18. April 2008

Guido von Putkowski: "Beamter von niewankendem Pflichtgefühl"

Guido von Putkowski wurde am 25. Januar 1858 – vor 150 Jahren – in Broos als Sohn des Finanzkonzipisten der k.k. Finanz-Bezirks-Di­rektion Broos, Johann Putkowski, geboren.
Am Pfingstsonntag, dem 5. Juni 1938, ist Gui­do von Putkowski im 81. Lebensjahr „durch den Tod aus unseren Reihen gerissen worden, dessen Charakter eine ungewöhnliche Ausgegli­chen­heit geistiger und gemütlicher Vorzüge aufwies. Er war ein umsichtiger, sein Arbeitsgebiet bis in alle Einzelheiten beherrschender Beamter von niewankendem Pflichtgefühl (...). Wer ihn kann­te, verehrte in ihm eine Verkörperung edler Menschlichkeit. Bezeichnend für seine geistigen Anlagen war der Umstand, daß er, ohne juristische Studien getrieben zu haben, über vier Jahr­zehnte lang (1880-1922) als Verwaltungsbeam­ter tätig sein konnte, nachdem er rasch zu dem wichtigen Posten eines Leschkircher Oberstuhl­richter (Hermannstädter Komitat) aufgestiegen war.“
Der Leschkircher Oberstuhlrichter Guido von ...
Der Leschkircher Oberstuhlrichter Guido von Putkowski (links) mit Gattin Josefine (rechts), Tochter Selma und Sohn Hans anno 1908.
Guido von Putkowski wurde am 25. Januar 1858 – vor 150 Jahren – in Broos als Sohn des Finanzkonzipisten der k.k. Finanz-Bezirks-Di­rektion Broos, Johann Putkowski, geboren. Nach Schulbesuch und militärischer Dienstzeit trat er in den Verwaltungsdienst des Hermannstädter Komitates ein: Stuhlrichteramtsadjunkt, Komi­tatshonorar-Vizenotär, Obergespan-Sekretär und schließlich 1907 in das Leschkircher Stuhlrich­teramt berufen. Hier erwarb sich Putkowski in allen sächsischen und rumänischen Dörfern des Bezirkes rasch Achtung und Sympathien der Be­völkerung. Auch die ungarische Obrigkeit hatte großes Vertrauen in ihren „Szolgabiró“.

Außerdienstlich engagierte sich Putkowski beim Leschkircher Landwirtschaftlichen Bezirks­verein, zu dessen Vorsteher er in den Jahren 1909-1919 gewählt worden war, und organisier­te regelmäßig in den Ortsvereinen Vorträge zu aktuellen Themen wie: Ackerbau, Fruchtfolge, Saatgut, Wiesenpflege, Tierzucht, Bienenzucht u. a. Selbst hat Putkowski, anlässlich der Jah­resversammlung am 25. März 1911 in Marpod, einen Vortrag zur Alkoholfrage gehalten (Origi­nal im HOG-Archiv).

Bzgl. des von der Forst-FH Temeschburg erar­beiteten Projekts zur Anpflanzung eines Kiefern­waldes hatte sich Putkowski, ein Freund der Na­tur, 1879 Gründungsmitglied des Hermann­städter Verschönerungsvereines, 1908 eingesetzt, die „Erholung und Naturschutzfunktion“ zu berücksichtigen und entlang der Kieferngren­ze eine drei Meter breite Allee, abgegrenzt mit Gleditschen, anzulegen. Putkowski hatte auch 14 Landwirte zu einem Mühlenneubau in Lesch­kirch angeregt und ihnen beigestanden, die Fi­nan­zierung zu regeln sowie die Liefer- und Mon­tagefirma vertraglich zu verpflichten. Somit konnten ab 1912 die Ortsbewohner ihren Wei­zen, Mais und Gerste in der neuen Mühle (Geb­belsgasse Nr. 142) mahlen lassen.

Putkowski beschäftigten die Probleme junger Bauernfamilien beim Ackerkauf. 1911 lud er den Mediascher Gymnasiallehrer Michael Englisch ein, über die Notwendigkeit der Gründung eines Bodenschutzvereines vorzutragen. Dieser be­richtete: „Ich habe keinen schöneren Augenblick in meinem Leben gehabt als in Leschkirch, wo nach meinem Vortrage Männer und Frauen, Jünglinge und Mädchen – 86 an der Zahl – vortraten und sich als Mitglied zum Vereine meldeten, wo die Führer der Gemeinde beschlossen: wir wollen heute mit allen Mitteln dawider kämpfen, daß noch ein Joch Grund in fremde Hände kommt!“

Unterhaltsam und belehrend ist das „Frem­denbuch“ der Familie Guido und Josefine Put­kowski mit Tochter Selma (Sohn Hans war beim Medizinstudium in Budapest). Man erfährt, wie die sich verabschiedenden den kommenden Gäs­ten die Türklinke reichen; Jugendliche aus Pfar­rer- und Beamtenfamilien Fräulein Selma besuchen, sich unterhalten, einige Male ein Theater­stück einstudieren und der Dorfjugend vorführen.

Mit Ausbruch des Weltkrieges 1914 kamen sogleich andere Aufgaben auf die Gemeinschaft zu. Nun war der Frauenverein gefordert, auch die Aufgaben der Männer wahrzunehmen. Den Appell des Staates an die Hausmütter, Bett- und Leibwäsche, Handtücher, Seife und Lebensmittel für die Krankenhäuser zu sammeln, koordinierte in allen Gemeinden Oberstuhlrichter Putkowski. Dies wiederholte sich auch im August 1916 nach dem Einmarsch rumänischer Truppenverbände nach Siebenbürgen. Es wurde auf der ev. Schule in Leschkirch die weiße Fahne gehisst und ein Lazarett eingerichtet, wieder mit Sammlungen des und Betreuung durch den Frauenverein. Vor Kriegsende wurde Oberstuhlrichter Putkowski „als sichtbare Anerkennung das Verdienstkreuz für Zivildienste und das Ehrenzeichen 2. Klasse vom Roten Kreuz mit der Krone verliehen“.

Guido von Putkowski wurde 1919 von rumänischen Beamten aus seinem Amt abgelöst. Die Familie zog wieder nach Hermannstadt um, wo er bis 1922 in der Leitung des Hermannstädter Gewerbevereins tätig war und dann in den wohlverdienten Ruhestand wechselte.

Michael Edling

Schlagwörter: Gedenken

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