19. September 2009

Hort siebenbürgisch-sächsischer Kultur und Kunst

Schloss Horneck in Gundelsheim, das Heimathaus Siebenbürgen, ist neben dem Alten- und Pflegeheim das Kulturzentrum der Siebenbürger Sachsen. Hierher lud Siegfried Habicher, Stellvertretender Landesvorsitzender und Kulturreferent der Landesgruppe, ein zu einer zweitägigen Tagung am 11./12. September 2009 zum Thema „Schloss Horneck als Hort der siebenbürgisch-sächsischen Kultur und Kunst“.
Am späten Freitagnachmittag begrüßte der Landesvorsitzende Alfred Mrass, die Teilnehmer im Richard-Langer-Saal und berichtete kurz über den Ablauf des Programms der Feier zum 60-jährigen Jubiläum der Landesgruppe Baden-Württemberg im Kultur- und Kongresszentrum Harmonie Heilbronn am 28. November (14 Uhr). Abends ging es dann über Treppen und Flure, entlang der sehenswerten Bildergalerie, in den wunderschönen Barocksaal des Schlosses, wo auch in diesem Jahr im Rahmen des Neckar-Musikfestivals eine Reihe von Konzerten stattfindet. An diesem Abend durften wir einem romantischen Schlosskonzert beiwohnen und uns „mediterranen Gitarrenklängen“ mit von Fabio Montomoli meisterhaft gespielter Musik aus Italien und Spanien hingeben. In seinem Repertoire war an diesem Tag auch die Elegie von Johann Kaspar Merz (1806-1856), eine Hommage an die Opfer des 11. September 2001. Die Konzerte auf Schloss Horneck locken viele Besucher an, sind aber auch ein Glanzlicht für die Heimbewohner, die freien Eintritt haben. Im Gasthaus „Weinbau Pavillon“ in Gundelsheim klang der erste Tag bei einem schmackhaften Essen und guten Gesprächen aus.
Die Teilnehmer der Kulturreferententagung im ...
Die Teilnehmer der Kulturreferententagung im Büroraum der Mitarbeiter der Siebenbürgischen Bibliothek in Gundelsheim. Mit 74.000 bibliographischen Einheiten ist sie die größte außerhalb Siebenbürgens und westlich von Budapest. Foto: Friedrich Wilhelm Reip
Am Samstag, gleich nach dem Frühstück in der Mensa des „Heimathauses Siebenbürgen“, berichteten die Kulturreferenten bzw. ihre Vertreter aus Schorndorf, Karlsruhe, Böblingen, Heidenheim, Stuttgart, Mannheim-Heidelberg, Crailsheim und Schwarzwald-Baar/Rottweil /Freudenstadt über ihre Tätigkeit und auftretende Probleme in der jeweiligen Kreisgruppe. Ein weiteres Thema war das Motivieren der Jugendlichen und deren Eltern, aktiv in den Kulturgruppen mitzumachen. Nach vielen Anregungen für kulturelle Aktivitäten in den Gruppen ging es Richtung Bibliothek, wo uns im Lesesaal von Annemarie Weber, Geschäftsführerin des Siebenbürgen-Instituts und des Landeskundevereins, herzlich begrüßte. In ihren Ausführungen über die Institutionen auf Schloss Horneck erwähnte sie, dass 1992 die Bibliothek, das Archiv und die Forschungsstelle, in der Projekte zur Geschichte und Landeskunde Siebenbürgens bearbeitet und in mehreren Schriftreihen publiziert werden, zum Siebenbürgen-Institut zusammengefasst wurden und dass dieses seit 2003 ein An-Institut der Universität Heidelberg ist. Sie erklärte uns auch, dass der Trägerverein des Siebenbürgen-Instituts, der Siebenbürgisch-Sächsische Kulturrat e. V., Projektmittel beantrage, sie nach Erhalt verwalte indem er sie für die Herausgabe von Publikationen, Veranstaltung von Tagungen, die Durchführung von Dokumentations- und Forschungsprojekten etc. dem Siebenbürgen-Institut zur Verfügung stellt. Weiterhin machte sie darauf aufmerksam, dass für den Ankauf zur Mehrung des Schriftenbestands der Bibliothek und für bibliothekarische Hilfsmittel oder Gegenstände der Verein „Freunde und Förderer der Siebenbürgischen Bibliothek“ Mittel zur Verfügung stellt. Er übernimmt auch teilweise Personalkosten von Mitarbeitern der Bibliothek. Im Gespräch erfuhren wir auch, dass das der Bibliothek angeschlossene Archiv, zum Teil außerhalb des Schlosses, im Hause des Siebenbürgen-Instituts in der Schlossstraße 41 untergebracht ist. Frau Weber legte uns ans Herz, für Spenden an die „Stiftung Siebenbürgische Bibliothek“ zu werben, die 1999 ins Leben gerufen wurde und sich zum Ziel gesetzt hat, das Siebenbürgen-Institut mit Bibliothek und Archiv zu fördern, langfristig zu sichern und es unabhängig von staatlichen Zuschüssen zu machen. Das Ziel könne nur erreicht werden, wenn alle mitmachten.

