3. November 2008

Start der Siebenbürger Genealogie

Familienforscher der Sektion Genealogie des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde (AKSL) trafen sich vom 17. bis 19. Oktober im Heiligenhof in Bad Kissingen. Die mehrfache Ankündigung der Tagung in der Siebenbürgischen Zeitung hat dazu geführt, dass die Teilnehmerzahl erfreulich hoch war. Viel wichtiger ist aber die Tatsache, dass die meisten von ihnen aktiv an dem großen Vorhaben einer Siebenbürger-Genealogie mitwirken wollen.
Es war unserem Vorsitzenden Dr. Christian Weiss auch gelungen, eine Bezuschussung des Projektes durch das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen über das Haus des Deutschen Ostens in München und durch die Kulturreferentin des Donauschwäbischen Zentralmuseums in Ulm zu erreichen. So konnte die materielle Belastung der ehrenamtlichen Teilnehmer, die aus allen Ecken der Bundesrepublik kamen, etwas gemildert werden. Nach der Begrüßung und einer kurzen Vorstellung jedes Teilnehmers durch Christian Weiss hieß der „Herr des Hauses“, Gustav Binder, alle willkommen und versicherte, dass er für die bestmöglichen Rahmenbedingungen Sorge getragen habe. Das konnten alle am Ende der Tagung bestätigen. Auch die nächsten Tagungen sollen in Bad Kissingen stattfinden.

Christian Weiss eröffnete die Tagung mit dem Vortrag „Das Projekt Siebenbürger Sachsen Genealogie“. Dabei wies er darauf hin, wie wichtig die Berücksichtigung der Vorgaben des Programms bei der Eingabe der Daten sind. Fehlende oder unvollständige Daten und solche, die mit den Überprüfungsroutinen des Programms (Dublettenkontrolle, Datenfehlliste, Datenprüfung bei Personen und Familien) nicht geprüft wurden, führen z. B. dazu, dass eine durch Zusammenführung von etwa 40 Mandanten entstandene provisorische Siebenbürger-Datei nicht zu gebrauchen ist.

Daraus ergeben sich für die weitere Arbeit am Projekt einige wichtige Forderungen wie: eine gegliederte Gemeinschaft, die zur Zusammenarbeit willig ist; hohes Verantwortungsbewusstsein jedes Mitarbeiters; Teilnahme an allen vorgesehenen Seminaren; eine „moralische“ Verpflichtung von mindestens 50 Personen, die an dem Projekt mitarbeiten; frühzeitige Prüfung von neu angelegten Dateien, um Fehler einzugrenzen oder zu vermeiden. Als Ergänzung zu dem Vortrag von Weiss berichtete Michael Herbert über eine alternative Computer-Genealogie. Er stellte kurz das Programm PhP Gedview Open Source vor, das auf einem Server läuft und wo der Zugriff der Mitarbeiter durch Benutzerrechte geregelt wird.

Das Thema des Vortrages von Christian Weiss am Samstagmorgen war die Ausschöpfung der genealogischen Informationen einer Matrikel und wie das Programm Gen_Plus uns dabei unterstützt. Dazu sind natürlich einige grundlegende Informationen wichtig, wie z. B. dass erst 1837 die Matrikel vereinheitlicht wurden und bis dahin sehr unterschiedlich ausgefüllt wurden, oder dass auch Familienbücher nicht einheitlich geführt wurden. Paten wurden auch erst in neueren Matrikeln mit genaueren Daten eingetragen. Anmerkungen sollten immer sorgfältig gelesen werden, da sie wichtige Informationen enthalten können. Bei Trauungen ist zu beachten, dass ab 1895 sowohl die kirchliche Trauung als auch die standesamtliche Heirat vermerkt wurden. Bis 1945 waren diese meistens am selben Tag, mit der Zeit aber wuchs der Abstand zwischen standesamtlicher Heirat und kirchlicher Trauung. Das hing auch damit zusammen, dass z. B. in kommunistischer Zeit die Zuteilung einer Wohnung oder eines Arbeitsplatzes nach einem Studium von der standesamtlichen Heirat abhingen. Zu beachten ist, dass die Matrikel im Verhältnis zum Familienbuch oder -kartei immer als Primärquelle gilt.

