26. Mai 2008
Dr. Motzan in Stuttgart: Im Zerrspiegel der Securitate-Akten
Im Rahmen der Stuttgarter Vortragsreihe hält Prof. h. c. Dr. Peter Motzan am Freitag, den 30. Mai 2008, 19.00 Uhr, im Haus der Heimat, Schlossstraße 92, den Vortrag: „Weder Dissident noch Denunziant. Wiederbegegnung mit der eigenen Vergangenheit im Zerrspiegel der ‚Securitate’-Akten“.
Peter Motzan, 1946 in Hermannstadt geboren, studierte Germanistik und Rumänistik in Klausenburg, war wissenschaftlicher Assistent und (seit 1978) Dozent am Germanistik-Lehrstuhl der Universität Klausenburg. 1980 promovierte er an der Universität Bukarest zum Dr. phil. Acht Jahre später erfolgte seine Entlassung aus dem Hochschuldienst wegen Ausreiseabsichten. 1990 konnte er mit seiner Familie in die Bundesrepublik Deutschland aussiedeln. Nach der Vertretung einer Professur im Fachbereich Neuere deutsche Literatur der Philipps-Universität Marburg wurde er 1992 Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas an der LMU München, 2001 dessen Stellvertretender Direktor. 2003 zeichnete ihn die Universität Klausenburg mit der Ehrenprofessur aus. Er ist Verfasser und Herausgeber zahlreicher Publikationen zur rumäniendeutschen, deutschen und rumänischen Literatur des 20. Jahrhunderts.
In einem Interview (befragt von Stefan Sienerth anlässlich seines 60. Geburtstags) über seine Lehr- und Forschungstätigkeit im siebenbürgischen Klausenburg antwortete Peter Motzan, dass das kleine „Feld“ der Fremdsprachenphilologien eine „Nische“ gebildet und er selbst „ein recht angepasstes Leben geführt“ habe: „Die Tatsache, dass ich mich gegen Anwerbungsversuche des Geheimdienstes Securitate zur Wehr setzte – es gehörte, diese Erfahrung habe zumindest ich gemacht, nicht besonders großer Mut dazu – hatte keine unmittelbar spürbaren Folgen. Abgesehen davon, dass es mir verwehrt war [...], ins westliche Ausland reisen zu dürfen. ‚mit wirklichem eifer’, schrieb damals mein Student Werner Söllner, ‚habe ich nur für eine sache plädiert:/ dass ich zu meinen freunden sprechen kann/ ohne angst.’ Ein Minimalprogramm, aber ein lebenswichtiges in sich verfinsternden Zeiten. Und ich hatte, so glaube ich felsenfest, das Glück, solche Freunde in Rumänien zu finden. Andererseits will ich doch nicht auf die nunmehr möglich gewordene Einsichtnahme in meine Securitate-Akte [...] verzichten ...“
Rund ein Jahr nach der Antragstellung konnte Peter Motzan die drei Bände seiner Akte im Lesesaal des „Nationalen Rates für das Studium der Securitate-Archive“ (CNSAS) im Juli 2006 und im August 2007 in Bukarest einsehen. Sie umfasst 580 Blätter, die beidseitig beschrieben sind (davon 196 Blätter abgehörte Telefongespräche), und enthält Berichte der Zeitspanne 1971–1989 von 32 Inoffiziellen Mitarbeitern (rum. „surse“) sowie Zusammenfassungen der Ergebnisse (rum. „Note de sinteză“) und Maßnahmenpläne seitens der Führungsoffiziere zur weiteren Überwachung.