Der Rundgang durch die Bibliotheksräume begann im Büro der Mitarbeiter, wo sich Regale mit 5 000 „Transilvanica“ befinden. Im nächsten Raum sahen wir auf Schienen laufende Kompaktanlagen, wo die Bücher mit Hilfe von Signaturschemen gefunden werden. Schließlich ging es in einen gut gesicherten Raum mit ältesten und kostbarsten Büchern, in dem uns Frau Weber, nachdem sie sich Handschuhe übergestreift hatte, das Reformationsbüchlein von Johannes Honterus, mit einem Vorwort von Melanchthon, aus dem Jahr 1543 zeigte und eine Gesetzessammlung von Kaiser Franz Joseph aus dem Jahr 1849, die in allen drei Sprachen Siebenbürgens verfasst war. Nach den Erörterungen von Frau Weber und der Führung durch die Bibliothek konnte man an den Gesichtern der Teilnehmer ablesen, welch nachhaltigen Eindruck unsere „siebenbürgisch-sächsische Nationalbibliothek“ hinterlassen hatte.

Der bekannte Grafiker, Illustrator, Designer Wolfgang Untch hielt das Referat: „Der bewegte Punkt. Zeichnen – Brücke zwischen Idee und Bild“ zu. In seinem Vortrag hieß es u. a.: Beim Zeichnen gebe es zwei Begriffe: das innere Zeichnen – das geistige Zeichnen und das äußere Zeichnen – das Ausführen. Schon seit der Renaissance, sagte er, erfolge beim Zeichnen erst der gedankliche Plan, dann die Skizze, die Studie und letztendlich das Werk selbst. Die Aussage „Zeichnen heißt Weglassen“ war für die Teilnehmer neu. Als praktische Übung zu seinen bisherigen Aussagen brachte uns Herr Untch den Entwurf eines Signets näher, für das er den Pandabären wählte, der für das Merkmal einer Firma stehen sollte. Nachdem das Signet fertig war, stellten wir fest, dass die Aussage „Zeichnen heißt Weglassen“ zutrifft. Abschließend meinte Herr Untch, der Zeichner zeichne immer, auch ohne Stift. Er habe in Gedanken viele Striche, die er unzählige Male forme, bis er sich traue, alles wiederzugeben. Die Aufgabe eines Zeichners sei es, dem Betrachter „das Wundern“ näher zu bringen. Alle Teilnehmer waren hellauf begeistert von diesem Vortrag.

Nach dem Mittagessen stand die Führung durch das ebenfalls auf Schloss Horneck untergebrachte Siebenbürgische Museum an, das mit einer ca. 600 m großen Ausstellungsfläche das zentrale Museum der Siebenbürger Sachsen außerhalb des Auswanderungslandes ist. 2007 wurden im ersten Stock des Museums im Rahmen einer Kunstausstellung weitere Räume mit einer Fläche von 106 m² eröffnet. Bei der Führung durchs Museum setzte der Kunsthistoriker Marius Joachim Tataru den Akzent auf „Kunstschätze im Siebenbürgischen Museum“. Zur Einführung des Rundgangs erfuhren wir, dass 1997 die Ausstellung grundlegend neu gestaltet wurde, um sie auch für ein breiteres nicht-siebenbürgisches Publikum attraktiv zu machen. Der Rundgang begann in der Bildergalerie, wo Werke aus dem 18. und 19. Jahrhundert, der Blütezeit der siebenbürgischen Kunst, gezeigt werden. Es folgte die Wohnkultur im städtischen Leben, das ländliche Leben, dann der Raum mit dem Thema „Heimat“, der mit dem Schwerpunkt Kirche, wo Trachten aus verschiedenen Trachtenregionen ausgestellt sind und wo vorreformatorische Plastiken aus Holz und Goldschmiedekunst zu bestaunen sind. Wir bewunderten die Farblithografien mit zweihundertvierzig Leutetypen von Neuhauser, bei denen Herr Tataru uns darauf hinwies, dass man die Leute nach ihren Kopfbedeckungen erkennen könne. Es folgte der Raum, in dem die Nachbarschaften und Bruderschaften präsentiert werden, dann der zu der Studiensammlung mit verschiedener Keramik und Glasobjekten, der zu den Ortsdarstellungen in Druckgrafik und schließlich erreichten wir die Sonderausstellung, in der Bild-Leihgaben von Ernst Gräser (1884-1941) zu bewundern sind. Er hat in Baden-Württemberg mehrere Kirchenfenster entworfen, war aber auch Grafiker und hat auch im Jugendstil angehauchte Bilder für Märchenbücher gezeichnet. Dank der kompetenten Führung von Herrn Marius Tataru haben wir einige der über 15 000 Exponate, die die wichtigsten Kulturleistungen unserer Gemeinschaft innerhalb des Karpatenbogens dokumentieren, bestaunen können. Im Museums-Shop wurden von den Teilnehmern fleißig Bücher und DVDs gekauft.

Am Ende dieser Tagung wurde allen bewusster denn je, was sich auf Schloss Horneck alles tut und wie wichtig das für unser Völkchen ist. Deshalb sollte jeder Einzelne zum Erhalt des Dokumentationszentrums beitragen, so dass unser kulturelles Vermächtnis auch an die nächsten Generationen weitergeben werden kann. Die Tagung war rundum sehr gelungen. Dazu trugen der Organisator und die Referenten bei sowie der Heimleiter G. Schmidt, der für die Bewirtung und Übernachtung einiger Teilnehmer sorgte, und nicht zuletzt die Teilnehmer selbst, die bei allen Vorträgen und Führungen mit Herz und Verstand dabei waren.

Gerhild Reip

Schlagwörter: Gundelsheim, Baden-Württemberg

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