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11. Oktober 2012

Österreich

Tage der Gemeinschaft, Tage der Kultur

Wels – Dem aufmerksamen Beobachter begegnete am letzten Septemberwochenende im oberösterreichischen Wels da und dort ein leuchtender Kreis, inwendig rot und blau gepunktet, die Punkte verschieden groß, im Bildhintergrund, gelb gehalten, die Zahl 7 sowie eine silhouettenhaft angedeutete Burg: das von Art. Dir. Daniel Sack gestaltete Logo der Tage der Gemeinschaft, Tage der Kultur, die der Bundesverband der Siebenbürger Sachsen in Österreich vom 28. bis 30. September 2012 in der Patenstadt der Heimatvertriebenen veranstaltete. Die den Kreis füllenden, verdichtenden Punkte symbolisieren jede/n Einzelne/n unserer siebenbürgisch-sächsischen (Werte)Gemeinschaft. mehr...

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Artikel wurde 2 mal kommentiert.

  • Karl K.

    1Karl K. schrieb am 11.10.2012, 10:26 Uhr (um 10:42 Uhr geändert):
    Die Sachsensache dürfte in Österreich noch wesentlich schlechter funktionieren als in Deutschland. Oberösterreich ist in mancher Hinsicht eine gewisse Ausnahme.

    Erstens wird in vielen Teilen Oberösterreichs der angestammte bairische Dialekt (alle Österreicher ausgenommen die nicht einmal 300.000 Vorarlberger und winzige autochthone Minderheiten wie Kärntner Slowenen und Burgenlandkroaten sprechen ausnahmslos mittel- und südbairische Dialekte bzw. Übergangsformen davon und im Westen Tirols gibt - besser wäre wohl "gab" - es einen Übergangsdialekt zum vorarlbergerischen Alemannischen) noch immer gepflogen was natürlich einen guter Nährboden für den Erhalt auch anderer spezifischer deutscher Kulturerscheinungsformen wie der siebenbürger Sächsischen schafft. Bei den "Mostschädeln" - der Spitzname der Oberösterreicher - hatten die Siebenbürger Sachsen eine kleine Chance.

    So gut wie keine Chance hatten sie im Osten Österreichs. Die einschlägigen sächsischen Unternehmungen versandeten dort bereits relativ kurze Zeit nach dem Abzug der letzten Besatzungstruppen aus Österreich. Der Sachsenball konnte z.B. in Wien nur noch zusammengelegt mit dem Sudetendeutschenball über die Runden gebracht werden und wäre vermutlich ohne diese Maßnahme "entschlummert".

    Ostösterreich dürfte ein schlechtes Pflaster für alle derartigen Aktivitäten sein. Nicht nur für Sachsen sondern ebenso auch für andere deutschsprachige Zuwanderer.

    Nirgendwo in Österreich dürfte es über die Zuwanderergeneration hinaus einen Erhalt der mitgebrachten Versionen der deutschen Sprache geben. Die Gründe dafür sind gewiss mannigfaltig.

    Für dieses so matte "Restsachsentum" in Österreich werden sicher etliche Ursachen vorhanden sein die zu diskutieren die Möglichkeiten hier weit übersteigt.

    Die Hauptursache dürfte die Zusammensetzung der sächsischen Zuwanderer sein. Der Großteil der Zugewanderten dürfte aus ehemaligen Hörigendörfern abstammen. "Freie Sachsen" scheinen auf Grund ihrer andersgearteten sozioökonomischen Situation dem Druck der Volksgruppe mit den abziehenden deutschen Besatzungssoldaten aus Rumänien mitzuziehen eher widerstanden haben. Wer in einem Zweizimmerlehmhaus sein Dasein zu fristen hatte zog da eher mit ...

    Auf Grund dieser recht spezifischen Situation kamen vorwiegend relativ geschlossene Gruppen aus ehemaligen sächsischen Hörigendörfern vom Adelsboden und vereinzelte - vor allem städtische - nicht zu dieser sächsischen sozialen Gruppe Gehörende die sich aus irgendwelchen Gründen den fliehenden deutschen Truppen angeschlossen hatten.

    1944 langten diese zumeist auf Pferde- und teilweise anfangs auch Ochsen- und (angeblich) sogar "Kuh"-Wagen Losgezogenen im Reichsgau Niederdonau ein und wurden dort irgendwie notdürftig von den für Flüchtlingsagenden zuständigen reichsdeutschen Behörden einquartiert.

