25. April 2017

Deutsch-Rumänische Regierungskommission tagte: "Minderheitenzusammenarbeit beispielgebend für Europa"

Vom 10.-11. April 2017 fand die 20. Sitzung der Deutsch-Rumänischen Regierungskommission für Angelegenheiten der deutschen Minderheit in Bukarest statt. Sie stand dieses Jahr im Zeichen gleich dreier bedeutender Jubiläen: 50 Jahre seit Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Rumänien, 25 Jahre seit dem Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Rumänien über freundschaftliche Zusammenarbeit und Partnerschaft in Europa sowie zehn Jahre seit dem Beitritt Rumäniens zur Europäischen Union.
Leiter der deutschen Delegation war MdB Hartmut Koschyk, Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten. Die rumänische Delegation wurde von George Ciamba, Staatssekretär im rumänischen Außenministerium, zuständig für bilaterale und strategische Angelegenheiten im euroatlantischen Raum, angeführt. Teilgenommen hat auch die Bundesvorsitzende des Verbands der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, Herta Daniel. Die Ergebnisse der Gespräche wurden in einem 21 Punkte umfassenden Sitzungsprotokoll festgehalten. Einen sogenannten Namensartikel für die Presse verfassten Koschyk und Ciamba gemeinsam unter dem Titel „Deutschlands und Rumäniens Minderheitenzusammenarbeit ist beispielgebend für Europa“.

Wichtig aus Sicht des Verbandes der Siebenbürger Sachsen waren vor allem drei Gesprächspunkte: die Entschädigungsleistungen für ehemalige Deportierte in die Sowjetunion, die schleppend vorangehende Restitution der Immobilien in Rumänien und die fehlende unmittelbare Reaktion der aktuellen rumänischen Regierung auf die nationalistische Hetzkampagne gegen die deutsche Minderheit in einigen Medien. In seiner Eröffnungsansprache hatte Hartmut Koschyk eindringlich appelliert: „Wehret den Anfängen“ (nach Angriffen medialer Art gegen die Minderheit der Sorben in Deutschland positionierte sich die deutsche Regierung unmittelbar danach klar und deutlich dagegen).
Gruppenaufnahme von der deutschen und rumänischen ...
Gruppenaufnahme von der deutschen und rumänischen Delegation. Quelle: Rumänisches Außenministerium
Bemerkenswert war aus Sicht der Bundesvorsitzenden Herta Daniel die Aussage George Ciambas über die Aufgabe der rumänischen Regierung, die 20 in Rumänien lebenden nationalen Minderheiten zu schützen. In ihrem Beitrag griff sie daher beide Aussagen auf und brachte die Position des Verbandes gegen jedwede nationalistische Hetze deutlich zum Ausdruck: Ein klares Statement der aktuellen rumänischen Regierung sei zudem immer noch nicht erfolgt. Dies monierten auch die anwesenden Vertreter der deutschen Minderheit in Rumänien, DFDR-Vorsitzender Dr. Paul-Jürgen Porr und der Parlamentsabgeordnete der deutschen Minderheit, Ovidiu Ganț. Im oben genannten Namensartikel verurteilte die rumänische Regierung nun erstmals den „verleumderischen Angriff gegen die deutsche Minderheit“: „Die deutsche und die rumänische Regierung unterstreichen die Wichtigkeit der deutschen Gemeinschaft für die rumänischen Gesellschaft und heben hervor dass jeglicher verleumdender Angriff gegen diese entschieden verurteilt wird.“

Entschädigungen für Zwangsarbeiter und Restitutionen

Zum Thema Entschädigung von früheren Zwangsarbeitern begrüßte die Kommission die entsprechende Gesetzgebung der deutschen Bundesregierung; derzeit lägen 3 266 Anträge von Deutschen, die aus Rumänien stammen, vor. Als „einzigartige Geste für Staaten der Europäischen Union“ wird auch die rumänische Gesetzgebung zur Festlegung von Ausgleichszahlungen für Deportierte und vom kommunistischen Regime Verfolgte u.a. auch von unserer Verbandsvertreterin gelobt, die unabhängig von Staatsbürgerschaft und Wohnort erfolgt und bereits 2013 begonnen hat, Wirkung zu zeigen.

