21. Juli 2008

Hermannstadt-Ausstellung im serbischen Werschetz

Was verbindet Hermannstadt in Siebenbürgen mit Werschetz im Banat? Das wäre in diesem Fall die traditionelle Theaterbegeisterung. Während man aber in Hermannstadt schon im Jahr 1581 mit erfolgreichen Inszenierungen begann, musste man in dem Banater Weinbaustädtchen darauf bis ins 19. Jahrhundert warten.
Damals hatte Hermannstadt bereits ein Stadttheater, das in den fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts Carl Friese als Direktor aufwies. Der gleiche Friese war aber oft auch in Werschetz tätig, und sein Sohn debütierte dort als Schauspieler, bevor er sich in Wien einen Namen machte.

In der Pädagogischen Akademie im heute serbischen Werschetz (Vršać), deren Geschichte in einem kürzlich erschienenen schönen Bildband festgehalten wird, kann man die deutschen Dokumente und publizistischen Belege besichtigen, die über die bedeutsame Tätigkeit dieser Akademie im 19. Jahrhundert berichten. Damals und später wurde dort erfolgreich deutsches Theater gespielt, und wie wichtig jenes Schultheater war, kann man in Siebenbürgen seit 1543 ermessen, als Honterus’ Theaterspiel als Pflichtaufgabe eingefordert hatte.

Auch in Werschetz gehören heute Theaterpädagogen zum Team der Hochschule, und man ist stolz, auf den in Werschetz geborenen „serbischen Lessing“, Jovan Steria Popović, verweisen zu können, auf die erste serbische Schulaufführung des Jahres 1793. Gezeigt wird derzeit in Werschetz die von Dr. Horst Fassel und Martin Rill vorbereitete Ausstellung „425 Jahre Hermannstädter deutsches Theater“, die im Dezember 2007 in Hermannstadt eröffnet wurde und die inzwischen auch in Nürnberg und Gießen zu sehen war.

Die Ausstellung ist eine Gemeinschaftsproduktion des Tübinger Instituts für donauschwäbische Geschichte und des Ulmer Museums. In Werschetz gibt es außerdem noch eine „für den Anschauungsunterricht gedachte“ Neuheit: zeitgleich mit der Darstellung der Jahrhunderte alten Hermannstädter deutschen Theatertradition wird auch die von dem Siebenbürger Martin Rill, dem Temeswarer Horst Fassel und Swantje Volkmann 2002 konzipierte Ausstellung über das Deutsche Staatstheater Temeswar präsentiert, einer Institution, an der einst zahlreiche bekannte Siebenbürger Sachsen, wie Karlfritz Eitel, Hanns Schuschnig, Ernst von Kraus u.a., gewirkt hatten.

Nun könnte man beide Theaterstädte miteinander vergleichen, und das wäre eine sehr spannende Angelegenheit, weil Hermannstadt und Temeswar seit dem 18. Jahrhundert immer wieder durch eine so genannte Theater-Union miteinander verbunden gewesen waren. Den Werschetzern aber – deren deutsches Stadttheater 1870 als Privatinitiative von Karl Zeh entstand, der sein Vermögen dem Versuch opferte, in seiner Heimatstadt ein Theater zu etablieren –, wird ein Stück südosteuropäischer Theatergeschichte vermittelt, wobei erwähnt werden muss, dass die beiden deutschsprachigen Bühnen in Rumänien (Hermannstadt und Temeswar) auch heute noch aktiv sind.

So wird man sie, wie beabsichtigt, nach dem Erfolg der Ausstellungen, zu einem Gastspiel nach Werschetz einladen, auch wenn es dort nach 1945 keine deutsche Bevölkerung mehr gibt. Die Erinnerung an die ehemaligen deutschen Nachbarn ist jedoch nicht verblasst. Man erwähnt immer wieder gern das friedliche und kulturell produktive Zusammenleben von einst, dem der Zweite Weltkrieg dann ein tragisches Ende bereitet hat, wie man das heute den Memoiren des bekannten aus Werschetz stammenden Wiener Künstlers Robert Hammerstiel entnehmen kann.

Angela Popa

Schlagwörter: Hermannstadt, Theater

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