26. Oktober 2009
Rumäniendeutsche Autoren berichten aus ihren Securitate-Akten
Heute wissen die rumäniendeutschen Autoren, dass ihre Werke seit Ende der 1970er Jahre nicht nur von Literaturkritikern und Germanisten besprochen wurden. Auch der rumänische Geheimdienst Securitate analysierte Romane und Gedichte junger Autoren, die man zu den Staatsfeinden zählte. Und da jeder ein Staatsfeind war, der es wagte, den Diktator Ceaușescu oder die Verhältnisse im sozialistischen Rumänien zu kritisieren, belegte man die Kritiker, zumal Deutsche, mit dem Feindbegriff „Faschisten“.
Unter dem Titel „Als wir Faschisten waren“ fand am 7. Oktober ein literarisch-historischer Abend im Donauschwäbischen Zentralmuseum Ulm statt. Der Journalist und Autor Helmuth Frauendorfer, selbst rumäniendeutscher Herkunft, befragte die Schriftsteller Horst Samson, Richard Wagner und Johann Lippet nach der Begegnung mit ihren Geheimdienstakten, die Betroffene seit kurzem einsehen können. Lippet hat zum Thema ein Buch mit dem Titel „Das Leben einer Akte. Chronologie einer Bespitzelung“ veröffentlicht und zeichnet dort minutiös nach, wie die Securitate in sein Leben eindrang.
Lippet und andere Schriftsteller gehörten einer damals jungen Generation von Studenten und Schriftstellern an, die sich 1972 in der Aktionsgruppe Banat zusammengeschlossen hatten. Die Gruppe wurde von der Securitate verfolgt und bereits 1975 zwangsweise aufgelöst. Später fanden sich junge Schriftsteller im Literaturkreis Adam-Müller-Guttenbrunn in Temeswar zusammen. Dazu gehörte auch Herta Müller, die in der Zeit vom 23. Juli 2009 über ihre Erfahrungen mit der Securitate berichtete. Allen gemeinsam sind die Angst, mit der sie in Rumänien leben mussten, und jetzt, da sie die Akten einsehen können, auch tiefe menschliche Enttäuschungen. Sie alle wurden von Freunden und Verwandten bespitzelt, die sie als Informelle Mitarbeiter im Dienste der Securitate aushorchten.
Manches wussten sie, wenn zum Beispiel Veröffentlichungen durch die Zensur verhindert wurden; manches ahnten sie, wie die Verwanzung der Wohnungen oder das Abhören von Telefonaten; anderes, wie die Denunziation durch enge Bekannte, konnten sie sich nicht vorstellen. Die Veranstaltung in Ulm war aber keine Abrechnung mit Informellen Mitarbeitern, die in den Securitate-Akten nur mit Decknamen genannt werden. Obwohl die Betroffenen bisher nur einzelne Informanten enttarnt haben und hier noch vieles aufgeklärt werden muss, ging es an diesem Abend vor allem um das System der Securitate. Mit ungeheurem Aufwand wurde die Privatsphäre durchleuchtet, und oft kamen dabei nur Banalitäten zutage, ein Verfahren, das Lippet als „absurdes Theater“ bezeichnet. Horst Samsons Akte umfasst zwei Ordner mit 870 Seiten und Helmuth Frauendorfer konnte seiner Akte entnehmen, dass insgesamt 16 Informelle Mitarbeiter auf den 23-jährigen Studenten angesetzt waren. „Ich hatte kein Waffenlager, keine terroristischen Absichten, ich hatte nur meine Wörter“, kommentiert der Schriftsteller die Bespitzelung.
Die „jungen Wilden“, wie sich die Banater Schriftsteller im Rumänien der 1970er und 80er Jahre nannten, saßen zwischen allen Stühlen. Von den etablierten Schriftstellern und von den Funktionären der deutschen Minderheit im Banat wurden sie als Kommunisten beschimpft, weil sie in ihrer Literatur Traditionen und festgefahrene Strukturen in Frage stellten. Von den staatlichen Organen wurden sie als Faschisten denunziert, als feindliche Elemente der deutschen Minderheit, die es wagten, das sozialistische Rumänien zu kritisierten. „Dabei wollten wir nur Literatur machen, eine deutsche Literatur, die modern ist und Bestand hat, nicht nur in Rumänien, und das ist uns auch gelungen“, resümierte Richard Wagner die Aktivitäten dieser Schriftstellergruppe.
Lippet und andere Schriftsteller gehörten einer damals jungen Generation von Studenten und Schriftstellern an, die sich 1972 in der Aktionsgruppe Banat zusammengeschlossen hatten. Die Gruppe wurde von der Securitate verfolgt und bereits 1975 zwangsweise aufgelöst. Später fanden sich junge Schriftsteller im Literaturkreis Adam-Müller-Guttenbrunn in Temeswar zusammen. Dazu gehörte auch Herta Müller, die in der Zeit vom 23. Juli 2009 über ihre Erfahrungen mit der Securitate berichtete. Allen gemeinsam sind die Angst, mit der sie in Rumänien leben mussten, und jetzt, da sie die Akten einsehen können, auch tiefe menschliche Enttäuschungen. Sie alle wurden von Freunden und Verwandten bespitzelt, die sie als Informelle Mitarbeiter im Dienste der Securitate aushorchten.
Manches wussten sie, wenn zum Beispiel Veröffentlichungen durch die Zensur verhindert wurden; manches ahnten sie, wie die Verwanzung der Wohnungen oder das Abhören von Telefonaten; anderes, wie die Denunziation durch enge Bekannte, konnten sie sich nicht vorstellen. Die Veranstaltung in Ulm war aber keine Abrechnung mit Informellen Mitarbeitern, die in den Securitate-Akten nur mit Decknamen genannt werden. Obwohl die Betroffenen bisher nur einzelne Informanten enttarnt haben und hier noch vieles aufgeklärt werden muss, ging es an diesem Abend vor allem um das System der Securitate. Mit ungeheurem Aufwand wurde die Privatsphäre durchleuchtet, und oft kamen dabei nur Banalitäten zutage, ein Verfahren, das Lippet als „absurdes Theater“ bezeichnet. Horst Samsons Akte umfasst zwei Ordner mit 870 Seiten und Helmuth Frauendorfer konnte seiner Akte entnehmen, dass insgesamt 16 Informelle Mitarbeiter auf den 23-jährigen Studenten angesetzt waren. „Ich hatte kein Waffenlager, keine terroristischen Absichten, ich hatte nur meine Wörter“, kommentiert der Schriftsteller die Bespitzelung.
Die „jungen Wilden“, wie sich die Banater Schriftsteller im Rumänien der 1970er und 80er Jahre nannten, saßen zwischen allen Stühlen. Von den etablierten Schriftstellern und von den Funktionären der deutschen Minderheit im Banat wurden sie als Kommunisten beschimpft, weil sie in ihrer Literatur Traditionen und festgefahrene Strukturen in Frage stellten. Von den staatlichen Organen wurden sie als Faschisten denunziert, als feindliche Elemente der deutschen Minderheit, die es wagten, das sozialistische Rumänien zu kritisierten. „Dabei wollten wir nur Literatur machen, eine deutsche Literatur, die modern ist und Bestand hat, nicht nur in Rumänien, und das ist uns auch gelungen“, resümierte Richard Wagner die Aktivitäten dieser Schriftstellergruppe.
Dr. Swantje Volkmann
Schlagwörter: Securitate, Schriftsteller, Donauschwäbisches Zentralmuseum, Banater
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