16. Oktober 2016

Auf den Spuren des Vaters in Siebenbürgen

Die Kinder von Hans Rill begaben sich mit ihren Ehepartnern Anfang September 2016 auf eine Reise in die Region Hermannstadt, um dort auf den Spuren ihres Vaters zu wandeln. Hans Rill kam am 20. Januar 1920 als Sohn des Predigerlehrers und Rektors Johann Rill und seiner Frau Katharina, geborene Gierlich, in Großscheuern zur Welt und lebte bis zu seinem Einsatz als Kriegsfreiwilliger bei der deutschen Luftwaffe im Jahre 1940 in Großscheuern und Hermannstadt.
Hans Rill setzte sich nach dem Krieg von seiner neuen Heimat Fulda aus sehr für die Belange der Großscheuerner ein und gründete bzw. organisierte die ersten Treffen der Großscheuerner Heimatortgemeinschaft in Fulda (1974, 1976, 1979, 1980, 1981 und 1982).

Die Begegnung mit den Vorfahren begannen wir in Kleinscheuern, aus dem der Großvater Johann Rill stammt. Auf dem sehr verlassen erscheinenden und teilweise zugewachsenen Friedhof hinter der Kirche entdeckten wir die Gräber zahlreicher Vorfahren auf einem Friedhofsgelände, von denen wir bisher nichts gewusst hatten. Welch große Verwandtschaft! Mit einem beklemmenden Gefühl ging die Reise weiter nach Großscheuern, wo ein Besuch in der Straße des Elternhauses des Vaters nahe der sehr belebten Ausfallstraße nach Stolzenburg anstand. Ein einspänniges Pferdefuhrwerk fuhr gerade in der Gasse an den Besuchern vorbei. Wie mag es wohl vor 80 Jahren hier ausgesehen haben? In der äußerlich gut renovierten Kirche mit ihrem sanierten Dach begaben wir uns an die Stelle, wo unser Vater getauft wurde. Es müssen hier, in dieser typisch siebenbürgischen Kirche mit ihrer festen Sitzordnung, beeindruckende Gottesdienste gefeiert worden sein, in der Kindheit unseres Vaters bis in die 1960er Jahre, in der fantastischen sächsischen Feiertagstracht, teilweise mit dem Großvater als Prediger. Heute ist alles verwaist.

Hans-Joachim Rill, Organist an der Stadtpfarrkirche Fulda, versuchte der desolaten Orgel ein paar Töne zu entlocken. Es stellte sich uns die Frage, wie das Erbe der Vorfahren erhalten werden kann. Wie wird es ohne sinnvolle Nutzung in ein paar Jahren aussehen? Beim Aufstieg auf den Turm der Kirche konnten wir alle von oben die Stellen sehen, von denen unser Vater in seinen schriftlich festgehaltenen Kindheitserinnerungen erzählt hat.

Ein weiterer Höhepunkt der Reise war der Blick auf das Brukenthal-Gymnasium und der Besuch der evangelischen Stadtpfarrkirche von Hermannstadt. Im Brukenthal-Gymnasium ging der Vater zur Schule, bevor er auf dem Hermannstädter Lehrerseminar seine Ausbildung zum Lehrer erhielt. Auf der Empore der Stadtpfarrkirche sang er als junger Mann fünf Jahre im Bachchor mit dem bekannten Prof. Franz Xaver Dressler an der Sauerorgel. Hans-Joachim Rill präsentierte den warmen Klang der fantastischen Orgel mit ihren 71 klingenden Registern und der vermutlich besten Registerwalze Europas mit zwei Sätzen aus Rheinbergers 14. Orgelsonate. Als Hotel nutzten wir den Römischen Kaiser, in dem der Vater mit seiner Ehefrau Marianne Anfang der 60er Jahre bei seinem ersten Nachkriegsbesuch in der alten Heimat untergebracht war.

Mit sehr nachhaltigen Eindrücken kehrten wir aus der alten Heimat des Vaters, der pulsierenden Stadt Hermannstadt mit den beindruckenden und hervorragend sanierten Kulturdenkmälern, dem Besuch der Kirchenburgen von Stolzenburg und Deutsch-Kreuz bzw. Deutsch-Weißkirch, einschließlich einer Vorführung der kürzlich eigeweihten Orgel der Bartholomäuskirche, und mit einer Wanderung auf der Hohen Rinne wieder nach Fulda zurück. Wir werden wieder kommen!

Hans-Joachim Rill

Schlagwörter: Reisebericht, Siebenbürgen

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