25. Juni 2006

Pionier der Rheologie: Otto Göttfert

Am 28. April 2006 verstarb in Buchen/Odenwald Prof. h.c. Dr. Ing. h.c. Otto Göttfert im 88. Lebensjahr. Der als erfolgreicher Unternehmer international tätig gewesene, gebürtige Hermannstädter gilt als Pionier der Rheologie. Die Rheologie ist laut Online-Enzyklopädie Wikipedia die Wissenschaft, die sich mit dem Verformungs- und Fließverhalten von Materie beschäftigt. Sie umfasst Teilgebiete der Elastizitätstheorie, der Plastizitätstheorie und der Strömungslehre. Als interdisziplinäres Fach steht die Rheologie in Kontakt mit der Physik, der Physikalischen Chemie und den Werkstoffwissenschaften.
Seine Heimatstadt Hermannstadt lag Otto Göttfert sehr am Herzen. Dort erhielt er seine schulische Ausbildung als begeisterter Schüler der Brukenthalschule und Sänger im Chor. Göttfert absolvierte eine kaufmännische Lehre in der Gremial-Handelsschule. Schon früh spürte er seinen Drang zur Technik und so setzte er seine Begeisterung mit der ihm angeborenen Zielstrebigkeit durch. Parallel zu seiner ersten Beschäftigung in einer Maschinenfabrik, wo er Press- und Luftwerkzeuge mitentwickelte, studierte er allabendlich Mathematik und Physik.

Dipl.-Ing. Dr. Ing. h.c. Otto Göttfert
Dipl.-Ing. Dr. Ing. h.c. Otto Göttfert

Für das Maschinenbaustudium gut vorbereitet, besuchte er ergänzend die Ingenieurschule Mittweida, wo zu der Zeit einige junge Siebenbürger studierten. Nach vier Studienjahren schloss Otto Göttfert 1943 seine Prüfung als Ingenieur mit dem 2. Platz von 23 ab. Auf seinem weiteren Lebensweg bevorzugte er die Fächer Wärme- und Elektrotechnik. Seine weitere Entwicklung erfolgte in verschiedenen Firmen in Hannover.

Im Jahr 1949 heiratete er seine Frau Doris (geb. Haas), die ihm drei Kinder schenkte. Als technischer Leiter, ausgestattet mit Einzelprokura, wagte Otto Göttfert 1962 den Sprung in die Selbstständigkeit und gründete in Buchen die Firma „Göttfert Feinwerktechnik GmbH“. Diese führte den Zusatz: „Rheologische Prüfgeräte für Formenplaste, Duroplaste und Kautschuk“. Göttfert erkannte früh, dass die moderne Kunststofftechnik physikalisch zuverlässige Prüfverfahren mit Prüfmaschinen erforderte. Damit fand er eine große Marktlücke. Sein Beitrag zu wissenschaftlichen technischen Untersuchungen im Gerätebau brachte wesentliche Fortschritte sowohl an Universitäten und Hochschulen, als auch in der Forschung und Produktion. In Fachkreisen galt er als „Pionier der Rheologie, Forscher und Entwickler in der Rheometrie“. Die mehr als dreißig Gerätetypen seiner Firma wurden ständig weiterentwickelt. Auf dem Weltmarkt ist die Firma Göttfert in der Kapillarrheometrie und bei Laborgeräten marktführend. Das erste rotorlose Vulkometer der Welt wurde von Otto Göttfert entwickelt. 60 Prozent der Firmenproduktion wird weltweit exportiert. 1985 wurde in den USA (Rock Hill) eine Vertriebsfirma mit eigenem Gebäude auf eigenem Grundstück errichtet.

1991 erhielt Otto Göttfert von der Technischen Hochschule „Carl Schorlemmer“ in Leuna-Merseburg den Titel Dr. Ing. h.c., und 1997 verlieh ihm die Staatliche Technische Universität St. Petersburg die Ehrenprofessorenwürde „Prof. h. c.“. Auch weiterhin wird die Marktführerposition behauptet durch international anerkannte Hard- und Software, die in der Firma entwickelt wird. Begleitende Beratungen, Seminare zur Weiterbildung in der Polymerrheologie sind Bestandteil der Kundenberatung.

Die von Göttfert entwickelte Firmenphilosophie war und ist auch die Qualifizierung und Ausbildung vieler junger Mitarbeiter. Viele davon sind heute Diplom-Ingenieure in der eigenen Firma bzw. in verantwortlichen Positionen. „Die soziale Verpflichtung des Unternehmers ist die wichtigste und eine der vornehmsten Aufgaben in der sozialen Marktwirtschaft“, war Göttferts Leitgedanke. Durch seine Großzügigkeit wurde es möglich, an Hochschulen in Deutschland und Russland die Lehre und Forschung zu fördern. Die Begleiter seines bald neun Jahrzehnte währenden Lebensweges ehren sein Andenken als Landsmann mit Vorbildfunktion.

E. E.

Schlagwörter: Nachruf, Naturwissenschaften

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