selten langsamer Arbeiter – brachte den Stellungswechselbefehl 1 1/4 Maschinenschreibseiten in 8 St. erst heraus. Ich muss von nun an selbst grundlegende Bef. diktieren. …
19.9. Nacht ruhig verlaufen. … Sehr kalter Herbstmorgen, 8 h schweres Art. Feuer auf Höhe 495 (In Nacht war Fd vom S. Hange abgesogen) 362 wurde in der Nacht von Fdl Komp. angegriffen - Handgranatenkampf abgewiesen. Seit 8 h schwerer Angriff auf Stellungen 495 – 465 – (Rumänen und Russen) - sicher in russ. Art! - Wurde aber zum Stehen gebracht. Mangel an S.F.H. Muni; helfen mit Mun aus II/52 aus. (152 Schuß) Bis Mittag damit u. gegen die Stellungen N. IERNUL (Jernut ?) Spreche 12 h 10 mit Arko wegen Art.bekämpfung;- …
13 h 50 spreche mit OB d. 6. Armee u. melde mich ab; er dankt herzlich für Zusammenarbeit, 15 h Abfahrt zum H. Gr. Kdo - 20 h in Szatmar; kaum im Ort beginnt Bombenangriff – dauert 1 St. – warten in einem Keller ab –; dann Fahrt zum Gef. stand – Sonderzug! Orientierung durch I a Meldung und Vortrag beim OB. Nachtmahl. Spreche telf. mit Ord. Off. RFSS – kaum zu verstehen – RF nicht in Kdostelle morgen voraussichtlich. Fahrt trotzdem morgen früh nach Bpest u. dann zum RFSS – Mit mir Kriebl u. Wagner. Nächtigen im Sonderzug 20.9. 6 h Abfahrt nach HAJDOR Szoboszlo zum Benzin und Fassung. Frühstück. Weg zum Großteil sehr gut. (Soldatentod am 20. oder 21. September 1944)
Als ein Vorstoß der 2. Ukrainischen Front unter Rodion Jakowlewitsch Malinowski nach Ungarn begann, wollten sich Phleps und seine Adjutanten ein Bild von der Lage machen und brachen am 21. September zu einer Aufklärungsfahrt auf. Nahe der Stadt Arad wurden sie jedoch von der Roten Armee überrascht und gefangengenommen. Doch war es den Sowjets gar nicht bewusst, wen sie da gefangen hatten. So erschossen sie wohl Phleps und seine Adjutanten um 17.30 Uhr während eines deutschen Luftangriffes.
Als man im Dorf Schimand bei Arad sein Ritterkreuz und andere ihm gehörende Effekten (auch die Tagebücher) fand, ging man von seinem Tod aus, obwohl seine Leiche nie gefunden wurde. Am 24. November 1944 wurde Artur Phleps posthum das Eichenlaub zum Ritterkreuz verliehen, das man seinem Sohn Reinhard Phleps (1917-2001) stellvertretend überreichte. Dieser kämpfte ebenfalls als Soldat in der Waffen-SS und wurde als Arzt eingesetzt. In mehreren Telefonaten, die ich Anfang 2014 mit Mitgliedern der Familie Phleps führte, wurde auch die Aussage getroffen, General Artur Phleps habe sich insbesondere in Jugoslawien auch Kriegsverbrechen schuldig gemacht.
Quelle: WIR NÖSNER 1944-2014 Die Evakuierung der Nordsiebenbürger Sachsen 1944 und ihre Folgen, Wiehl-Drabenderhöhe 2014, S. 74ff.
Textauswahl: Horst Göbbel
[Dieser Artikel wurde am 22. Juli 2025 um 14:38 Uhr geändert.]Schlagwörter: Geschichte, Flucht und Evakuierung, Nordsiebenbürgen, Phleps, SS
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