22. Juni 2016

Bundespräsident Gauck auf Staatsbesuch in Rumänien

Bukarest – Bundespräsident Joachim Gauck hat bei seinem zweitägigen Staatsbesuch in Rumänien (20.-22. Juni) mit den Stationen Bukarest und Hermannstadt die Themenschwerpunkte auf den europäischen und den transatlantischen Zusammenhalt, die deutsch-rumänischen Wirtschaftsbeziehungen sowie den Reformprozess in Rumänien gelegt. Zu der etwa 60-köpfigen Delegation des Bundespräsidenten zählten unter anderem der Verbandspräsident des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, Dr. Bernd Fabritius, MdB, und der aus Siebenbürgen stammende Rocksänger Peter Maffay, der in Radeln ein Projekt für traumatisierte Kinder betreibt. Ebenfalls war die Bundesvorsitzende Herta Daniel bei Gaucks Hermannstadt-Besuch vor Ort.
Am Montag wurde der hohe Gast von Staatspräsident Klaus Johannis im Schloss Cotroceni empfangen. Es folgten Gespräche mit den Vorsitzenden des Senats und der Abgeordnetenkammer sowie, nach einer Kranzniederlegung am Grab des Unbekannten Soldaten, mit Premierminister Dacian Cioloș. Den ersten Besuchstag beschloss ein von Präsident Johannis und seiner Gattin gegebenes Staatsbankett im Präsidentenpalast. Am Dienstagvormittag hielt Bundespräsident Gauck auf Einladung des New Europe College eine europapolitische Rede in der Rumänischen Nationalbibliothek in Bukarest. Anschließend flog die deutsche Delegation in Begleitung des rumänischen Staatspräsidenten Johannis nach Hermannstadt, wo Gauck mit Vertretern des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien sowie der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien sprach, zudem das Rathaus, das Brukenthal-Gymnasium und die Kirchenburg in Heltau besuchte (ein ausführlicher Bericht folgt in Kürze). Auf dem Besuchsprogramm standen für Mittwoch in Bukarest Treffen mit Vertretern der deutschen und rumänischen Wirtschaft sowie Diskussionen mit der rumänischen Zivilgesellschaft zum Thema Korruptionsbekämpfung.

Gauck wirbt in Bukarest für das gemeinsame Europa in Frieden und Freiheit


Nach den jüngsten umstrittenen Äußerungen von Außenminister Frank-Walter Steinmeier zur Abschreckungspolitik der Nato gegenüber Russland ließ Joachim Gauck in der rumänischen Hauptstadt keinen Zweifel an der Bündnistreue der Bundesrepublik. Man wolle zwar die Türen nach Moskau offenhalten, auch wenn Deutschland von Osteuropa mitunter kritisch wahrgenommen werde, doch seien Steinmeiers Äußerungen keinesfalls eine Absage an die Minsker Vereinbarungen gewesen. „Wenn führende Politiker sich Gedanken machen, wie ein besseres Gesprächsklima hergestellt werden kann zu Moskau, dann kann das ja wohl nicht bedeuten, dass das gleichzeitig ein Abrücken ist von Vertragstreue“, so Gauck. Außenminister Steinmeier hatte vor dem Hintergrund des jüngsten Großmanövers in Osteuropa mit Beteiligung von Nato-Staaten wie Polen davor gewarnt, die Nato in die Zeiten des Kalten Krieges zurückzuführen.

Aus dem Gespräch mit Klaus Johannis am Montag resultierte eine Presseerklärung der beiden Staatspräsidenten: Der Nato-Gipfel von Warschau müsse vor dem aktuellen internationalen Kontext ein starkes Bekenntnis zu Solidarität, Einigkeit und Zusammenhalt signalisieren, so der gemeinsame Tenor. Hierfür baue Bundespräsident Gauck vor allem auf die Unterstützung von Ost-, Zentral- und Südosteuropa.

Bundespräsident lobt Fortschritte im Kampf gegen Korruption


In Bezug auf die Korruptionsbekämpfung lobte der deutsche Bundespräsident ausdrücklich die Aktivitäten der rumänischen Antikorruptionsbehörde DNA. Rumänien habe bedeutende Fortschritte in der Konsolidierung des Rechtsstaats erzielt. Aus der Aktivität der DNA ergebe sich ein starkes Signal auch für die Wirtschaftswelt. Präsident Johannis erklärte seinerseits, die Justiz arbeite mitunter schneller als sich die Mentalität ändern könne. Obwohl bei den jüngsten Lokalwahlen auch Politiker gewählt wurden, die mit dem Gesetz in Konflikt stehen, gebe es in Rumänien eine breite Unterstützung des Kampfes gegen die Korruption.

Zwei Tage vor dem britischen Referendum über einen Austritt aus der Europäischen Union (Brexit) hielt Gauck in der Bukarester Nationalbibliothek eine flammende Rede zum Thema „Europa: Leidenschaft für die Vernunft“.
Auf Staatsbesuch in Rumänien: Bundespräsident ...
Auf Staatsbesuch in Rumänien: Bundespräsident Joachim Gauck bei seiner Rede in der Rumänischen Nationalbibliothek in Bukarest; links im Bild Parlamentsmitglied Prof. Dr. Andrei Pleșu, Vorsitzender des Rumänisch-Deutschen Forums und Ehrengast beim diesjährigen Heimattag in Dinkelsbühl. Foto: Nina May
Als Kernaussage mahnte der deutsche Bundespräsident an, dass man nicht vergessen dürfe, welches Unheil der Nationalismus über Europa gebracht habe: „Der Frieden in Europa ist keine Selbstverständlichkeit. Weder ist er von selber entstanden, noch wird er von selber erhalten bleiben“, stellte Gauck fest und führte weiter aus: „Das gemeinsame Europa gibt es, damit das, was in Europa historisch am wenigsten selbstverständlich war, dauerhafte Wirklichkeit bleibt: der Frieden in Freiheit.“ Wichtig sei jedoch hierfür, im Gespräch zu bleiben, Argumente und Kritik zuzulassen, gefährlich sei ein Rückzug in gegenseitig abgeschottete, geschlossene Überzeugungsmilieus nationalistischer, religiöser oder von anderen Wertvorstellungen geprägter Natur; Bewegungen, die sich zwar selbst patriotisch nennen, doch tatsächlich Rassismus und Fremdenfeindlichkeit propagieren, präzisierte Gauck.

Kirchenburgen auf Kooperationsagenda


Staatspräsident Johannis sicherte seinem Amtskollegen die Unterstützung Rumäniens im „Projekt Europa“ zu. Außerdem wurde eine Konsolidierung der Kooperation in Bezug auf die Restauration der siebenbürgisch-sächsischen Kirchenburgen und das Kulturerbe der Siebenbürger Sachsen vereinbart. Johannis bat Gauck um Unterstützung für die Gründung eines Nationalen Kommunismus-Museums vor dem Hintergrund der deutschen Erfahrung mit der Aufarbeitung seiner Geschichte.

Bundespräsident Joachim Gauck reiste Mittwochmittag weiter nach Bulgarien und Slowenien. Die Staatsbesuche sollen die guten bilateralen Beziehungen der drei Länder mit Deutschland unterstreichen. Dies ist zugleich Gaucks erste Auslandsreise nach seiner Ankündigung, auf eine zweite Amtszeit zu verzichten.

NM

Schlagwörter: Staatsbesuch, Bundespräsident, Gauck, Staatspräsident, Johannis, Rumänien, Bukarest, Hermannstadt, Heltau, Forum, Kirche, Kirchenburg

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