Die Kommission nahm die vorgeschlagenen Maßnahmen der Landsmannschaften aus Deutschland zur Rückerstattung von im Kommunismus enteigneten Immobilien der deutschen Minderheit entgegen. Die vom DFDR und der Evangelischen Kirche A.B. eingereichten Anträge sollten beschleunigt beschieden werden. Das rumänische Außenministerium kündigte hierfür eine Informationskampagne für lokale Verwaltungsbehörden über die aktuelle Rechtslage zu diesem Thema an.

Trotz der vorangegangenen Kritikpunkte wurden die besondere Qualität der bilateralen Beziehungen und die positive Wirkung der Kommissionsarbeit herausgestrichen. Rumäniens Minderheitenpolitik sei beispielhaft und damit ein Garant für Frieden und regionale Stabilität. Rumänien zähle zu den wenigen Staaten, die eine breitangelegte Politik der Eigentumsrückgabe betreiben und substanzielle Anstrengungen unternehmen – bisher konnte diese Situation von keinem ehemals kommunistischen Staat gelöst werden.

Unterstützung der deutschen Minderheit

Die Kommission unterstrich die finanzielle Unterstützung, die der rumänische Staat der deutschen Minderheit gewährt: für 2017 sind fast 2 Millionen Euro vorgesehen. Die Bundesregierung Deutschlands wird dieses Jahr ca. 2,2 Millionen Euro plus ca. 1,4 Millionen Euro Rückflussmittel aus Darlehen zur Wirtschaftsförderung für sozial-humanitäre, wirtschaftliche und gemeinschaftsfördernde Hilfen zur Verfügung stellen. Zudem werden Wirtschaftsstiftungen (Banatia, Saxonia-Transilvania, ACI Bukowina, Transcarpatica sowie die Sathmarer und Nordsiebenbürgische Stiftung), die vom deutschen Bundesinnenministerium unterstützt werden, bis zu 510 000 Euro zinslose oder zinsverbilligte Darlehen vergeben. Bilanz seit Beginn der Förderung: 2 627 Betriebe wurden mit deutschen Mitteln gefördert und 13 419 Arbeitsplätze geschaffen. Das Auswärtige Amt will den Kultur- und Bildungsbereich der deutschen Minderheit in diesem Jahr mit 430 000 Euro fördern. Weitere 1,25 Millionen Euro hat die Bundesregierung für die Förderung des deutschsprachigen Schulwesens zugesagt.

Um dem Verfall der Kirchenburgen in Siebenbürgen entgegenzuwirken, regte die rumänische Seite ein gemeinsames Programm an. Dieser Vorschlag wurde begrüßt, geplant sind Maßnahmen zur Überwachung und Begutachtung durch Experten, Ausarbeitung von Erstrettungsmaßnahmen und Identifizierung von Finanzquellen in beiden Ländern.

Kooperationsvereinbarungen wurden zur Verbesserung sozialer Dienstleitungen in Rumänien, auch im Hinblick auf Pflegedienste und Seniorenheime, getroffen. Thematisiert wurden ferner die Unterstützung des deutschen Schulwesens, die duale Berufsausbildung, schulische Zusammenarbeit und Lehrerfortbildung. Die Kommission würdigte die für 2017 angedachten Programme zur Stärkung der ethnischen, kulturellen, sprachlichen und religiösen Identität der Minderheiten. Das Resümee für die letzten 25 Jahre ist vor dem aktuellen Hintergrund immer stärker agierender nationalistischer Bewegungen eindeutig positiv. In einem besorgten Europa zeichnet sich das deutsch-rumänische Verhältnis durch Solidarität aus, die deutsch-rumänische Regierungskommission für Fragen der deutschen Minderheit könne beispielgebend zur Festigung des gesamten europäischen Projektes beitragen.

Nina May

Schlagwörter: deutsch-rumänische Beziehungen, deutsche Minderheit

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