Es liegt Peter Motzan fern, sich nun zum Opfer stilisieren zu wollen. Nach eigener Aussage gehörte er als Hochschullehrer im kommunistischen Rumänien dank des zugänglichen kulturellen Kapitals eher zu einem privilegierten Personenkreis, er hat niemals öffentlich gegen das Regime aufbegehrt, aber, soweit möglich, die Kompromisse auf Sparflamme zu halten versucht, was zusehends leichter war als – beispielsweise – für die Redakteure von Zeitungen und Zeitschriften oder die Leiter von Bildungs- anstalten der deutschen Minderheit. Der Vortrag erläutert die Gründe, die dazu führten, dass zwei Überwachungsakten angelegt wurden und die Ausschnüffelungen bis in die Privatsphäre eindrangen. Untersucht und hinterfragt werden vorrangig Strategien, Techniken und Zielsetzungen des Geheimdienstes, dem kein noch so irrwitziges Verdachtsmoment zu gering schien, um ihm nicht durch den Einsatz der unterschiedlichsten Mittel und mit großem Aufwand nachzugehen.
In einem Interview (befragt von Stefan Sienerth anlässlich seines 60. Geburtstags) über seine Lehr- und Forschungstätigkeit im siebenbürgischen Klausenburg antwortete Peter Motzan, dass das kleine „Feld“ der Fremdsprachenphilologien eine „Nische“ gebildet und er selbst „ein recht angepasstes Leben geführt“ habe: „Die Tatsache, dass ich mich gegen Anwerbungsversuche des Geheimdienstes Securitate zur Wehr setzte – es gehörte, diese Erfahrung habe zumindest ich gemacht, nicht besonders großer Mut dazu – hatte keine unmittelbar spürbaren Folgen. Abgesehen davon, dass es mir verwehrt war [...], ins westliche Ausland reisen zu dürfen. ‚mit wirklichem eifer’, schrieb damals mein Student Werner Söllner, ‚habe ich nur für eine sache plädiert:/ dass ich zu meinen freunden sprechen kann/ ohne angst.’ Ein Minimalprogramm, aber ein lebenswichtiges in sich verfinsternden Zeiten. Und ich hatte, so glaube ich felsenfest, das Glück, solche Freunde in Rumänien zu finden. Andererseits will ich doch nicht auf die nunmehr möglich gewordene Einsichtnahme in meine Securitate-Akte [...] verzichten ...“
Rund ein Jahr nach der Antragstellung konnte Peter Motzan die drei Bände seiner Akte im Lesesaal des „Nationalen Rates für das Studium der Securitate-Archive“ (CNSAS) im Juli 2006 und im August 2007 in Bukarest einsehen. Sie umfasst 580 Blätter, die beidseitig beschrieben sind (davon 196 Blätter abgehörte Telefongespräche), und enthält Berichte der Zeitspanne 1971–1989 von 32 Inoffiziellen Mitarbeitern (rum. „surse“) sowie Zusammenfassungen der Ergebnisse (rum. „Note de sinteză“) und Maßnahmenpläne seitens der Führungsoffiziere zur weiteren Überwachung.
Es liegt Peter Motzan fern, sich nun zum Opfer stilisieren zu wollen. Nach eigener Aussage gehörte er als Hochschullehrer im kommunistischen Rumänien dank des zugänglichen kulturellen Kapitals eher zu einem privilegierten Personenkreis, er hat niemals öffentlich gegen das Regime aufbegehrt, aber, soweit möglich, die Kompromisse auf Sparflamme zu halten versucht, was zusehends leichter war als – beispielsweise – für die Redakteure von Zeitungen und Zeitschriften oder die Leiter von Bildungs- anstalten der deutschen Minderheit. Der Vortrag erläutert die Gründe, die dazu führten, dass zwei Überwachungsakten angelegt wurden und die Ausschnüffelungen bis in die Privatsphäre eindrangen. Untersucht und hinterfragt werden vorrangig Strategien, Techniken und Zielsetzungen des Geheimdienstes, dem kein noch so irrwitziges Verdachtsmoment zu gering schien, um ihm nicht durch den Einsatz der unterschiedlichsten Mittel und mit großem Aufwand nachzugehen.
S. H.
Schlagwörter: Securitate, Vortrag, Stuttgart, IKGS
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