31. Dezember 2025

Hegt wird gesangen!: „Än der Silvesternoocht“

Josef Beer (geboren am 9. Januar 1914 in Großau, gestorben am 23. August 2005 in München) war ein begnadeter Lehrer, talentierter Turner und exzellenter Musiker. Er wuchs in Großau in einer Landler-Familie auf und sprach, wie alle seiner Landsleute in Großau, sowohl den Landler als auch den Sächsischen Dialekt. In den Ortschaften, in denen er wirkte, setzte er sich mit ganzer Kraft für die Gemeinschaft ein. Nach der evangelischen Lehrerbildungsanstalt in Hermannstadt unterrichtete er u.a. in Roseln, Großau, Großpold, Großscheuern und fungierte als Rektorlehrer in Petersberg, Reschitza, Seiden, Großau, Stolzenburg und von 1955 bis zur Verrentung 1974 in Hermannstadt. Während seiner Lehrertätigkeit organisierte er Dorfsportfeste und leitete Chöre und Theatergruppen. Viele Großauer erinnern sich auch heute noch an ihren beseelten Lehrer und überzeugenden Organisator.
Sein Berufsleben wurde mehrfach unterbrochen: 1935-1936 Militärdienst; 1942-1943 Kriegsdienst in der rumänischen Armee, Verwundung nahe Stalingrad; 1952 wurde er in Stolzenburg politisch inhaftiert (Vorwurf Rassenhass); nach zehn Monaten Haft 1953 entlassen und rehabilitiert.

1954 heiratete er Susanna Gierlich aus Großscheuern und wurde später Vater zweier Söhne. Ab 1955 wirkte er bis zur Verrentung 1974 in Hermannstadt. 1984 siedelte die Familie nach Deutschland um, und lebte fortan in München. Dort widmete sich der musisch interessierte Rentner der Musik, Dichtung und Literatur und nahm aktiv am sächsischen Kulturleben teil. In den 1990er Jahren trafen sich die ehemalige Lehrer und Lehrerinnen aus Siebenbürgen regelmäßig im Haus des Deutschen Ostens in München, um zusammen zu feiern und sich über kulturelle Themen auszutauschen. Rosel Potoradi, die ehemalige Kulturreferentin des Landesverbandes Bayern des Verbandes der Siebenbürger Sachsen, erinnert sich noch gerne an die Erlebnisse mit Josef „Sepp“ Beer: „Während der Begrüßung im Foyer stürmte plötzlich wie ein Wirbelwind unser Kollege Sepp Beer mit Notenblättern in der Hand auf uns zu. Im Nu hatte er ein Lied angestimmt. Oft war es eine neue eigene Schöpfung, passend zur Jahreszeit, die spontan eingeübt wurde. Unsere Begeisterung war stets groß. Erst nach dem Singen gingen wir in den Raum, in dem das Nachmittagsprogramm gestaltet wurde. Schöne Erinnerungen!“ Josef Beer starb 2005 nach einem Schlaganfall und wurde auf dem Neuen Südfriedhof in München bestattet.

Josef Beer Anfang der vierziger Jahre ...
Josef Beer Anfang der vierziger Jahre
Beers literarisches und musikalisches Erbe wird weiterhin geschätzt. Unvergesslich bleibt er durch die Vertonung der Großauer Hymne U bīden Awern des Zabeng (An beiden Ufern des Zibins) von Josef Kufleitner (1896–1969). Kufleitner, selbst auch Landler, hatte 1938 auf sächsisch gedichtet. Nachträglich hat er seine Verse ins Deutsche übertragen und noch eine Strophe dazu gedichtet (siehe „Landlerisch g’sunga“, Seite 26, ISBN 978-3-949683-62-9, https://www.buechercafe.ro).

Die Sammlung „E Liedchen hälft ängden – Alte und neue Lieder aus Siebenbürgen“, Hgg. Angelika Meltzer und Rosemarie Chestels (www.angelika-meltzer.de) enthält folgende Lieder Josef Beers: Bäm Kukurutzschiëlen (Än den hieschen Härwestwoochen), Worte und Weise Josef Beer, Härwest (En ride Månkel dit sich na), Text Viktor Kästner, und die drei Vertonungen von Maria Haydls Gedichten, „Hiesch Birken“ (Et wuëßen hisch Birken), Zwo Birken (Wi kloopt u meng Fenster) und „Än der Silvesternoocht“ (Angder de Stiwwle kerzelt der Schnie). Etliche Lieder in siebenbürgisch-sächsischer Mundart und in Hochdeutsch befinden sich noch in Beers Nachlass. Durch die schlichten und eingängigen Vertonungen hat Josef Beer unseren Schatz an Mundartliedern bereichert und mit zum Erfolg des Bühnenstücks De Breokt än der Wengkof von Maria Haydl beigetragen.

Maria Haydl im Jahr 1943. Foto: Gisi Raikich ...
Maria Haydl im Jahr 1943. Foto: Gisi Raikich
Maria Haydl (geboren am 23. September 1910 in Arbegen, gestorben am 28. September 1969 in Hermannstadt), die „dichtende Mathematiklehrerin“, ist unseren Landsleuten vor allem als Dramatikerin von heiteren und ernsten Mundartstücken bekannt. Ihre vier Kinder Idmar Hatzack, Waltrun Maier, Uwe Hatzack und Heidemarie Zeck haben den kostbaren Nachlass ihrer Mutter gesichtet und 2006 im Eigenverlag unter dem Titel „Und wonn hie dennich kit …“ eine Sammlung mit fünf Bühnenstücken (Und wonn hie dennich kit, Versäck deng Gläck, Meng Vuëter, De Breokt än der Wengkoff, Wo bleīven de Männer?) veröffentlicht. 2008 folgte die Sammlung mit Prosa und Gedichten „Eine Truhe voll Kupferkreuzer“ mit liebevoll gestaltetem Umschlagbild und Zeichnungen der Hermannstädter Künstlerin Ricarda Maria Terschak (Mimo) (1929-1912), zu beziehen über https://www.buechercafe.ro.

Maria Haydl hat in ihre Theaterstücke auch einige Lieder eingeflochten, deren Texte sie selbst verfasst hatte, z.B. in Und wonn hie dennich kit das Lied Kamm hiem (En Rof ous asem Lånd), Melodie Christine Maly-Theil, und die drei oben genannten Lieder von Josef Beer vertont: Hiesch Birken (Et wuëßen hisch Birken), Zwo Birken (Wi kloopt u meng Fenster) und das passend zum Jahresausklang heute abgedruckte heitere Liebeslied „Än der Silvesternoocht“ (Angder de Stiwwle kerzelt der Schnie), siehe auch „Zum 100. Geburtstag der Dramatikerin Maria Haydl“, Siebenbürgische Zeitung, Folge 19 vom 30. November 2010, Seite 6, siebenbuerger.de/go/10561A.

Unter siebenbuerger.de/go/2L118 können Sie Angder de Stiwwle kerzelt der Schnie im Braller Dialekt mit dem Singkreis Kampestweinkel und unter siebenbuerger.de/go/2L152 Et wuëßen hiesch Birken mit den Hermannstädter Sälwerfäddem hören und bei Gefallen auch herunterladen.

Gesegnete Feiertage und kommen Sie gesund in ein friedvolles Jahr 2026!

Angelika Meltzer

Schlagwörter: Hegt wird gesangen, Lieder, Mundart

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