Dr. Hermann Metzke, Jena, DAGV (Deutsche Arbeitsgemeinschaft genealogischer Verbände e.V.) referierte anschließend über „Perspektiven der Genealogie und die zukünftigen Aufgaben der genealogischen Vereine“. Angesichts der vielen Auftritte von genealogischen Verbänden im Internet, von denen nicht alle zuverlässig und uneigennützig sind, wird es immer schwieriger, gesicherte genealogische Daten zu erhalten. Auch der Informationsgehalt in den Registern der Standesämter ist nicht mit dem der Matrikel zu vergleichen, da er immer dürftiger wird. Es gibt aber auch löbliche Ausnahmen, wie z.B. die Berlin Open Acces Initiative oder Genealogical Society of Utah.

Christian Weiss erläuterte dann den Inhalt der an alle Teilnehmer verteilten CD. Sowohl in der anschließenden Diskussion als auch bei den Aussprachen kam es immer wieder zu Kontroversen über die Art, wie Informationen aus Matrikeln in Gen_Plus übernommen werden sollten. Grundsätzlich gilt, dass der Text aus den Matrikeln im Original übernommen wird. Die nicht ganz eindeutigen Fälle werden in die im April begonnenen Richtlinien aufgenommen.

Dr. Ulrich Wien, der Vorsitzende des AKSL, hielt den interessanten Vortrag: „Landeskirchliche Schulpolitik in der Zwischenkriegszeit – als Familienunternehmen? Die Schulräte Karl Albrich, Friedrich Müller und Gustav Rösler“. Es wurde deutlich, unter welchen Schwierigkeiten und mit welch enormem Aufwand in jener Zeit Schulpolitik betrieben werden musste.

Richard Ackner beschloss den Abend mit einem sehr detaillierten Vortrag unter dem Titel „Die Familie Bacon und die siebenbürgische Geschichte“, den er auch mit heiteren Einlagen würzte. Nach dem Abendessen berichtete der Gen_Plus-Programmautor Gisbert Berwe über seine Erfahrungen als Programmierer mit den Nöten der Nutzer seines Programms.

Der Sonntag begann mit einer gut besuchten Morgenandacht, gehalten von Christian Weiss, an der auch die im Hause anwesenden Siebenbürgergruppe der Frauen teilnahm. Im Anschluss berichtete Friedrich Töpfer über das aus Rode stammende siebenbürgisch-sächsische Pfarrergeschlecht Schwarz, umbenannt in Melas. Er hatte das Referat in Zusammenarbeit mit Meta Phleps erstellt und gab einen Überblick über die Migration der Pfarrer bzw. die Art und Weise der Besetzung der Pfarrstellen in Siebenbürgen. In der Schlussdiskussion wurde bestätigten alle nochmals, wie wichtig das Projekt sei und dass man in irgendeiner Form mitarbeiten wollen. Es wurde eine Führungsmannschaft gebildet. Vorsitzender ist Christian Weiss (Tübingen), seine Vertreterin Jutta Tontsch (Hamburg), Schriftführer Bernd Eichhorn (Weinsberg) und Kassenprüfer Hans Wagner (Nürnberg). Gisbert Berwe (Bassum-Nordwohlde) ist für die technische Unterstützung und Koordination der entstehenden „Bauelemente“ des Projekts zuständig. Dazu gehören noch Johann Göbbel (Bad Kissingen) und Dieter Kraus (Wertingen).

Man vereinbart, die erarbeiteten Dateien regelmäßig Christian Weiss oder Gisbert Berwe zur Kontrolle zu überlassen. Herr Berwe wird vor und im Anschluss an die nächsten Seminare den Gen_Plus-Anwendern Unterstützung bei der Siebenbürger Genealogie erteilen. Die wichtigste Aufgabe für die nächste Zeit ist die Bearbeitung der Ortseingaben, so dass danach alle in ihrer Ortsverwaltung die gleichen Orte verwenden. Weiterhin müssen Quellen wie Zeitungen, Zeitschriften, Urkunden, Miszellen etc. erschlossen werden. In Zukunft muss versucht werden, möglichst viele Familiengenealogen in das Projekt einzubinden.

Um die Arbeit an dem Projekt zu erleichtern, ergeht die Bitte an alle Landsleute, die zu Hause Stammbücher, Vorfahren- oder Nachkommen-Listen, Stammbäume usw. haben, eine Kopie davon der Siebenbürgischen Bibliothek zu überlassen (Schloss Horneck, 74831 Gundelsheim am Neckar). Die Mitarbeit am Projekt ist erwünscht und notwendig, um es in der veranschlagten Zeit zu möglichst umfassendem Erfolg zu führen. Die nächsten beiden Seminare finden vom 13.-15. März 2009 und vom 23.-25. Oktober 2009 in Bad Kissingen statt.

Bernd Eichhorn

Schlagwörter: Genealogie, AKSL, Bad Kissingen

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