30. Dezember 2008

Vor 300 Jahren gestorben: Johannes Kelpius, erster sächsische Auswanderer nach Übersee

Der Mannschaft von Christoph Kolumbus, der 1492 Amerika entdeckte, sollen, wie eine Anek­dote erzählt, auch zwei Siebenbürger Sachsen angehört haben, die sich bei der Rückkehr vom Landurlaub in der neuen Welt verspäteten, da sie, so erklärten sie entschuldigend, einen Lands­mann angetroffen hätten. Darüber schmunzelt man natürlich.
Der erste nachweisbare Sachse, der die neue Welt betrat, war Johannes Kelpius (Kelp), der am 20. September 1667 in Denndorf als Sohn des Pfarrers Georg Kelp geboren wurde. Nach dem Studium der Theologie an den Universitäten von Tübingen, Leipzig und Altdorf bei Nürnberg schloss er sich der Bruder­schaft der Rosenkreuzer an und wan­derte mit 40 Brüdern, die ihn zu ihrem Leiter gewählt hatten, nach Nordamerika aus. Sie wollten dort zurückgezogen das Kommen des biblischen Tau­sendjährigen Reiches und das Wiedererscheinen Christi erleben, das nach der Berech­nung eines Rosenkreuzers 1694 zu erwarten war. In Penn­sylvania erhielten sie ein Grundstück in der Ein­öde am Wissahickon Creek, wo sie gemeinsam in einem Blockhaus wohnten und die Felder bebauten. Nachdem das Tausendjährige Reich nicht anbrechen wollte, verließen immer mehr Eiferer die Ge­meinschaft. Kelpius zog sich als Eremit in eine künstlich errichtete Höhle zurück, wo er sich der Meditation und dem Beten hingab sowie astrologischen Berechnungen nachging. Hier starb er vor 300 Jahren, 1708.
Einweihung des Gedenksteines für Johannes Kelpius ...
Einweihung des Gedenksteines für Johannes Kelpius anlässlich des ersten Heimattreffens in Cleveland/Ohio 1963.
Kelpius hat mehrere theologische Schriften verfasst, von denen einige schon in Altdorf erschienen waren. Er hinterließ auch Gedichte und Kompositionen. Seine bedürfnislose, fromme Lebensweise ließ ihn in der Erinnerung als „Heiligen“ weiterleben. Er wäre somit der einzige Heilige, den die Siebenbürger Sachsen hervorgebracht haben. Kelpius hat sich in der Kolo­nie der Rosenkreuzer auch als Lehrer betätigt. Seine Schule soll die erste deutsche Schule in Nordamerika gewesen sein. Sein schriftlicher Nachlass soll sich im Besitz der Philosophischen Gesellschaft in Philadelphia befinden.

Zum Gedenken an ihn haben 1963 seine sächsischen Landsleute in den USA ihm auf dem „Sachsenacker“ bei Cleveland/Ohio ein schlichtes Denkmal errichtet.

Ein zweiter sächsischer Theologe, Lucas Rauß von Kronstadt, kam 1749 ebenfalls nach Penn­sylvania, ließ sich zunächst in Philadelphia und dann in Yorktown nieder, wo er als Pastor bis zu seinem Tode (1788) wirkte.


Obige biographische Notiz entnahmen wir dem ersten Band der „Geschichte der Sie­benbür­ger Sachsen – Von der Ansiedlung bis Anfang des 21. Jahrhunderts“ von Michael Kroner (Verlag Haus der Heimat Nürnberg, 2007). Mittlerweile ist Band II erschienen, der die wirtschaftlichen und kulturellen Leis­tungen der Sachsen auf folgenden Gebieten präsentiert: Landwirtschaft, Gewerbe (Zünfte), Han­del, Fabrikwesen, Banken, Schul- und Kirchen­wesen, weltliche und kirchliche Denk­mäler in Stadt und Land (Kirchenburgen), geistiges und künstlerisches Schaffen, Vereinswesen, Nachbarschaften, Bruder- und Schwestern­schaften, Bibliotheken und Muse­en, Brauch­tum, Mundart, Pflege des siebenbürgisch-säch­sischen Kulturerbes in der Bundesrepublik Deutschland, in Österreich in den USA und Kanada. Der Band kann erworben werden zum Pries von 19 Euro plus Versandkosten im Haus der Heimat, Imbuschstraße 1, 90473 Nürnberg, Telefon: (09 11) 8 00 26 38, E-Mail: hausderheimat-nuernberg[ät]t-online.de.

Schlagwörter: Übersee, Gedenken

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