6. Juli 2014

Nachruf auf Traute Zoltner, die „Seele des Vereins“ in Wien

Trotz ihres hohen Alters und des vielleicht auch schon angeschlagenen Gesundheitszustandes sind wir alle überrascht und betroffen vom Tod unserer lieben Traute Zoltner. Viele Jahrzehnte wirkte sie mit hohem persönlichem Engagement im Verein der Siebenbürger Sachsen in Wien, beinahe 30 Jahre lang als dessen Sekretärin, und war gleichsam die „Seele des Vereins“. Am 2. Juni verstarb Traute Zoltner 94-jährig.
Traute Zoltner wurde am 1. Dezember 1919 in Wien als Gertraut Petrik geboren. Sie war eines von mehreren Kindern und absolvierte ihre Schulzeit in Wien. Sehr schnell veränderte der Krieg ihr Leben und das zum einen durch die Einschränkungen und Veränderungen, die der Krieg schlechthin nach sich zieht, und zum anderen dadurch, dass sie ihren „Lui“, ihren aus Kronstadt stammenden Mann Ludwig Zoltner, kennen und lieben lernte. Sie heirateten noch in den Kriegsjahren. Tochter Gunhild und Sohn Gerhard bereicherten das Familienleben und wenn man die Jahre noch weiter dreht kamen viele Enkel und Urenkel dazu.

Von Anbeginn war Traute das, wovon Vereine wie der Siebenbürger Verein in Wien, aber auch der Verband der Siebenbürger in Österreich lebten und leben, „eine Beutesiebenbürgerin“, die das Siebenbürgertum neben ihrem Mann, oder besser mit ihrem Mann und neben ihren Kindern zum Mittelpunkt ihres Lebens machte. Sehr schnell organisierte sie mit ihrem Lui im Rahmen des Siebenbürger Vereins eine Jugendgruppe mit den Studenten und Jugendlichen aus Siebenbürgen, die in Wien „hängen geblieben“ waren.
Traute Zoltner (1919-2014), „Tante Akkordeon“ ...
Traute Zoltner (1919-2014), „Tante Akkordeon“
Trotz den Verpflichtungen gegenüber ihrer Tochter Gunhild und ihrem Sohn Gerhard übernahm Traute ab Gründung der Wiener Volkstanzgruppe die Aufgabe der Akkordeonspielerin und betreute im Laufe von vielen Jahren drei Generationen von Volkstänzern des Vereins. Nicht nur in Wien und ganz Österreich waren die Wiener Volkstänzer mit ihrer Traute zu sehen und zu hören. Die Auftritte waren, dank Traute, immer erfolgreich, auch bei den Pfingsttreffen in Dinkelsbühl, den Heimattagen in Wels, bei Treffen in Luxemburg, Holland, Irland und Siebenbürgen spielte sie auf. All dies brachte ihr den Ehrentitel „Tante Akkordeon“ ein.

Von 1956 bis 1984 übernahm Traute die Tätigkeit einer Sekretärin mit viel Herz und Verständnis. Sie erlebte dabei viele Veränderungen im Verein und bestimmte mit Lui gemeinsam in diesen Jahren maßgeblich das Bild des Siebenbürger Vereines in Wien mit. Zuerst in der eigenen Wohnung, dann in der Schützengasse im 3. Bezirk, wo das erste Vereinsheim eingerichtet worden war, betreute sie die zahlreich gewordenen Mitglieder.

Anschließend übernahm sie das Amt der Schriftführerin, das sie mit Liebe und Begeisterung, die ihr immer eigen war, ausfüllte. Aus ihrer Feder stammen unzählige Protokolle und Mitteilungen für unseren Verein und den Verband der Siebenbürger Sachsen in Österreich, für das Presbyterium der Evangelischen Kirchengemeinde im 3. Bezirk und das Mitteilungsblatt des Verbandes der Österreichischen Landsmannschaften sowie vor allem Berichte in der Siebenbürgischen Zeitung, da sie ja auch als Pressereferentin die Zeitung bereicherte.

Dass der Verein sie als Ehrenmitglied auszeichnete, war selbstverständlich: Wenn jemand jahrzehntelang Seele des Vereins war und unsere kulturellen Inhalte verbreitet hat, dann Traute. Unbezahlbar war auch der Einsatz, mit dem sie und auch Lui den Verein nach außen repräsentierten. Es gab innerhalb der Vertriebenen-, Trachten- und Heimatverbände und -vereine keine Veranstaltung, wo die beiden, und vor allem Traute, nicht anwesend waren und modern gesprochen Netzwerke aufbauten, auf die wir heute zurückgreifen können und die sich auch nach den vielen Jahren als sehr tragfähig erweisen.

Traute und Lui vertraten unseren Verein nicht nur bei allen Verbänden der Österreichischen Landsmannschaften, sondern arbeiteten in diesen auch mit. Vielleicht ihrem Alter entsprechend, aber nicht ihren Ideen und ihrer Energie entsprechend, wurde sie Leiterin des Seniorenkreises. In dieser Runde pflegte sie den Zusammenhalt dieser Generation, sodass deren Nachkommen auch dem Verein treu bleiben und in ihm weiter arbeiten. Ihre Vielseitigkeit zeigte sich auch darin, dass sie nie aufgehört hat, Neues in ihr Leben zu lassen. Sie war begeistert und bereit, über Vorlesungen an der Wiener Universität die rumänische Sprache zu erlernen, die sie letztlich in Schrift beherrschte. Ihre Vielseitigkeit zeigte sich bei jeder Faschingsfeier im Verein. Bis ins hohe Alter nahm sie es mit den Verkleidungen sehr ernst. Damit war nicht immer nur ein Kostüm gemeint, sie liebte es auch während einer Feier öfter die Masken zu wechseln.

Auch benützte sie die neuen Medien. Der Computer mit all seinen Möglichkeiten ist ihr unentbehrlich geworden. Den Kontakt mit der zum Teil weltweit verstreuten Familie hielt sie über ihn aufrecht. Und auch zum Siebenbürger Verein und seinen einzelnen Amtswaltern und Personen, die längst von Weggefährten zu Freunde geworden waren, hielt sie so bis zuletzt Kontakt und erfreute alle mit ihren wohl formulierten Schreiben und Erinnerungen an ihr langes und erfülltes Leben. Sie freute sich über Fotos und Berichte von Veranstaltungen, an denen sie immer so gerne teilgenommen hatte, und sie war stets neugierig zu sehen, hören und zu erfahren.

Wir erinnern uns an sie als einen bunten, fröhlichen, bescheidenen und warmherzigen Menschen, der alle mit seiner Herzlichkeit beeindruckte. Nach dem Tod ihres Mannes sagte sie einmal traurig und vielleicht sogar ein wenig unsicher: „Ich hoffe, meine Siebenbürger vergessen mich jetzt nicht und lassen mich nicht alleine.“ Liebe Traute, niemand von deinen Siebenbürgern hat dich je vergessen oder alleine gelassen und so wirst du auch in Zukunft immer einen Platz in unseren Herzen und Gedanken haben. Aus Liebe und Freundschaft, aber auch aus Dank für dein Leben und den Anteil, den wir alle daran haben durften.

Martina Niestelberger

Schlagwörter: Wien, Österreich, Nachruf

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