14. November 2008

Edda Wittenberger-David: von nah dran zum weit her

„Die Exponate haben viel Farbe und Ideen in diesen großen Saal gebracht, eine neue Initiative des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) Heilbronn, die einen großen Erfolg sowohl bei den Besuchern als auch bei den Mitarbeitern erlebt, so dass wir jetzt überlegen, eine Weile die gelungenen Werke hier zu behalten“, gibt Bernhard Löffler, DGB-Kreisvorsitzender Heilbronn, dem zahlreich anwesenden Publikum zu Beginn der Finissage kund.
Finissage nennt sich die Abschlussveranstaltung dieser vom 19. September bis 3. Oktober gezeigten Ausstellung der verhinderten und verspäteten malerischen Offenbarungen von Edda Wittenberger-David auf dem langen Weg durch Mäander und Mühen des Lebens. Es ist eine deutsche Premiere: Die 15 Werken wurden mit sehr positiven Echo in März 2008 in Hermannstadt, dem Heimatort der Künstlerin, präsentiert. Wohlwollendes Omen: 2007 war Hermannstadt Europäische Kulturstadt, gemeinsam mit Luxemburg.

Karl Friedrich Bretz, Geschäftsführer des Kreisdiakonieverbandes Heilbronn, hielt im Rahmen der Finissage ein detailliertes Referat über das Schicksal der deutschen Minderheit: von Siebenbürgen nach Heilbronn.

Die Verarbeitung der multiplen Facetten dieses gewaltigen Themas Entwurzelung entdeckt man in vielen der ausgestellten Werken: mischwelt (Acryl/Papier, 250x100 cm), abwesenheit (Acryl/Papier, 90x130cm), Abschied von den Lieben, immer was wird (Acryl/Leinen, 90x130cm), ich bin eine insel (Acryl/Leinen, 90x130cm), Unsicherheit und Einsamkeit, von nah dran zum weit her (5 Bodenkasten: Malerei/Zeichnung auf Gaze, Zeitungsartikel) - Entwurzelung. Alle diese Sujets vereinen sich ganz offensichtlich auf vier großen Gemälden (Acryl/Papier, 200x100 cm), in einer anatomisch-orgiastischen Apotheose, die die intensiv erlebten Impressionen in dem verrufenen Viertel der rohfleischigen Angebote Amsterdams verarbeiten. Die chromatische Explosion in Rot, die uns die reale Abschlachtung der Conditio humana visualisiert, entführt unsere Gedanken zum höchst beeindruckenden Rembrandt-Gemälde „Der geschlachtete Ochse“, entzweit und angehängt ausgestellt in der Öffentlichkeit, oder zu den tristen Selbstportraits der Frieda Kahlo, die die physische und geistige Tragödie der mexikanischen Malerin so schweigsam hinausschreien. Und trotzdem, es gibt sie noch, die Oasen der Freude und des puren Genusses, wie in jedermanns Leben: let the colours sing (Acryl/Leinen, 100x100cm), bergkapelle (Acryl/Leinen, 100x100cm), unterwasser (Acryl/Leinen, 100x100cm). Sie ergänzen und erheitern chromatisch eine düstere Farbenvision oder das breite Weiße des Vergessens in den anderen Werken zu einer beeindruckend gelungenen einheitlichen Ausstellung.

Die gehoben-kulturelle Atmosphäre des Ereignisses wurde durch musikalische Intermezzi unterstrichen. Stücke von Paganini (Michael Nothdurft, Gitarre, und Dan-Luigi Albu, Geige) sowie Lieder der berühmten rumänischen Sängerin Maria Tănase (Simona Ciubotaru, Vocal/Gitarre, Mathias Bernhardt, Kontrabass). Das Schlusswort sprach Torsten W. Licker von Diaphania (Europäische Gesellschaft für Politik, Kultur und Soziales e. V.), ein Verein, der die Kultur derer unterstützt und vermittelt, die in der Entwurzelung, der Diaspora leben.

Eugen Cojocaru

Schlagwörter: Malerei, Hermannstadt, Heilbronn

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