    Ein großer Teil der zumeist bäuerlichen Zuwanderer landete als Knechte (was eben der Militärmaschinerie entkommen konnte) und Mägde auf Besitzungen von örtlichen Großgrundbesitzern wo sie zumeist viele Jahre schufteten und erst im Zuge des so um 1960 voll einsetzenden Wirtschaftsaufschwunges weggehen konnten. An irgendwelchen Erhalt von mitgebrachten kulturellen Traditionen wird unter diesen Umständen vermutlich recht schwer zu denken gewesen sein ...

    Ein Teil der im Reichsgau Niederdonau Einquartierten dürfte mit dem Gebotenen unzufrieden gewesen und in den Reichsgau Oberdonau weitergezogen sein. Das war aus sächsischer Sicht eine etwas vorteilhaftere Entscheidung.

    Niederdonau und der Norden von Oberdonau wohin sich kaum ein Sachse verirrt hatte gehörten ab Mitte 1945 zur sowjetischen Besatzungszone Österreich. Aus den Gauen wurden wieder Bundesländer. Oberösterreich war im Süden amerikanisch und im Norden sowjetisch besetzt.

    Was die sowjetischen Besatzer an aus Rumänien stammender Bevölkerung in ihrem Herrschaftsbereich erwischten schickten sie oft sofort nach Rumänien zurück. Typisches Beispiel dafür sind die Bevölkerungsteile der Weilauer die irgendwo bei Lilienfeld im Reichsgau Niederdonau hängen geblieben und von den sowjetischen Besatzern ohne Umschweife stanta pede nach Weilau zurückgeschickt worden sind. So hatte Weilau auch nach 1945 wieder eine deutsche Bevölkerung und nicht nur die zurückgebliebenen Zigeuner sowie die von den rumänischen Behörden als Ersatzbevölkerung im Dorf angesiedelten madjarischen Neusiedler die bzw. deren Nachkommen die auch heute noch rund ein Drittel der Ortbevölkerung darstellen.

    In den amerikanisch besetzten Teil Oberösterreichs dürften vor allem jene weitergezogen sein die über Informationen verfügt hatten. Vielen sächsische Schutzstaffelangehörige mit zum Teil etwas höheren Diensträngen gelang es in Oberösterreich zu Kriegsende und in der ersten Nachkriegszeit irgendwie unterzutauchen. Persönlich ist mir das Schicksal eines Untersturmbannführers (ich hoffe, dass ich mich an seinen Dienstrang korrekt erinnere) bekannt der als Mitglied des zu einem guten Teil aus Sachsen bestehenden Jagdverbandes Ost an der Evakuierung des KZ´s Mauthausen mitarbeitete und im Zuge dessen oder rasch danach - genau lässt sich das heute nicht mehr ermitteln - seine Rauchfangkehreruniform in den nächsten Busch geschmissen und bei einem Mostschädelbauern als Knecht angeheuert haben dürfte und so die Malaise so halbwegs gut durchgestanden hatte. Bereits ab 1948 arbeitete der studierte Theologe wieder als Religionslehrer in oberösterreichischen Landesdiensten was er auch in Vorkriegszeiten in Rumänien gemacht hatte. Das Netzwerk der „Ehemaligen“ dürfte in Oberösterreich gut funktioniert haben ...

    Wer also ausreichend Informationen und etwas Niveau (+Glück und Möglichkeit) hatte ist der sowjetischen Besatzung ausgewichen.

    Das waren nun einmal die beweglicheren und geschickteren und vor allem besser gebildeten Leute aus Rumänien und nur ganz selten– und wenn, dann eher auf Grund von Zufall - kleinbäuerliche Leute aus ehemaligen Hörigendörfern.

    Durch diese Vorgänge kam es in Teilen Oberösterreichs zu einer Art von Konzentration von leichter organisierbaren Sachsen die auch über ein ganz anderes kulturelles Bewusstsein verfügten als die im Osten verbliebenen.

    Es ist recht schade, dass die Sache niemals unter diesen Blickwinkeln historisch analysiert und aufzuarbeiten versucht wurde. Mir ist zumindest nichts Derartiges bekannt.
  • Karl K.

    2Karl K. schrieb am 11.10.2012, 22:07 Uhr:
    Schreibfehlerberichtigung: Anstatt "Jagdverband Ost" soll stehen "Jagdverband Südost" oder auch "SS-Jagdverband Südost". Beide Begriffe stehen in Verwendung. Das "Süd" ist leider bei der Korrektur unbemerkt "abhanden" gekommen.

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