15. Juni 2013

Rumänien plant eine neue Verfassung

In Rumänien soll eine Volksbefragung zur geplanten Verfassungsänderung spätestens im Oktober dieses Jahres stattfinden – so der Wunsch der Regierung. Voraussetzung dafür ist, dass das Parlament die Änderungsvorschläge mit Zweidrittelmehrheit annimmt. Der Senat könnte noch vor den Parlamentsferien über den Verfassungsentwurf abstimmen, die Abgeordnetenkammer erst im Herbst 2013.
Die regierende Sozialliberale Union (USL) will die Verfassung dahingehend ändern, dass jene Partei, die bei den Wahlen die meisten Parlamentssitze erzielt, dem Staatspräsidenten einen Premierminister vorschlägt und dieser nur noch die Nominierung vornimmt. Auch soll die Auflösung des Parlaments möglich sein, wenn eine Volksbefragung zur Amtsenthebung des Präsidenten scheitert oder wenn die Regierung innerhalb von 30 Tagen nach dem ersten Versuch einer Investitur keine Mehrheit erreicht. Nach Vorstellung der USL soll die neue Verfassung den Ministerpräsidenten ermächtigen, Rumänien bei den Sitzungen der Europäischen Union zu vertreten, mit Ausnahme der Besprechungen zu sicherheits- und außenpolitischen Themen. Die novellierte Verfassung würde nicht nur die Befugnisse, sondern zugleich die Amtszeit des Präsidenten (von fünf auf vier Jahre) reduzieren.

Ovidiu Ganț, Abgeordneter der deutschen Minderheit, war als stellvertretendes Mitglied an den Sitzungen der Parlamentskommission zur Novellierung der Verfassung beteiligt. Die Fraktion der nationalen Minderheiten hat eine von Ganț und dem Fraktionsvorsitzenden Varujan Pambuccian ausgearbeitete Vorschlagsliste eingereicht. Wichtigste Forderung ist es, die Erklärung von Karlsburg von 1918 in die neue Verfassung aufzunehmen, wonach Rumänien als demokratischer Rechts- und Sozialstaat definiert wird, in dem Gerechtigkeit und politischer Pluralismus die höchsten Werte darstellen. In der Kommission wurde dieser Vorschlag vertagt, denn möglicherweise wird die neue Verfassung in einer Präambel alle Grundprinzipien des Staates anführen. Die Minderheiten forderten zudem, dass die künftigen „Regionen“ ein eigenes legislatives Gremium und Verwaltungskompetenzen erhalten und dass auf Dringlichkeitserlasse zugunsten der regulär verabschiedeten Gesetze verzichtet wird.

Kritik an mehreren von der Regierung geplanten Verfassungsänderungen übten neulich zehn Nichtregierungsorganisationen, darunter Amnesty International und ActiveWatch. Sie befürchten „gravierende Folgen für die Bürgerrechte“, beispielsweise im Falle der Definition der Familie als Eheschließung zwischen Mann und Frau. Dies könne homosexuelle oder nicht verheiratete Paare diskriminieren. Kritik gab es auch an den geplanten Strafen gegen „Mediendelikte“, die die Meinungsfreiheit einschränken könnten.

Christine Chiriac

Schlagwörter: Rumänien, Justiz, Verfassung

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