8. Februar 2011

100 Jahre Urzelparade

Im Zeichen des 100-jährigen Jubiläums der Urzelparade stehen vom 11. bis 13. Februar 2011 eine Ausstellung in Hermannstadt, der Urzel-Lauf in Großschenk und Marpod sowie der Urzel-Umzug in Agnetheln. Die Jubiläumsveranstaltungen werden organisiert von der Urzelnzunft „Breasla lolelor“ Agnetheln in Zusammenarbeit mit dem Rathaus Agnetheln, der Heimatortsgemeinschaft Agnetheln in Deutschland, dem Kreisrat Hermannstadt, dem Demokratischen Forum der Deutschen in Hermannstadt, dem Emil-Sigerus-Museum Hermannstadt, dem Harbachtalmuseum Agnetheln und dem European Institute for Cultural Routes. 1911 hatten die Agnethler Zünfte beschlossen, eine gemeinsame Parade zu organisieren, die von Urzeln begleitet wurde. Vertreten waren die Zünfte der Schuster, Schneider, Kürschner und Fassbinder.
Das Programm:

Eröffnung der Ausstellung „100 Jahre Urzelparade“ am 11. Februar um 16.00 Uhr im Schatzkästlein, Kleiner Ring 21, Hermannstadt, wo u. a. Werkzeug und Zubehör der früheren Zünfte, Dokumente über die Urzeln, Partenzeichen sowie eine sächsische Stube mit Agnethler Trachten zu sehen sind.

Urzel–Lauf am 12. Februar, mit gegenseitiger Präsentation der jeweiligen Urzelbräuche in Großschenk und Marpod: ab 9.00 Uhr in Großschenk, ab 12.30 Uhr in Hermannstadt (Großer und Kleiner Ring sowie Huet-Platz) und ab 15.30 Uhr in Marpod.

Urzel–Umzug mit Parade, Ansprachen vor dem Rathaus und Urzel-Lauf in Privathäuser am 13. Februar ab 10.00 Uhr in Agnetheln. Es werden über 200 Urzeln im Alter von 3 bis 75 Jahren aus Agnetheln und Deutschland erwartet, darunter mindestens 30 aus Deutschland. Die HOG Agnetheln wurde 1985 gegründet. Die 2008 als Verein gegründete Urzelnzunft „Breasla lolelor“ Agnetheln hat über 140 Mitglieder und pflegt satzungsgemäß den sächsischen Urzelbrauch als Kulturgut der Stadt Agnetheln.

Zur Geschichte: Die Urzeln in Siebenbürgen

Im 12. Jahrhundert wanderten deutsche Siedler, dem Ruf des ungarischen Königs Geysa II. folgend, nach Siebenbürgen ein. In der um 1200 gegründeten Stadt Agnetheln wurde im Mittelalter ein heidnischer Brauch, der darin bestand, durch Lärm und grausige Masken böse Geister bzw. den Winter zu vertreiben, von den handwerklichen Zünften übernommen. Die furchterregenden Gestalten begleiteten das Ladenforttragen der Gesellenbruderschaften. 1689 wurde in Agnetheln zum ersten Mal ein „Mummenschanz der Zünfte“ erwähnt, ein Vorläufer der Urzelnparade.

Zum Namen „Urzeln“ gibt es eine Sage: Als Agnetheln von den Türken belagert wurde, stürmte Ursula, eine beherzte Agnethlerin, im zotteligen Gewand mit einer Kuhglocke, peitscheknallend aus der Kirchenburg, erschreckte die Türken und vertrieb sie. 1911 organisierten alle Zünfte in Agnetheln eine gemeinsame Parade. Den Umzugshauptmann stellte immer die stärkste Zunft, damals war es die Schusterzunft mit über 200 Meistern. 1941 fand die vorläufig letzte Parade statt. 1969 wurde der Brauch wieder eingeführt. Die Urzeln erreichten 1985 die Zahl 600. Nach der Parade, bei der sich die Zünfte präsentierten und dem Bürgermeister ihre Aufwartung machten, liefen die Urzeln in Parten reihum zu ihren Frauen, stärkten sich, sangen und feierten. Bis 1990 organisierten die Siebenbürger Sachsen in Agnetheln ihren „Urzelntag“. Wieder belebt wurde der Urzelbrauch 2006 durch Deutschlehrer Bogdan Pătru mit seiner Klasse. 2007 gab es eine gemeinsame Parade der Agnethler Urzeln (LOLE) mit den Urzeln aus Deutschland, die von der Urzelnzunft Sachsenheim und der HOG Agnetheln mitorganisiert wurde.

Die Urzeln in Deutschland

Nach Deutschland aussiedelnde Urzeln nahmen ihre Anzüge mit. In Sachsenheim (Kreis Ludwigsburg) in Baden-Württemberg führten 13 Urzeln 1965 den Brauch ein. 1971 kam es zur ersten Urzel-Parade. 1978 wurde die Urzelnzunft Sachsenheim Gastzunft und 1987 Vollmitglied der Vereinigung Schwäbisch-Allemannischer Narrenzünfte. Ab 1994 wurde die Parade jährlich von ca. 300 Urzeln aus ganz Deutschland durchgeführt. Die von der Sachsenheimer und Agnethler Urzelnzunft eingebundenen Traditionsfiguren entstammen den wichtigsten Agnethler Handwerkerzünften: die Kürschnerkrone mit vier Füchsen, die je einen Marder im Maul haben, und der Bär mit seinem Treiber (Kürschnerzunft), das Schneiderrösslein mit dem Mummerl (Schneiderzunft) und die Reifenschwinger (Fassbinderzunft). Der Hauptmann wird von zwei Engeln begleitet. Näheres und Bilder dazu auf der Webseite: www.urzelnzunft.de. Neben dem Peitschenknallen der Urzeln gehören weitere Elemente zu diesem alten Brauch: Die Urzeln versuchen, Zuschauer mit der Peitsche einzufangen, um mit ihnen ein Tänzchen zu machen. Damit erweisen sie dieser Person die Ehre und sie wird evtl. mit einem Krapfen belohnt. Inzwischen pflegen die Urzeln in Deutschland an mehreren Orten den Urzelbrauch und präsentieren Paraden u. a. in Traunreut, Geretsried, Nürnberg, Weisendorf und Bonn (siehe auch: www.hausderheimat-nuernberg.de).

Doris Hutter

Schlagwörter: Urzeln, Agnetheln, Jubiläum

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